Kreditgeschäft der Zukunft 2025Verbundlösungen

Banken erleben den größten Umbruch ihrer Geschichte

Im Konsumentenkreditgeschäft entscheiden längst Algorithmen, im Firmenkundengeschäft beginnt der Paradigmenwechsel: Die Chefin der Frankfurter Volksbank, Wunsch-Weber, beschreibt, wie KI-Prozesse, Verbunddaten und strenge Regulierung das Kreditgeschäft der Hausbanken neu zuschneiden.

Banken erleben den größten Umbruch ihrer Geschichte

Banken erleben den größten Umbruch ihrer Geschichte

Eva Wunsch-Weber skizziert, wie KI, Verbundlösungen und Regulierung die Hausbank neu ordnen

wbr Frankfurt

Ein Bild vom tiefgreifenden Wandel im Kreditgeschäft der Hausbanken zeichnet Eva Wunsch-Weber, Vorstandsvorsitzende der Frankfurter Volksbank Rhein/Main. Nach 20 bis 25 Jahren, in denen vor allem Prozesse verschlankt und digitalisiert wurden, rückt nun stärker die Frage in den Mittelpunkt, wie Kreditentscheidungen selbst getroffen werden.

Hausbanken wie die Frankfurter Volksbank sehen sich nicht mehr nur im Wettbewerb mit anderen Instituten, sondern zunehmend mit Fintechs, Non- und Nearbanks konfrontiert. Besonders im standardisierten Konsumentenkreditgeschäft zählen Schnelligkeit und einfache digitale Abläufe. Hier greifen bereits KI-gestützte Systeme, die Entscheidungen weitgehend automatisiert vorbereiten oder treffen. Im genossenschaftlichen Verbund existieren dafür laut Wunsch-Weber schon „gute Antworten“ bei Produkten wie Konsumentenkrediten oder der Baufinanzierung.

Königsdisziplin Unternehmenskredite

Die eigentliche Königsdisziplin bleibe aber das Unternehmenskreditgeschäft. Dort stoße die Prozessoptimierung an Grenzen. Entscheidend werde die Qualität der Daten, die die Kunden liefern. Digitale Systeme können einfache Fälle abbilden. Doch in der Realität zeigten sich die Grenzen statistischer Modelle, der verfügbaren Datenmengen und der regulatorischen Vorgaben für den Einsatz von Algorithmen.

Wunsch-Weber beschreibt ein Spannungsdreieck aus Regulatorik, Risikotragfähigkeit der Banken und den Kriterien, mit denen künftig Kreditrisiken bewertet werden. Parallel dazu müsse sich die Rolle der Berater verändern. Sie würden zu Mittlern zwischen System und Kunde, müssten Datenanforderungen erklären, technologische Ergebnisse interpretieren und auch aushalten, einem Kunden eine kritische oder negative Entscheidung zu erläutern.

Zugleich stelle sich die Frage, in welchen Fällen Menschen „gegen die Maschine“ entscheiden dürfen – also etwa eine von der KI vorbereitete Ablehnung korrigieren.

Human-in-the-Loop-Ansatz

Damit wachsen die Anforderungen an die Qualifikation. Gefragt seien ein tiefes System- und Datenverständnis, die Fähigkeit, Datenqualität beim Kunden zu verbessern sowie neue Entscheidungs- und Kommunikationskompetenzen. Wunsch-Weber spricht von einem Human-in-the-Loop-Ansatz, bei dem Technik und Menschen eng verzahnt arbeiten. Solche Lösungen ließen sich aus ihrer Sicht nur im Verbund entwickeln, weil erst große Datenpools tragfähige statistische Modelle erlaubten.

Für die Bankenbranche insgesamt sei dies mehr als eine weitere Effizienzrunde. Es handele sich, so Wunsch-Weber, „tatsächlich um den größten Umbruch, den wir als Banken je erlebt haben“. Über sechs Jahrhunderte habe man sich im Kreditgeschäft eingerichtet – nun zwinge die Kombination aus Demografie, Regulierung, Wettbewerb und Technologie die Institute, ihre Rolle neu zu definieren.