Italiens Großbanken auf der Suche nach Zuwachs
Italiens Banken richten ihren Blick nach draußen
Roms Eingriffe in die Branchenkonsolidierung bleiben nicht ohne Folgen für die Ordnung des europäischen Finanzsektors
Von Gerhard Bläske, Mailand
Mit der Übernahme der italienischen Mediobanca durch die Monte dei Paschi di Siena (MPS) treiben Italiens Banken die Konsolidierung mit Hilfe des Staates einen entscheidenden Schritt weiter. Nach der Aufbesserung der Offerte in der vergangenen Woche stimmten 62,3% der Mediobanca-Aktionäre der Offerte zu. In einer Nachfrist zwischen dem 16. und 22. September dürfte dieser Anteil auf über zwei Drittel steigen.
Im europäischen Vergleich klein
Damit entsteht in Italien, gemessen an der Bilanzsumme und der Kapitalisierung, eine neue Nummer drei. Das neue Gebilde ist mit einer Kapitalisierung von 26 Mrd. Euro und einer Bilanzsumme von 237,5 Mrd. Euro auf europäischer Ebene zwar eher eine mittelgroße Bank. Doch aus Sicht von MPS-CEO Luigi Lovoglio stellt sie eine Plattform für eine weitere Marktkonsolidierung dar. Teil dieser Konsolidierung dürfte die Versicherung Generali sein. Deren größter Aktionär ist künftig mit einem Anteil von 13,2% die Monte dei Paschi, die zusammen mit Caltagirone und Delfin künftig mit 33% an der Generali beteiligt ist. Caltagirone und Delfin hatten sich in der Vergangenheit unzufrieden mit dem Generali-Vorstand gezeigt und versucht, CEO Philippe Donnet zu stürzen.

Die indirekte Einflussnahme Roms auf Generali wirkt sich auch auf europäischer Ebene aus. Denn Europas drittgrößter Versicherer ist etwa auch in Deutschland stark präsent und ein großer internationaler Akteur in der Vermögensverwaltung. Das von Generali geplante Joint Venture mit der französischen Natixis, durch die ein Riese mit einem verwalteten Vermögen von 2 Bill. Euro entstehen würde, könnte nun vor dem Aus zu stehen. Denn Rom, Caltagirone und Delfin sind gegen dieses Projekt.
Fokus auf Deutschland
Nach der Finanzkrise hat Italiens Bankenwelt eine tiefgreifende Neuordnung erfahren. Im Rahmen der auch staatlich geförderten bzw. betriebenen Konsolidierung verschwand der Großteil der Sparkassen und Volksbanken. Die Genossenschaftsbanken wurden unter dem Dach von drei großen Gruppen zusammengefasst. Die beiden Großbanken Unicredit und Intesa Sanpaolo wuchsen durch diverse Übernahmen zu internationalen Großbanken heran, die europaweit ganz vorn mitspielen.
Zumindest Unicredit, bereits seit 2005 über die HVB in Deutschland präsent, richtet den Blick auf den fragmentierten deutschen Markt. Nachdem die Großbank sich vor gut einem Jahr an die Commerzbank herangeschlichen hatte, ist ihre Aktienbeteiligung inzwischen auf 26% angewachsen, Zugriff auf weitere 3% hat sie sich über Finanzinstrumente gesichert. Trotz des massiven Widerstands der zweitgrößten deutschen Bank selbst, der Gewerkschaften und der Bundesregierung lässt Unicredit-Chef Orcel nicht locker.
Die Vielfalt des deutschen Bankenmarkts mit seinen vielen Sparkassen und Genossenschaftsbanken ist politisch gewollt, schwächt die privaten Großbanken in ihrem Heimatmarkt jedoch. Unicredit hat diese Schwäche schon einmal genutzt. Nun bietet sich dem Institut die Chance, durch die Übernahme der Commerzbank zur neuen Nummer zwei in Deutschland zu werden. Gemessen an der Marktkapitalisierung hat die die Deutsche Bank längst hinter sich gelassen.
Massive Intervention
Orcels Interesse an Deutschland dürfte teils aber auch dem Interventionismus der eigenen Regierung geschuldet sein. Immerhin hat Rom massiv interveniert, um seine Pläne für die Übernahme der BPM zu verhindern. Für die bis dato drittgrößte Bank des Landes scheint die Regierung andere Pläne zu haben. Denn sie ist mit 9% an der Monte dei Paschi beteiligt und könnte Teil der politisch gewünschten Bildung eines großen dritten Bankenpols in Italien werden. Erschwert werden könnte das allenfalls durch die französische Crédit Agricole, die 19,8% an BPM hält und weiter aufstocken will.
Nach Jahren der Konsolidierung können Unicredit und Intesa Sanpaolo in Italien praktisch nicht mehr wachsen. Auch deshalb müssen sie sich nach außen orientieren. Da bietet der fragmentierte Bankenmarkt der größten Volkswirtschaft Europas gute Wachstumschancen.
Wachstumschancen nur außerhalb Italiens
Anders als Deutschland hat der italienische Bankenmarkt seit der Finanzkrise eine tiefgreifende Konsolidierung durchlaufen. Nachdem mit der Mediobanca-Übernahme der vorerst letzte große Schritt geschafft ist, können die italienischen Großbanken eigentlich nur noch im Ausland durch Übernahmen wachsen.