Großbanken

ING schüttet das Füllhorn aus

Nach einem Gewinnsprung stellt ING ihren Aktionären üppige Ausschüttungen in Aussicht. Im Deutschland-Geschäft ziehen derweil die Kosten an.

ING schüttet das Füllhorn aus

bn Frankfurt

Ein Wegfall der Risikovorsorge und Kostensenkungen haben der niederländischen Großbank ING im zweiten Quartal einen binnen Jahresfrist knapp vervierfachten Vorsteuergewinn ermöglicht. Am Freitag kündigte Chief Executive Officer Steven van Rijswijk vor diesem Hintergrund die Ausschüttung von 3,6 Mrd. Euro für die Jahre 2019 und 2020 an. Die Dividenden und Aktienrückkäufe sind für die Zeit nach Ende September vorgesehen, wenn das Moratorium der EZB endet. Der Vorsteuergewinn der ING  ist von 542 Mill. Euro im Vorjahresquartal auf 2,01 Mrd. Euro per Ende Juni geklettert. Hatte die Bank damals 1,34 Mrd. Euro an Risikovorsorge gebildet, so hat sie zuletzt 91 Mill. Euro an Rückstellungen für Verluste im Kreditgeschäft aufgelöst und ist damit Wettbewerbern gefolgt.

Die Erträge, die vor Jahresfrist durch Einnahmen aus der Fair-Value-Bilanzierung gepolstert waren, fielen jedoch um gut 3%. Dabei wurde der Zinsüberschuss durch Einnahmen aus der Teilnahme am TLTRO-Programm der EZB mit nicht weniger als 83 Mill. Euro gestützt. Unterdessen zog der Provisionsüberschuss um 18% an, was der Konzern auf höhere Gebühren und eine steigende Zahl von Transaktionen im Zahlungsverkehr und starkes Wachstum in der privaten Baufinanzierung vor allem in Deutschland, Spanien und Polen zurückführt. Eine weitgehende Digitalisierung habe die Prozesse in der Baufinanzierung verkürzt.

Im Deutschland-Geschäft hat es die Bank allein der um rund 200 Mill. Euro oder 87% reduzierten Risikovorsorge zu verdanken, dass das Vorsteuerergebnis um zwei Drittel auf 249 Mill. Euro stieg. Während die Erträge um 7% sanken, zog der operative Aufwand um 15% an. Dabei erzielte die Sparte Wholesale Banking, die wegen des Wirecard-Debakels vor Jahresfrist rote Zahlen ausgewiesen hatte, einen 203 Mill. Euro schweren positiven Ergebnis-Swing.

Die Aufwand-Ertrag-Quote, mit der die Direktbank im Vergleich mit Wettbewerbern lange Zeit geglänzt hatte, legte binnen Jahresfrist um 11 Punkte auf 56,4% zu. Im Zuge einer Expansion in neue Geschäftsfelder hat die Zahl der ING-Beschäftigten in Deutschland um rund ein Zehntel auf 6397 zugenommen. Bundesweit haben sich zuletzt Wachstumsinitiativen gehäuft. So war im Februar bekannt geworden, dass ING den Kreditmarktplatz Lendico übernimmt, um die Kreditvergabe im Segment kleiner und mittelgroßer Unternehmen zu forcieren.

Im deutschen Retail Banking schlug im Berichtszeitraum zudem der 3 Mrd. Euro schwere Entschädigungsfall der Bremer Greensill Bank mit 30 Mill. Euro zu Buche. Bis 2024 dürften die Beiträge zur Einlagensicherung noch auf erhöhtem Niveau verharren, wie die Bank deutlich macht. Mit Blick auf das BGH-Urteil zu AGB-Änderungen wiegelt das Management dagegen ab und spricht von einem „sehr begrenzten Effekt“ auf den Provisionsüberschuss. Im deutschen Hypothekengeschäft ging der Provisionsüberschuss trotz Wachstums zurück, da zugleich die an Vermittler gezahlten Provisionen anzogen.

Insgesamt hat das Retail Banking in Deutschland – anders als das gesamte hiesige Geschäft – ein rückläufiges Ergebnis verzeichnet: Der Vorsteuergewinn fiel um 40% auf 158 Mill. Euro. Dabei schlugen auch der Verkauf von Retail-Geschäft in Österreich sowie eine Einmalzahlung an Beschäftigte im Homeoffice zu Buche.

ING
Konzernzahlen nach IFRSING Deutschland     
1. Halbjahr              1. Halbjahr              
in Mill. Euro2021202020212020
Zinsüberschuss6 8536 9311 0101 059
Provisionsüberschuss1 7101 506263228
Anlageerträge15580
sonstige Erträge6087047080
operativer Aufwand5 5605 626691652
Risikovorsorge1311 99843241
Ergebnis vor Steuern3 5281 558616474
Steueraufwand1 005553
Nettoergebnis2 464969
Aufwandsquote (%)60,361,351,247,7
Bilanzsumme 978 246980 870
Beschäftigte (Vollzeitstellen)57 89655 7726 3975 839
Börsen-Zeitung