Vermögensaufbau

Lieber Lotteriegewinn als Sparen!

Der Traum vom Lottogewinn ist verbreitet: Nur so lässt sich ein Vermögen von 500.000 Euro aufbauen, wie viele Bundesbürger sagen.

Lieber Lotteriegewinn als Sparen!

Von Thomas List, Frankfurt

Wie kann man reich werden? Bevor man lange nachdenkt – erst mal googeln. Darauf gibts ungefähr 34,6 Millionen Antworten. Als Erstes heißt es, man werde reich, wenn man viel verdient und wenig ausgibt, geduldig ist, langfristig denkt und das Ziel in weiter Ferne sieht. Und weiter: Der Zinseszinseffekt sorge dafür, dass der Vermögensaufbau von Sparrate zu Sparrate immer schneller voranschreitet.

Den letzten Punkt kann man angesichts von Null- und Minuszinsen seit Jahren und vielleicht auch für die Zukunft vergessen. Dieser Ansicht sind auch die meisten knapp 2100 Befragten einer Umfrage, die Yougov im Auftrag der Postbank Anfang November durchgeführt hat. Nur jeder Zwanzigste glaubt, man könne mit Sparen reich werden, konkret „am ehesten ein Vermögen von 500000 Euro aufbauen“.

An der Spitze der sechs vorgegebenen Möglichkeiten, dieses Ziel zu erreichen, lag der Lottogewinn. Jeder Fünfte hofft, dass er auf diesem Weg zum früher wohl so genannten DM-Millionär werden kann.

Dazu passt die gestern vom Deutschen Lotto- und Totoblock (DLTB) veröffentlichte Jahresbilanz für 2021. Danach kamen im Vorjahr 181 Lotto-Millionäre dazu, deutlich mehr als 2020 (145). Die höchsten Gewinne gab es im Eurojackpot mit zweimal 90 Mill. Euro. Im Klassiker, 6 aus 49, lag die höchste Ausschüttung immerhin bei 36 Mill. Euro. Und rund 1000 Lottospieler konnten sich über 100000 Euro und mehr freuen, schreibt der DLTB. So schön das klingt, die Chancen, einen so hohen Gewinn zu machen, sind freilich gering. Die Chance auf die Gewinnklasse 1 liegen im Lotto-Klassiker bei 1 zu 140 Millionen, beim Eurojackpot sind es in der höchsten Gewinnklasse 1 zu 96 Millionen, wie der DLTB selbst am Ende seiner Pressemitteilung schreibt.

Arbeiten? Pah!

Diese minimale Chance ist bekannt und dürfte wohl auch den meisten Befragten bewusst sein. Warum ist dann der Lottogewinn ihr Favorit beim Vermögensaufbau? Eine wichtige Rolle spielt vermutlich der vorgegebene Betrag von 500000 Euro. Der erscheint wohl den meisten als so hoch, so unerreichbar, dass sie es mit Glück probieren. Denn auf die Antwortmöglichkeit „Arbeiten“ setzen nur 5,6%, eine für die Allermeisten wohl realistische Einschätzung. Ins Bild der realistischen Antworten passt auch, dass fast ebenso viele wie die Lottogewinnler es für „gar nicht“ möglich halten, jemals ein Gesamtvermögen von 500000 Euro zu erreichen. Aber immerhin, einige Optimisten gibt es doch noch.

Bei den weiteren Möglichkeiten, Vermögen anzuhäufen, zeigen sich interessante Verschiebungen zur vorherigen Umfrage im Jahr 2019. Glaubten damals noch 26% der Befragten, mit Immobilien ihr Ziel erreichen zu können, sind es jetzt nur noch 18%. Marco Bargel von der Postbank macht dafür gestiegene Immobilienpreise verantwortlich.

Kräftig gewonnen hat dagegen die Anlage in Fonds und Aktien – von 7% auf 18%. Auch hier muss man wohl nicht lange nach den Gründen suchen, wenn man sich die Entwicklung der Aktienmärkte in den vergangenen Monaten ansieht. Wie realistisch die Bundesbürger ihre Chancen auf Vermögenszuwächse einschätzen, zeigt sich schließlich am Schlusslicht der vorgegebenen Möglichkeiten: dem Sparen. Nur jeder Zwanzigste setzt darauf. Grundtugenden wie Sparsamkeit und langfristiges Denken wurden allerdings nicht abgefragt – dabei tragen sie weiter als das Glück.