Insolvenzen

Kreditversicherer warnen vor größeren Pleiten

Die wirtschaftlichen Risiken werden immer komplexer. Die Kreditversicherer befürchten eine Trendwende im Insolvenzgeschehen.

Kreditversicherer warnen vor größeren Pleiten

ak Köln

Die Kreditversicherer warnen vor ungemütlichen Zeiten. Erstmals seit 2009 erwarten sie für das kommende Jahr wieder einen Anstieg der Unternehmenspleiten. „Im besten Fall rechnen wir mit 15500, im schlechtesten mit bis zu 17000 Pleiten“, sagte Thomas Langen, Vorsitzender der Kommission Kreditversicherung im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), in einem Pressegespräch am Donnerstag. Außerdem steige die Zahl größerer Insolvenzen. So habe sich im ersten Halbjahr dieses Jahres der durchschnittliche Forderungsausfall einer Pleite auf über 4 Mill. Euro verdoppelt.

„Wir sehen derzeit eine Welt voller Risiken“, sagte Langen. Zu den neuen Coronawellen käme das neue Phänomen der Mangelwirtschaft. Der Bauindustrie fehle Holz, der Verpackungsindustrie Papier, aber vor allem treffe es die Automobilindustrie. Der anhaltende Mangel an Mikrochips führe bei Zulieferern zu Umsatzeinbußen in Milliardenhöhe, während die Transformation und Dekarbonisierung zugleich hohe Investitionen erforderten. Außerdem nannte Langen die Gefahren durch Cyberkriminalität sowie durch die derzeitige Inflation. Problematisch sei das für Firmen, die die gestiegenen Preise nicht so einfach an ihre Kunden weitergeben könnten, zum Beispiel bei fehlenden Preisanpassungsklauseln in Verträgen der Bauindustrie.

In dem unsicheren Umfeld hat die Nachfrage nach Kreditversicherungen zugenommen. Die Anbieter sichern mittlerweile Lieferanten mit einem Deckungsvolumen von 458 Mrd. Euro gegen Zahlungsausfälle bei ihren Kunden ab – das sind fast 8% mehr als zu Beginn der Pandemie. Die Beitragseinnahmen in der Warenkreditversicherung werden 2021 voraussichtlich um 5% auf knapp 900 Mill. Euro zulegen.

Mittlerweile ist wieder mehr Normalität in das Geschäft der für die Wirtschaft so wichtigen Nischenbranche eingekehrt. Ende Juni dieses Jahres ist der Schutzschirm ausgelaufen, den die Kreditversicherer gemeinsam mit der Bundesregierung vereinbart hatten. Mit ihm waren die Deckungszusagen der Versicherer in der Pandemie aufrechterhalten worden. Ohne dieses Instrument hätten die Kreditversicherer ihren Schutz einschränken müssen, was Lieferketten bedroht hätte.

Die Kreditversicherer haben bis Ende Juni 60% ihrer Beitragseinnahmen an den Bund abgegeben. Dafür mussten sie nur 10% der Schäden tragen, den Rest übernahm der Staat. Dennoch sagte Langen: „Rein finanziell war der Schutzschirm ein Verlustgeschäft.“ Er begründete das mit den hohen Kosten in der Warenkreditversicherung, die die Versicherer dennoch gehabt hätten. Aus den Zahlen des GDV lässt sich das nicht ablesen: Der Verband rechnet für 2021 mit Beitragseinnahmen in der Kreditversicherung – neben der Warenkreditversicherung zählen auch Kautions- und Vertrauensschadenversicherungen dazu – von gut 1,9 Mrd. Euro. Das entspricht einem Plus von 7%. Die Schaden-Kosten-Quote lag bei 60 (i.V. 85)%. Die Schutzschirmeffekte sind in den Zahlen nicht berücksichtigt.

Nach Angaben der Bundesregierung auf eine Anfrage der FDP-Fraktion haben die Kreditversicherer bis Ende Mai insgesamt 585 Mill. Euro Beitragseinnahmen für 2020 und 2021 an den Bund abgeführt. Der Bund bezifferte seine Schadenzahlungen bis dahin auf 108 Mill. Euro.

Wertberichtigt Seite 8

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