Deutscher Markt für Gewerbeimmobilien

Investoren halten sich bei deutschen Immobilien noch zurück

Webinar-Teilnehmer erwarten mehr Immobilien-Transaktionen in den nächsten sechs Monaten. Geopolitische Risiken und Finanzierung bleiben Herausforderungen.

Investoren halten sich bei deutschen Immobilien noch zurück

Viele Investoren halten sich bei deutschen Immobilien noch zurück

Family Offices kommen als erste aus der Deckung – Geopolitische Risiken verunsichern – Debt Fonds sollen für Banken einspringen

tl Frankfurt

Die Prognose der Teilnehmer des Webinars der Börsen-Zeitung war eindeutig: Eine deutliche Mehrheit erwartet in den nächsten sechs Monaten mehr Transaktionen am Immobilienmarkt. Markus Schütz, Managing Director und Head of European Family Offices bei HQ Capital (Deutschland) unterscheidet zwischen eher zurückhaltenden systematischen Investoren und opportunistischen Investoren, die mehr Chancen sehen. „Ich erwarte eher, dass das Transaktionsvolumen unverändert bleiben wird.“

Kleine Volumina dominieren

Von mehr Transaktionsvolumen geht Florian Reiff, Senior Managing Director Germany bei Tishman Speyer aus. „Das gilt vor allem für den kleinervolumigen Bereich.“ Es sei mehr Angebot zu sehen. „Die Frage ist, ob es dann auch traded, sprich sind die Verkäufer bereit, zu den gebotenen Preisen auch abzuschließen.“

„Durch das schwankende geopolitische Umfeld ist Deutschland relativ gesehen wieder interessanter geworden“, sagte Konstantin Kortmann, CEO von Jones Lang LaSalle (JLL). „Potenzielle Investoren, auch die systematischen, spiegeln uns, dass Kapital aus Kanada, Australien, Ostasien, vor allem Japan, wieder verstärkt nach Deutschland schaut.“ Deutsches Kapital tue sich aber nach wie vor relativ schwer zu investieren. Entsprechend sei das erste Quartal dieses Jahres mit knapp 8 Mrd. Euro Transaktionsvolumen sehr stark gewesen.

Mittelgroße Transaktionen funktionieren aktuell besser

„Die mittelgroßen Deals funktionieren im Moment besser als die sehr großen“, beobachtet Kortmann. Wohnen und Büros liefen gut, weil die Mieten durch Inflation und den strukturellen Nachfrageüberhang stark gestiegen sind und damit einen Teil des Wertverlusts durch den Zinsanstieg wieder ausgleichen konnten. Banken zeigten wieder eine größere Bereitschaft, Kredite zu vergeben bei einer anschwellenden Refinanzierungswelle.

Die geopolitischen Risiken führen Kortmann zufolge dazu, dass Immobiliennutzern mit Expansionsentscheidungen und Umzugsplänen lieber noch abwarten. Neubauprojekte würden daher nicht angeschoben. Das führe dazu, dass der Nachfrageüberhang bei sehr guten Büroflächen und Top-Wohnungen erhalten bleibe.

Finanzierungen sind schwierig

Tishman-Speyer-Manager Reiff strich das schwierige Finanzierungsumfeld heraus. Entscheidend sei der Fremdfinanzierungsgrad bei Projektentwicklungen. „Wir sind da mit 50 bis 60% Fremdfinanzierung eher konservativ unterwegs. Klassisch waren in Deutschland mit Mezzanine-Finanzierungen eher 80 bis 90%. Das dürfte im Moment kaum realisierbar sein.“ Hinzu kämen steigende Baukosten. Für den Projektentwickler ist der Verkaufspreis nach Abschluss von Bau und Vermietung entscheidend. „Das ist im Moment sehr schwer einzuschätzen. Denn angesichts des kaum existenten Core-Marktes fehlen uns die Benchmarks.“

Studentisches Wohnen vorn

Für Schütz von HQ Capital ist die zentrale Frage, wie Family Offices ihr Vermögen verteilen. „Jetzt ist eine gute Möglichkeit zu investieren.“ Konkret nennt er studentisches Wohnen mit ständig neuen Mietern und der damit verbundenen Chance, die Mieten anzupassen. Entscheidend sei die Frage, ob man eine Immobilie in ein paar Monaten günstiger kaufen kann. Reiff bezweifelt, dass sich die Preisentwicklung valide prognostizieren lässt. Daher empfiehlt er langfristig operierenden Family Offices qualitativ hochwertige Immobilien in sehr guter Lage. Ausgehend von einem niedrigen Mietniveau hätten diese Steigerungspotenzial.

Matthias Barthauer, National Director Research bei JLL verweist auf die nach der Zinswende deutlich gesunkenen Kapitalwerte auch bei sehr guten Büroobjekten. In den vergangenen habe es eine Seitwärtsbewegung gegeben. Jetzt sei die Frage, ob dies anhalte oder jetzt schon die Trendwende da sei. Barthauer erwartet eine Aufwärtsbewegung, weil sich das Finanzierungsumfeld verbessert und der Wettbewerb um Objekte wieder zugenommen hat.

Basel III macht's (noch) teurer

Das sowieso schon knappe Fremdkapital wird durch Basel III weiter verteuert, sagte Kortmann von JLL. Debt Fonds könnten aber einen Teil dieser Lücke schließen. Zukünftig rechnet er mit einer Seitwärtsbewegung des Zinses. „Nachhaltigkeit spielt für viele Mieter und Investoren nach wie vor eine dominante Rolle. Sie ist ins Kerngeschäft integriert worden.“ Reiff verwies auf die vielen Objekte, die noch nicht nachhaltig transformiert seien und mit teilweise erheblichem Investitionsbedarf noch refinanziert werden müssten. „Die verursachen einen extremen Stau im Markt.“ Es sei offen, was sich in diesem Bereich in den nächsten 12 bis 24 Monaten tun werde.

Die Spitzen-Nettoanfangsrendite für Büros in den deutschen Top 7 Standorten schätzt JLL auf 4,36%. „Das ist allerdings ganz grob. Denn viele wirkliche Core-Transaktionen hat es 2024 nicht gegeben.“ Kortmann glaubt nicht, dass sich diese Rendite deutlich reduziert, solange sich die Zinsen nicht deutlich ändern. Eine leichte Reduktion der Anfangsrenditen könnte es zwar geben, wenn mehr Core-Produkte an den Markt kommen. Das entsprechende Kapital sei aber bisher nicht zu sehen.

Family Offices setzen auf Studentenwohnheime und zentrale Lagen

Attraktive Chancen für Investoren wie Family Offices und vermögende Privatanleger sieht Schütz einerseits bei Objekten mit kurzfristigem Mietpreiswachstum wie studentisches Wohnen. Andererseits gehe es aus einer langfristigen Perspektive um Kaufen, um zu halten. Ein früheres höheres Renditeniveau könne man jetzt in zentraleren Lagen erreichen und nicht mehr wie früher in Randlagen und C-Städten.

Tishman Speyer baut in guten, zentralen Lagen Neubauten, zum Beispiel ein Hochhaus in Frankfurt mit der Commerz Real. „Dieser Bereich wird nach wie vor von Nutzern und Investoren sehr stark nachgefragt.“ Im Distressed Bereich tue sich zwar noch nicht so viel. Doch gebe es vereinzelt gute Gelegenheiten über Restrukturierungen der Kapitalstruktur, zum Beispiel bei der Wiederaufnahme stillgelegter Projektentwicklungen. „Das kann für Investoren mit entsprechendem Risikoappetit interessant sein.“