Jetzt müssen die Gerichte in Polen entscheiden

EuGH bringt keine Klarheit über Franken-Kredite

Jetzt müssen die Gerichte in Polen entscheiden

ski/Reuters Frankfurt – “Die Vorabentscheidung des EuGH gibt keine Antwort bezüglich einer gänzlichen oder teilweisen Nichtigkeit von Kreditverträgen.” Das betonte die österreichische Raiffeisen Bank International (RBI) am Freitag in Reaktion auf das tags zuvor ergangene Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu Fragen der Nichtigkeit von Klauseln bei Fremdwährungskrediten an Kreditnehmer in Polen. Die RBI war in dem konkreten Rechtsstreit unmittelbar die hauptbetroffene Bank, doch sitzt beispielsweise auch die zum Verkauf stehende polnische Commerzbank-Tochter MBank auf in sfr ausgereichten Darlehen von umgerechnet rund 3,4 Mrd. Euro. Die Commerzbank wollte sich am Freitag aber ausdrücklich nicht zu der EuGH-Entscheidung äußern. OrientierungshilfeIn der RBI-Stellungnahme hieß es weiter, der EuGH gebe eine “Orientierungshilfe” für die Interpretation europäischen Rechts. Eine Unwirksamkeit des Kreditvertrags dürfe als letztes Mittel nur unter bestimmten Voraussetzungen ausgesprochen werden. Die Entscheidung der Luxemburger Richter erlaube ein Ersetzen missbräuchlicher Klauseln, solange sie dispositiven Bestimmungen des polnischen Rechts folgten und nicht auf Gebräuchen und Gepflogenheiten beruhten. Die RBI warnt betroffene Kreditnehmer vor möglichen gravierenden Folgen einer Unwirksamkeit des Vertrages. Beispielsweise könne der Kreditnehmer dann “zur Rückzahlung der durch die Auszahlung des Kreditbetrags aufgelaufenen Zinsen aufgefordert werden”, heißt es in Wien.Aufgrund der EuGH-Entscheidung sei zu bezweifeln, dass eine Konvertierung der betroffenen Kredite in polnische Zloty mit Beibehaltung des sfr-Zinssatzes möglich sei. Eine seriöse Einschätzung der Ergebnisse und wirtschaftlichen Auswirkungen auf Fremdwährungskredite in Polen sei aber auf Basis der Entscheidung zurzeit nicht möglich. Es komme nun auf die polnische Rechtsprechung auf Einzelfallbasis an. 700 000 BetroffeneDer EuGH hatte am Donnerstag im Streit über die Vergabe von sfr-Krediten an polnische Hausbauer diesen den Rücken gestärkt. Demnach könnten die betroffenen Bankkunden die Umrechnung in die Landeswährung verlangen. Gleichzeitig wurde damit der Weg geebnet, dass die polnischen Gerichte die Kreditverträge wegen missbräuchlicher Klauseln für ungültig erklären können. Laut EU-Recht sei dies zulässig, hieß es. Hunderttausende Kreditnehmer können damit auf Entschädigungen hoffen, haben aber wegen der notwendigen Einzelfallentscheidungen durch das EuGH-Urteil keineswegs Gewissheit erhalten. Bis zur endgültigen Klärung dürften vielmehr noch Jahre vergehen.”Die Position der polnischen Konsumenten, die auf sfr lautende Hypothekenkredite aufgenommen haben, wurde durch das Urteil des EuGH gestärkt”, sagte der polnische Finanzminister Jerzy Kwiecinksi. Rund 700 000 Polen hatten vor Jahren sfr-Immobilienkredite aufgenommen, um von den günstigeren Schweizer Zinsen zu profitieren. Nach Ausbruch der Finanzkrise verteuerte sich der Franken jedoch gegenüber dem Zloty drastisch, und die Belastungen für die Kreditnehmer schossen in die Höhe. Tausende Polen klagten, um aus den teuren Krediten herauszukommen.