Eröffnung der 26. Euro Finance Week

KfW-Chef: "Deutschland ist ein Investment Case"

Bei der Eröffnung der Euro Finance Week teilen die übrigen Bank-CEOs die vom KfW-Chef verbreitete Zuversicht nicht. Sie beklagen die ungelösten Probleme des Standorts Deutschland.

KfW-Chef: "Deutschland ist ein Investment Case"

Euro Finance Week eröffnet in Moll

KfW-Chef Wintels wirbt für "Investment Case Deutschland" – CEO-Runde prangert Standortnachteile an

lee Frankfurt

Stephan Wintels hat seine Rede auf der Eröffnungskonferenz der traditionsreichen Veranstaltungswoche für ein flammendes Plädoyer für die Kapitalmarktunion genutzt, die seiner Ansicht nach Deutschland mehr als anderen nutze. Die Bankchefs auf dem Podium teilten seine Zuversicht nur bedingt.

Zur Eröffnung der 26. Euro Finance Week hat KfW-Chef Stephan Wintels für eine zügige Umsetzung der europäischen Kapitalmarktunion geworben. Dies sei mit Blick auf die Bewältigung des Klimawandels unerlässlich, da die nachhaltige Transformation einen immensen Kapitalbedarf mit sich bringe, den nur private Investoren aufbringen könnten, sagte er am Montag auf der Konferenz in Frankfurt.

Wintels plädierte dafür, den erforderlichen Wandel positiv zu begleiten: „Kein anderes Land wird so davon profitieren wie Deutschland.“ Nach Einschätzung des früheren Europachefs der US-Bank Citigroup ist die Bundesrepublik ein „Investment Case“.

Skeptische Bankvorstände

Dieser positiven Einschätzung wollte in der anschließenden Diskussionsrunde der Banken-CEOs niemand so recht beipflichten. Helaba-Chef Thomas Groß räumte zwar ein, dass die Entwicklung eines tieferen europäischen Kapitalmarkts eine „riesige Chance“ für Deutschland sei. Doch Banken und auch die Bundesregierung müssten daran arbeiten, das Stigma zu beseitigen, das Aktien und dem Kapitalmarkt insgesamt hierzulande anhafte.

Bettina Orlopp, Finanzvorständin und stellvertretende Vorstandssprecherin der Commerzbank, prognostiziert dagegen Hürden im gesetzgeberischen Prozess. „Im Moment sehe ich nicht, dass sich bei der Kapitalmarktunion vor den Europawahlen im nächsten Jahr noch etwas Nennenswertes tut.“

Aus Sicht von Cornelius Riese, Co-Vorstandsvorsitzender der DZ Bank, stehen der Entwicklung eines global konkurrenzfähigen europäischen Kapitalmarktes aber auch andere Faktoren im Wege. Er deutete an, dass er einen gewissen Patriotismus vermisst: „Aus meiner Sicht ist es besorgniserregend, dass ein urdeutsches Unternehmen wie Birkenstock, aber auch ein innovatives wie Biontech es vorzieht, in den USA an die Börse zu gehen.“

US-Börsenplätze bevorzugt

Große Einigkeit herrschte auf dem Podium hinsichtlich der Standortprobleme, die es zu adressieren gilt. „Es gibt derzeit Regionen, in denen es attraktiver ist zu investieren als in Deutschland“, sagte Lutz Diederichs, Chef der deutschen Niederlassung von BNP Paribas. „Das liegt eben nicht nur daran, dass es für internationale Investoren einfacher und einheitlicher geregelt ist, in den USA zu investieren.“

Rückständig, überaltert und teuer für produzierende Unternehmen

Neben einem technologischen Rückstand werde das demografische Problem nach wie vor unterschätzt. Er wies darauf hin, dass die deutsche Wirtschaft so internationalisiert sei wie kaum eine andere. „Das bedeutet, dass die Unternehmen gar nicht erst abwandern müssen. Sie investieren einfach woanders.“

Die zunehmende Investitionszurückhaltung in Deutschland und Europa insgesamt treibt Orlopp zufolge auch die Commerzbank um: „Wir müssen bestimmte Themen endlich angehen, etwa den Bürokratieabbau.“ DZ-Bank-Chef Riese verwies in diesem Zusammenhang auf die aktuelle Mittelstandsumfrage seines Hauses, die daneben auch den Fachkräftemangel und die steigenden Energiepreise als Gründe identifiziert habe, warum Unternehmen nicht in Deutschland investierten.

Plädoyer für mehr Optimismus

„Ich möchte einen Faktor hinzufügen: Psychologie“, ergänzte Riese. In Deutschland hätten traditionell die Pessimisten die Oberhand, konstatierte er und fasste damit nebenbei die Diskussion auf dem Podium treffen zusammen: „Es braucht nicht nur den Mut, Probleme klar zu benennen, sondern auch die möglichen Lösungswege aufzuzeigen.“

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