EZB-Klimastresstest

Kunden deutscher Banken emit­tieren stark

Vor allem Banken in Deutschland, Frankreich, Italien und Lettland haben Kunden, die stark CO2 emittieren. Die physischen Risiken der Erderwärmung bedrohen wiederum vor allem griechische Häuser.

Kunden deutscher Banken emit­tieren stark

Von Bernd Neubacher, Frankfurt

Banken in Deutschland zählen mit jenen in Frankreich, Italien und Lettland zu den Finanzinstituten, in deren Kreditportfolien relativ emissionsstarke Schuldner so stark vertreten sind wie nirgendwo sonst in der Eurozone. Dies ist eine Erkenntnis aus dem am Mittwoch vorgelegten Klima-Stresstest der Europäischen Zentralbank (EZB). Auf Debitoren mit, im Vergleich zur Gesamtheit, hohen oder gar sehr hohen Emissionen entfallen dort jeweils über 40% der Kredite, in Frankreich und Italien sind es gar rund 50% (siehe Grafik).

Ein hoher Anteil an die Umwelt verschmutzenden Schuldnern deutet auf ein hohes Übergangsrisiko hin. Er lässt also hohen Aufwand einer Bank bzw. ihres Kunden erwarten, um Maßnahmen zur Reduktion des CO2-Ausstoßes umzusetzen. Kohlenstoffintensiven Branchen wie Bergbau oder Elektrizität drohten be­trächtlichen Kosten, mit entsprechenden Folgen für die Bonität, teilt die EZB mit. Auf einem anderen Blatt stehen die physischen Risiken, die sich aus einer Häufung von Naturkatastrophen ergeben. In dieser Be­trachtung unterliegen gerade einmal gut 10% der Portfolien deutscher Banken einem mittleren bzw. einem hohen Risiko. Besonders gefährdet sind aus dieser Perspektive griechische Banken, für welche der Stresstest einen Anteil von über 95% an Hochrisiko-Forderungen zutage ge­fördert hat. Es folgen mit deutlichem Abstand Zypern, Portugal, Spanien und Malta. Die physischen Risiken seien im Währungsraum ungleich verteilt, stellt die EZB fest. Während die nördlichen Regionen des Kontinents anfällig für Flutkatastrophen seien, sei der Süden eher Hitze und Bränden ausgesetzt.

Deutliche Konzentrationen

Das Übergangsrisiko verteilt sich unterdessen laut EZB insgesamt zwar gleichmäßig über die Staaten der Eurozone, dennoch gibt es deutliche Konzentrationen. So vereinigt das Zehntel der umweltverschmutzendsten Portfolien rund zwei Drittel aller Emissionen auf sich. Diese Portfolien befinden sich vor allem in Italien, Deutschland und Frankreich, wie die EZB festhält, ohne Namen zu nennen. Für die deutsche Kreditwirtschaft ist das Dokument ein weiterer Anlass, sich eingehend mit ihren Klimarisiken zu befassen. Abgesehen davon, dass Regulierung und Aufsicht zusehends die Daumenschrauben anziehen, droht die Erderwärmung für die Institute auch operativ zu Buche zu schlagen, wie die EZB warnt.

Bleiben Anstrengungen gegen die Erderwärmung aus, wird das durchschnittliche Firmenkunden-Portfolio einer Bank in der Eurozone den Stresstestergebnissen zufolge im Jahr 2050 mit einer um 8% höheren Wahrscheinlichkeit ausfallen als im Szenario eines geordneten Übergangs. Für die anfälligsten Portfolien steigt die Ausfallwahrscheinlichkeit um 30%. Die Ergebnisse zeigten zugleich, dass Banken und Unternehmen profitierten, wenn sie frühzeitig Maßnahmen ergriffen, um einen Übergang auf eine emissionsfreie Wirtschaft zu fördern, heißt es. Auch zahlten sich frühe Schritte auf mittlere und lange Sicht in Form von Energieeffizienzgewinnen und insgesamt günstigeren Energiekosten aus.

Im Zuge ihres Klimastresstests hat die EZB die Effekte des Klimawandels auf mehr als 4 Millionen Unternehmen weltweit sowie 1600 Banken in der Eurozone errechnet. Die Ergebnisse entsprächen den im März präsentierten vorläufigen, heißt es. Sie flössen in den aufsichtlichen Stresstest der EZB im kommenden Jahr sowie in den für das Startquartal 2022 geplanten Klimastresstest für die Bilanz des Eurosystems ein.

Der EZB-Klimastresstest wird im Bankensektor schon jetzt mit Spannung erwartet. Erstens werden die Institute erstmals die Auswirkungen von Szenarien durchrechnen müssen, die bis zu 30 Jahre in die Zukunft reichen. Zweitens entscheiden die Ergebnisse der Belastungsprobe über die individuelle Kapitalvorgabe durch die Bankenaufsicht. Und drittens wiederum dürfte der Test den Banken tatsächlich Erkenntnisgewinn bringen. „Da werden wir sehr viel über unser Portfolio lernen“, erklärte Marcus Chromik, Risikovorstand der Commerzbank, erst vor wenigen Tagen, als das gelbe Institut konkrete Etappenziele für seinen Weg zum Pariser Klimaziel im Jahr 2050 präsentierte.