Wirecard-Prozess

Marsaleks Anwalt verweigert Aussage

Der Strafprozess um den Wirecard-Skandal dauert schon ein Jahr. Vor dem Landgericht München sagt der Anwalt des gesuchten Ex-Vorstands Jan Marsalek nicht aus.

Marsaleks Anwalt verweigert Aussage

Marsaleks Anwalt verweigert Aussage

Im Wirecard-Prozess geht das Duell der Angeklagten in nächste Runde – Neue Beweisanträge

sck München
Von Stefan Kroneck, München

Ein Ende des nun ein Jahr andauernden Strafprozesses um den Wirecard-Betrugsskandal ist längst nicht absehbar. Am 85. Verhandlungstag vor dem Landgericht München nahm das mediale Interesse wieder sprunghaft zu. Im Zuschauerbereich des Gerichtssaals waren am Mittwoch deutlich mehr Journalisten anwesend als in den vergangenen Wochen. Der Grund: Im Zeugenstand saß der Strafrechtler Frank Eckstein.

Marsalek-Awalt macht von Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch

Der Anwalt vertritt den flüchtigen ehemaligen Wirecard-Vertriebsvorstand Jan Marsalek, der im Sommer dieses Jahres mit einem Schriftstück an die Strafkammer für Aufsehen sorgte. In diesem bezeichnete er die Kernannahmen der Staatsanwaltschaft als falsch. Die Verteidiger des Hauptangeklagten, Ex-CEO Markus Braun, deuteten das als entlastenden Beweis für ihren Mandanten. Mancher Prozessbeobachter erwartete von Eckstein nun vor Gericht, dass er Marsaleks Behauptungen substantiieren könnte. Diese Erwartungen wurden enttäuscht.

Eckstein machte keine Aussage. Er übte sein Zeugnisverweigerungsrecht aus, wie der vorsitzende Richter Markus Födisch feststellte. Er fragte den Zeugen, ob der Schriftsatz im Gerichtssaal von der Kammer vorgelesen werden könne. Eckstein verwies darauf, dass er dies zunächst mit Marsalek absprechen müsse. Auf Födischs Nachfrage, wann mit einer Antwort zu rechnen sei, gab der Anwalt an, dass dies vor Weihnachten geschehen werde. Nach wenigen Minuten konnte der Zeuge wieder gehen.

Furioser Schriftsatz

Marsaleks Schriftsatz sorgte im Juli vor Gericht für Furore. Es war das erste Lebenszeichen von Marsalek in der Öffentlichkeit nach dessen Flucht im Juni 2020, kurz nach dem Zusammenbruch des Zahlungsabwicklers. Interpol fahndet nach ihm mit internationalem Haftbefehl. Medienberichten zufolge soll sich Marsalek in Russland versteckt halten. Im Wirecard-Kriminalfall gilt Brauns einstiger Vertrauter als Schlüsselfigur.

Nach Aussagen des Kronzeugen Oliver Bellenhaus gehörte Marsalek zur Täterbande. Der frühere Konzernstatthalter in Dubai belastete Braun und den mitangeklagten Ex-Konzernchefbuchhalter Stephan von Erffa vor Gericht schwer. Beide hätten zur Bande gehört, Braun sei ihr Hauptakteur gewesen. In ihrer Anklage wirft die Staatsanwaltschaft Braun, Erffa und Bellenhaus gewerbsmäßigen Bandenbetrug, Untreue, Bilanzfälschungen und Marktmanipulation vor.

Brauns Anwalt kritisiert Strafermittler erneut

Gleich zu Beginn des Prozesses im Dezember 2022 gestand Bellenhaus seine Schuld ein. In einer abermaligen Einlassung vor Gericht trug der Kronzeuge weitere Belege vor, die aus seiner Sicht Erffas Mittäterschaft beweisen. Dabei ging es um E-Mails im Zusammenhang mit dem dubiosen Drittpartnergeschäft in Asien (TPA). Diese belegten, dass er, Bellenhaus, auf Erffas Anweisung TPA-Abrechnungen gefälscht habe. „Erffa war in die Fälschungen mit eingebunden.“

Seit Prozessbeginn liefern sich die Verteidiger der drei Angeklagten einen Schlagabtausch um die Schuldfrage. Bellenhaus und Braun überhäufen sich mit Gegendarstellungen. Brauns Anwalt, Alfred Dierlamm, bekräftigte in einer Stellungnahme zu Beweisanträgen seine Vorwürfe gegen die Strafermittler. Dies hatte er bereits zum Prozessauftakt gemacht. Die Staatsanwaltschaft habe das Thema „komplett verfehlt“, so Dierlamm am Mittwoch. Die Bande habe aus Bellenhaus und Marsalek bestanden.

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