Italiens Banken sollen Staat 11 Mrd. Euro zahlen
Italiens Banken sollen Staat 11 Mrd. Euro zahlen
Rom plant Sondersteuer
11 Mrd. Euro sollen Steuersenkungen und soziale Maßnahmen finanzieren
Von Gerhard Bläske, Mailand
bl Mailand
Italienische Banken und Versicherungen sollen in den nächsten drei Jahren eine „Strafsteuer“ von insgesamt 11,2 Mrd. Euro zahlen. Trotzdem sind die Aktienkurse der Banken in den vergangenen Tagen deutlich gestiegen. Das ist erstaunlich. Denn ähnliche Pläne der Regierung hatten die Notierungen der Institute vor zwei Jahren in den Keller geschickt. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni war damals deshalb, aber auch wegen Einwänden der Europäischen Zentralbank (EUB), zurückgerudert. Sie räumte den Instituten die Möglichkeit ein, alternativ ihre Rücklagen zu stärken. Das machten alle Banken. Der Staat schaute in die Röhre.
Keine Alternative
Diesmal gibt es keine Alternative. Im aktuellen Haushaltsentwurf, der in den nächsten Wochen in den beiden Kammern des Parlaments diskutiert wird, müssen die Banken entweder einen von 40 auf 27,5% reduzierten Steuersatz auf die damals gebildeten Rücklagen in Höhe von 6,2 Mrd. Euro zahlen. Dieser Steuersatz soll im kommenden Jahr auf 33% steigen. Oder sie können diese Rücklagen in Form von Dividenden an die Aktionäre ausschütten, worauf eine Steuer von 26% fällig wird. Doch damit nicht genug. Die Regierung erhöht außerdem die Wertschöpfungssteuer Irap um zwei Prozentpunkte – dauerhaft. Zudem werden Steuergutschriften eingefroren.
Rom vermeidet den Begriff Sonder- oder Strafsteuer. Die Institute könnten freiwillig und ohne Zwang entscheiden. Banker üben nur hinter vorgehaltener Hand Kritik, vor allem, weil es sich teilweise um rückwirkende Maßnahmen handelt. Der Bankenverband Abi ist zwar gegen die Sondersteuern, hat aber noch keine offizielle Stellungnahme abgegeben. Es laufen noch Gespräche, nach denen kleinere Korrekturen möglich sein könnten.
Salvini triumphiert
Während die Mitte-Rechts-Partei Forza Italia des verstorbenen Ex-Premiers Silvio Berlusconi bis zuletzt gegen die Pläne opponierte, triumphiert Matteo Salvini, Chef der rechtsnationalen Lega. „Das ist keine Enteignung“, sagte der Vizepremier. „Statt 50 Mrd. Euro werden die Banken in diesem Jahr nur 45 Mrd. Euro Gewinn machen“, sagt er.
Rom will die eingenommenen Mittel von geschätzt 4,3 Mrd. Euro in diesem Jahr verwenden, um eine Senkung der Einkommensteuer für mittlere Einkommen bis 50.000 Euro jährlich, Zusatzausgaben für das Gesundheitswesen und familienpolitische Maßnahmen zu finanzieren. Außerdem soll die geplante Anhebung des Renteneintrittsalters um drei Monate auf dann 67 Jahre und drei Monate zeitlich gestreckt werden.
Die Banken dürften die Mehrkosten an die Kunden weitergeben. Francesco Giavazzi, Ökonomiedozent an der Mailänder Universität Bocconi und früherer Berater der Premierminister Mario Monti und Mario Draghi, zweifelt daran, dass die Steuerpläne diesmal funktionieren.
Staatliche Garantien abschaffen
Er hält es für besser, die Konkurrenz zwischen den Instituten zu fördern, um die im internationalen Vergleich hohen Gebühren zu senken. Damit ließen sich Haushalte und Unternehmen entlasten. Überdies plädiert Giavazzi dafür, die in der Corona-Krise eingeführten staatlichen Garantien für Kreditausfälle von 110 Mrd. Euro abzuschaffen. Denn damit würden die Kosten für Kreditausfälle an den Steuerzahler verlagert, während die Institute Gewinne in die eigenen Taschen transferierten. Die Institute tragen also kein unternehmerisches Risiko.