IM GESPRÄCH: BRUNO SCHMIDT-VOSS, INVESCO

Investoren suchen das Individuelle

Maßgeschneiderte Lösungen und spezielle Anlageprodukte werden bei der Suche nach Rendite im Niedrigzinsumfeld bevorzugt

Investoren suchen das Individuelle

Die US-Fondsgesellschaft Invesco ist in Deutschland zuletzt etwas weniger schnell als zuvor gewachsen. Spezialprodukte und individuelle Anlagelösungen werden von den Investoren immer mehr gefragt, bislang Gewohntes gerät aus dem Fokus.Von Silke Stoltenberg, FrankfurtDie US-Fondsgesellschaft Invesco hat im vergangenen Jahr ihr institutionelles Deutschlandgeschäft weiter ausbauen können, wenn auch wie viele der Mitbewerber im Vergleich zum Rekordjahr 2015 nur noch mit gebremstem Tempo. Das Nettoneugeschäft ging von 1,4 auf 1,2 Mrd. Euro zurück. Das verwaltete Vermögen stieg dagegen angetrieben durch das freundliche Börsenklima von 10,5 auf 11,5 Mrd. Euro. “Der Schwerpunkt der Nachfrage lag bei Spezialthemen und weniger bei den klassischen Assetklassen, zudem nimmt der Wunsch nach maßgeschneiderten Lösungen immer mehr zu”, umreißt Bruno Schmidt-Voss, Leiter des deutschen Geschäfts mit den Profianlegern, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung das zurückliegende Geschäftsjahr.Zum einen kehrten die Anleger den klassischen Rentenanlagen wegen der dort niedrigen Renditen immer mehr den Rücken und suchten nach neuen Fixed-Income-Strukturen, die noch Renditen bringen, Immobilien, andersartigen Investmentstilen (Factor Investing) oder risikogesteuerten Multi-Asset-Produkten. Zum anderen nähmen die Investoren immer mehr Abstand von Standardlösungen und verlangten maßgeschneiderte Lösungen. “Diese Individualisierung der institutionellen Angebote halte ich für den Trend der Zukunft”, hebt Schmidt-Voss hervor, der seit Mitte 2014 das deutsche institutionelle Geschäft von Invesco verantwortet. Der Investor begnüge sich nicht mehr damit, für eine Assetklasse ein bestimmtes Risikobudget vorzugeben. “Die Vorgaben für die Ausgestaltung werden filigraner.” Etwa, dass keine Optionen benutzt werden dürften, bestimmte Regionen ausgeschlossen seien oder dass insgesamt mehr Assetklassen verlangt würden. Faktoransatz im AuftriebBei den Investmentstilen bekomme der faktorbasierte Wertansatz immer mehr Auftrieb, berichtet Schmidt-Voss, der bereits seit 2006 für Invesco arbeitet und zuvor bei Fidelity war. Hier wird nicht direkt in Assetklassen investiert, sondern nach Bewertung, Unternehmensgröße, Volatilität oder Duration investiert. “Der Faktor-Ansatz ist die neue Art, diversifiziert zu investieren, da wird die Musik spielen.”Invesco setzt seit den 1980er Jahren auf das faktorbasierte Investieren, zunächst auf aktiver Basis. In aktiven, quantitativen Aktienstrategien stecken 35 Mrd. der weltweit verwalteten 835 Mrd. Dollar. Neben Boston, Melbourne, New York und Tokio sitzt ein Teil der 46 Investmentspezialisten in Frankfurt, unter der Leitung von Bernhard Langer. Der “Invesco Pan European Structured Equity Fund” ist mit 6,6 Mrd. Dollar nach dem “Fidelity European Growth Fund” der zweitgrößte Europa-Aktienfonds der Welt. Nachdem er 2016 – im Gegensatz zu den Erfolgen in früheren Jahren – laut dem Datendienstleister Morningstar hinter vergleichbaren Produkten und dem Vergleichsindex zurückblieb, knüpft er in diesem Jahr wieder zunehmend an alte Erfolge an.Neben dem aktiven Ansatz wird aber seit 2006 durch die Übernahme von Powershares auch der passive faktorbasierte Ansatz verfolgt. Diese Smart-Beta-Produkte kommen bei Invesco schon auf ein verwaltetes Vermögen von 125 Mrd. Dollar. Power-shares ist viertgrößter ETF-Anbieter der Welt. Mit der jüngst angekündigten Übernahme von Source (vgl. BZ vom 28. April) wird die Marktposition bei den Indexfonds und insbesondere den faktorbasierten Produkten künftig noch weiter ausgebaut. “Die Übernahme verbreitert unsere bestehende ETF-Produktpalette und erweitert die Wahlmöglichkeiten unserer Kunden zwischen aktiven, passiven und alternativen Investments”, so Schmidt-Voss. Immobilien gefragtDen größten Zuspruch fand im vergangenen Jahr hierzulande das Angebot an Immobilieninvestments von Invesco. Ein Drittel der insgesamt 1,5 Mrd. Euro Bruttomittel steckten die rund 160 deutschen institutionellen Kunden dort hinein. Damit blieb die Nachfrage im Vergleich zu 2015 stabil. Detaillierter BlickGlobal betrachtet hat Invesco 68 Mrd. Dollar an Assets under Management in Immobilien. 440 Mitarbeiter sind darauf spezialisiert. In 16 Ländern ist man vor Ort, um Märkte detailliert betrachten zu können. Denn darauf komme es an, in einem Umfeld, in dem immer wieder Warnungen vor einer Immobilienblase zu hören seien. Unterteilt nach Orten, Regionen und Anlageklassen (Büro, Handel, Logistik, Wohnen) beleuchtet Invesco 200 Märkte. Und da gebe es weiterhin viele lohnende Investments, betont Schmidt-Voss. Im Schnitt seien 4 % Rendite realistisch.Als neues Produkt setzt ein europäischer Hotel-Fonds auf Unterkünfte im mittleren Segment, also mit drei bis vier Sternen, in Innenstädten. “Denn der Trend geht eindeutig zu mehr Flugreisen, und dabei werden weniger luxuriöse Hotels als preiswertere gebucht”, erläutert Schmidt-Voss. 6 bis 7 % Rendite gilt für das Produkt als Ziel. Multi-Asset bleibt zurückWie auch bei Mitbewerbern blieb das Multi-Asset-Geschäft bei Invesco 2016 deutlich hinter dem Vorjahr zurück. Brutto waren es nur noch 300 Mill. Euro nach 1 Mrd. Euro. Weltweit stecken 49 Mrd. Dollar bei Invesco in Balanced-Produkten. “Allein in den vergangenen drei Jahren sind weltweit mehr als 20 Mrd. Dollar in dieses Segment, etwa unsere Global-Targeted-Returns-Strategien, geflossen.” Diese risikogesteuerten Anlagestrategien werden aus Deutschland heraus gemanagt. Renner im Bereich Multi-Asset-Fonds ist der “Invesco Global Targeted Returns Fund” mit bald 7 Mrd. Dollar.Weitere 300 Mill. Euro des Bruttoneugeschäfts sammelte Invesco im vergangenen Jahr im Bereich Senior Secured Loans ein. In diesem Segment der vorrangig besicherten Unternehmenskredite war es Invesco im Herbst 2016 nach jahrelanger Vorbereitung endlich gelungen, einen für die Anlageverordnung konformen Fonds aufzulegen. Durch die sich hinziehende Überarbeitung der Anlageverordnung für Versicherer, Versorgungswerke und Pensionskassen sowie dann entstandene Unsicherheiten über die Gestaltungsfreiheiten für Kreditfonds hatte Invesco die Auflage immer wieder vertagen müssen. Reibungslos gelaufenDer “Invesco Global Senior Loan Select Fund” ist derweil schon 100 Mill. Euro schwer. Die Zusammenarbeit mit der Finanzaufsicht BaFin sei reibungslos verlaufen bei diesem völlig neuen Produkt, lobt Schmidt-Voss. Bis Jahresende soll es ein europäisch ausgerichtetes Pendant geben, kündigt er an. Knapp 40 Mrd. Dollar schwer ist die globale Loan-Plattform.Als feste Prämie winkt bei den Loan-Produkten der Basiszinssatz (Drei-Monats-Libor) plus eine “atmende” Kreditprämie. 2016 brachten europäische Loans 6,5 %, im laufenden Turnus erwartet Schmidt-Voss 5 %. “Mit den Senior Secured Loans können Anleger vor dem Hintergrund der bald kommenden Zinswende die dann fallenden Kurse ihrer länger laufenden Zinstitel absichern.”Inklusive des Privatkundengeschäfts kommt die US-Gesellschaft in Deutschland auf 16 Mrd. Euro verwaltetes Vermögen. 200 Mitarbeiter sind hierzulande bei ihr angestellt.