Londons Börse bleibt Übernahme erspart

Hong Kong Exchanges & Clearing legt doch kein verbindliches Angebot vor - Entscheidung über Refinitiv-Erwerb im November

Londons Börse bleibt Übernahme erspart

Der London Stock Exchange Group ist die Übernahme durch den Betreiber der Hongkonger Börse erspart geblieben. Nachdem der Board ablehnend reagiert hatte und Aktionäre Nachschlag verlangten, verzichtet Hong Kong Exchanges & Clearing (HKEx) darauf, ein verbindliches Angebot abzugeben.hip London – Die Hongkonger Börse hat die von ihr angestrebte Übernahme der London Stock Exchange Group (LSEG) aufgegeben. Wie Hong Kong Exchanges & Clearing (HKEx) in einer kurzen Pflichtveröffentlichung mitteilt, hat sie nicht die Absicht, ein verbindliches Angebot abzugeben. “Der Board der HKEx glaubt weiterhin, dass eine Kombination von LSEG und HKEx strategisch überzeugt und eine weltweit führende Marktinfrastrukturgruppe hervorbringen würde”, heißt es darin. Man sei “enttäuscht”, dass man das Management des Betreibers der Börsen von London und Mailand nicht zu Gesprächen über die “Verwirklichung dieser Vision” bewegen konnte. Für HKEx waren Moelis & Co, HSBC und UBS tätig.Die Londoner Börse nahm die jüngste HKEx-Mitteilung zur Kenntnis und verlautbarte, die geplante Übernahme des Datenanbieters Refinitiv mache gute Fortschritte. Man werde die Anteilseigner schon im kommenden Monat auf einer außerordentlichen Hauptversammlung um ihre Zustimmung bitten. “Daten-Ressourcen werden in Zukunft den Erfolg von Finanzmarktinfrastruktur bestimmen”, lautet das Credo von LSEG-Chef David Schwimmer. Er gehörte einst zu den Architekten des Zusammenschlusses von New York Stock Exchange und Archipelago Group. Man sei begeistert von dem “weltweiten Fußabdruck”, der sich aus der Transaktion ergebe (siehe Grafik). Die LSEG vermeidet dadurch, vom wirtschaftlichen Wohlergehen der Volksrepublik China abhängig zu werden. Nach einer Übernahme durch die HKEx wäre sie es in hohem Maße gewesen. Zudem hätte ein Erfolg des Deals die bisher erreichte Diversifizierung zumindest teilweise rückgängig gemacht. Das traditionelle Kapitalmarktgeschäft und Clearing hätten größeres Gewicht gehabt.Die HKEx hätte die Unterstützung von 5 % des Aktienkapitals benötigt, um ihrerseits eine außerordentliche Hauptversammlung einzuberufen oder eine Verschiebung des Votums zu erreichen. Eine Charmeoffensive bei großen Anteilseignern brachte offenbar nicht die gewünschten Ergebnisse. Lästige OfferteDer Board der LSEG hatte von Anfang an keinen Zweifel daran gelassen, dass ihm das 30 Mrd. Pfund schwere Angebot nicht willkommen war. “Angesichts der grundsätzlichen Schwächen Ihres Vorschlags sehen wir keinen Grund für ein weiteres Engagement”, lautete der Satz, mit dem LSEG-Chairman Don Robert sein Schreiben an die HKEx-Führung um Chief Executive Charles Li beendete. Anteilseignern war das Angebot Medienberichten zufolge zu niedrig, obwohl es eine Prämie von 23 % auf den Schlusskurs des vorangegangenen Handelstages enthielt. Zudem hätten sie sich gewünscht, dass ein größerer Teil des Kaufpreises bar entrichtet wird. Drei Viertel sollten dem Angebot zufolge in HKEx-Aktien geleistet werden. Für britische Pensionsfonds, die sich an strenge Anlagerichtlinien halten müssen, sind volatile Schwellenländeraktien nicht besonders attraktiv. Die LSEG beauftragte gleich eine ganze Reihe von Investmentbanken – Goldman Sachs, Morgan Stanley und Robey Warshaw sowie Barclays und RBC Europe – mit ihrer Verteidigung.Gegenwind bekam Li auch aus Peking: Von einem Propagandaorgan der kommunistischen Partei wurde die LSEG dafür gelobt, dass sie ihre Partnerschaft mit der Börse Schanghai vorzieht, wenn es um den Zugang zu den Märkten der Volksrepublik geht. “Wir glauben nicht, dass uns HKEx langfristig die beste Positionierung in Asien oder die beste Listing- und Handelsplattform für China liefern würde”, hieß es in Roberts Schreiben.Nun wird sich zeigen, ob Li die Tür für weitere Angebote geöffnet hat. Schließlich war nach dem Platzen der Übernahme durch die Deutsche Börse immer wieder spekuliert worden, dass entweder die CME Group oder die Intercontinental Exchange eine Offerte für die Gruppe oder Teile der LSEG vorlegen wird. Nach der 27 Mrd. Dollar schweren Übernahme von Refinitiv wäre es dafür zu spät, denn dann befänden sich die Londoner auf Augenhöhe.