Christine Kiefer

„Lohnt sich ab 80.000 Euro Depot­volumen“

Wer als privater Anleger schon ein bisschen was zusammenhat im Depot, dem verspricht das Fintech Ride Capital einen eleganten Weg zu verbesserter Nettorendite. Gut 600 vermögensverwaltende GmbHs hat Ride Capital schon aufgesetzt, eine Reihe von Brokern ist bereits angebunden an die Plattform.

„Lohnt sich ab 80.000 Euro Depot­volumen“

Von Björn Godenrath, Frankfurt

Zu den Mühen der privaten Geldanlage gehört es, dass wenn man Gewinne aus Aktiengeschäften mitnehmen will, diese dann versteuern muss, obwohl man ja aus bereits versteuertem Einkommen investiert. Früher waren Gewinne aus Kapitalanlagen steuerfrei, sofern die Wertpapiere länger als ein Jahr im Depot lagen. Aber mit Einführung der Abgeltungsteuer ist das Ge­schichte.

Doch es gibt einen Ausweg: Anleger können über eine vermögensverwaltende GmbH (vvGmbH) gehen und kommen dabei sehr viel besser weg. „Mit Ride Capital unterstützen wir Privatanleger bei der Gründung und Verwaltung einer solchen vermögensverwaltenden GmbH. Über ein solches Vehikel können private Investoren dank geringerer Steuerlast schneller Vermögen aufbauen, denn sie zahlen auf die Rendite beim Verkauf von Aktien nur 1,54% statt 26,38%“, so die Geschäftsführerin des Fintechs, Christine Kiefer, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Der Gedanke dazu kam über einen Umweg: „Auf die Idee gekommen waren mein Mitgründer Felix Schulte und ich im Immobilien-Bereich, als wir Club Deals organisierten. Da stießen wir auf das Konzept der vermögensverwaltenden GmbH. Und es reifte der Plan, das auch Retail-Anlegern zugänglich zu machen.“

Pflicht zum Jahresabschluss

Gesagt, getan: Ride Capital wurde 2018 aufgesetzt. „Der Ansatz lohnt sich ab einem Depotvolumen von 80000 Euro.“ Schon ein Jahr nach Start des operativen Geschäfts erreichte das Start-up im Oktober 2021 die Marke von 100 Mill. Euro Assets under Administration (AuA). Dabei habe man Rückenwind dadurch erhalten, dass es 2021 eine Gesetzesänderung zur Verlustverrechnung von Termingeschäften gab; da habe man viele Kunden aus dem Bereich Daytrading gewonnen, erzählt die Gründerin. Partner und Dienstleister ist Ride Capital auch für gut 60 Steuerberater. Die seien ebenso wie die Anleger selbst dankbar, dass man ihnen mit der Eigenentwicklung einer automatisierten Wertpapierverbuchung eine Unzahl manueller Verarbeitungsschritte erspart habe. Das ist elementar für den obligatorischen Jahresabschluss eines GmbH-Geschäftsführers. „Wir sind eine Plattform für steueroptimiertes Investieren – und an diese Pflichtaufgabe erinnere ich immer wieder, wenn Anleger auf das GmbH-Modell gehen wollen.“ Dabei greift Ride Capital seinen Kunden natürlich unter die Arme mit einer Fülle an Verwaltungs-Services für die möglichst digitale Abwicklung aller Vorgänge. Und noch etwas ist zu bedenken: „Dem Anleger muss klar sein, dass das Geld in der GmbH nicht mehr beliebig rein- und rausgetragen werden kann.“

Keine Steuerberatung

Hauptkanäle für die Kundenakquise seien YouTube, Instagram und eigene Webinare, wo man sich darauf beschränke, allgemeines Steuerwissen zu vermitteln, da man selbst keine Steuerberatung sei. Ride Capital unterliege im Grunde nicht der BaFin, man habe sich aber eine Lizenz nach §34f Finanzanlagevermittlung besorgt. Bislang zähle man Interactive Brokers und die auf dieser Plattform sitzenden Marken zu den Partnern sowie einige weitere spezialisierte Broker wie zum Beispiel WH SelfInvest, JFD und FXFlat. Zudem werde bald mit J.P. Morgan eine erste Privatbank angebunden.

Schritt für Schritt will Kiefer Ride Capital aufbauen. Dafür wurden bislang 5 Mill. Euro bei Investoren aus Deutschland und den USA eingesammelt, später in diesem Jahr wollen Kiefer und Schulte eine Series-A-Runde angehen. Für ein Start-up wie Ride Capital komme es darauf an, den Investoren KPIs und Meilensteine zu präsentieren, die vermitteln, dass eine Folgefinanzierung neun bis zwölf Monate später gut möglich sei.

Bei den KPIs seien derzeit die Assets under Administration (AuA) sowie die Neukundenzahl entscheidend. Von den erwähnten 100 Mill. Euro Anlagevolumen im Oktober sei man in der Spitze auf 180 Mill. Euro geklettert, was sich mit dem Markt auf aktuell 170 Mill. Euro verringert habe, sagt Kiefer. Gut 600 GmbHs wurden seit Start im September 2020 gegründet, in Betreuung befinden sich aktuell 740. Für die Skalierung habe man ein Auge auf die Niederlande und Skandinavien geworfen für eine regionale Expansion – und eines der Länder werde es dann zunächst.

Beim Marktumfeld profitiert Ride Capital von steigenden Aktionärszahlen. Christine Kiefer findet es gut, dass mit den Neobrokern so viele Menschen neu in den Aktienmarkt gekommen seien und hofft, dass insbesondere junge Anleger angesichts der Korrektur in den Indizes am Ball bleiben. Die Stimmung kann schnell wechseln: „Bei den Finance-Influencern ist es auffällig, dass manche, die bislang gerne mit ihren Depotgewinnen prahlten, auf einmal mucksmäuschenstill sind.“

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