Bankdienstleistungen

McKinsey: Riesige Chancen mit Banking-as-a-Service

Bankdienstleistung in Form modularer Bausteine (Banking as a Service, BaaS) bieten nach Schätzung der Unternehmensberatung McKinsey ein Erlöspotenzial von 90 bis 105 Mrd. Euro in Europa bis ins Jahr 2030.

McKinsey: Riesige Chancen mit Banking-as-a-Service

Von Björn Godenrath, Frankfurt

Bankdienstleistung in Form modularer Bausteine (Banking as a Service, BaaS) bieten nach Schätzung der Unternehmensberatung McKinsey ein Erlöspotenzial von 90 bis 105 Mrd. Euro in Europa bis ins Jahr 2030. Ein Treiber des Geschäfts soll das sogenannte Embedded Finance sein, also die Eingliederung digitaler Kaufprozesse in den Online-Handel. Technologiekonzerne und Fintechs haben damit bereits begonnen, aber auch klassische Banken könnten hier neues Geschäft machen, wie es in einer Studie der Gesellschaft heißt.

Denn über die Schnittstellen der eingegliederten Finanzdienstleistungen lassen sich demnach neue Kunden gewinnen. Das Erlöspotenzial allein in Embedded Finance inklusive Privat- und Firmenkunden schätzt McKinsey auf 75 bis 85 Mrd. Euro bis 2030. Die Palette reicht von Finanzierungsangeboten an der Ladenkasse bis hin zu Krediten nach dem Prinzip „Buy now, pay later“ (BNPL) im Online-Handel. Eine zweite Schicht an Einnahmen liegt demnach in Zahlungsdiensten rund um Kreditkarten und Konten.

Ein zusätzliches Umsatzpotenzial von 15 bis 20 Mrd. Euro wird Fintechs bescheinigt, die über Spezialdienste wie die Identifizierung von Kunden (KYC) und Angebote für kleine und mittlere Unternehmen keine Banklizenz benötigen. Auch hier spielen Kreditkarten und Konten eine wichtige Rolle. Außerdem eröffnen sich im Privatanlegerbereich für Investments Gelegenheiten über Brokerage und Beratung für die wohlhabende Klientel.

Insgesamt könnten Angebote rund um Embedded Finance und Fintech etwa 7 bis 10 % der künftigen Erlöse ausmachen, wie McKinsey schreibt. Denn im Prinzip folgen Banken damit nur wandelnden Konsumenteninteressen, die mit neuer Technologie erschlossen werden. Doch bisher haben demnach Fintechs in einer ersten Welle über White-Label-Kreditkarten Geschäft erschlossen. In der Pandemie hatte das Geschäft einen zusätzlichen Schub erhalten – wobei sich nun mit einsetzender Konsumentenzurückhaltung die Kehrseite der Medaille zeigt: BNPL-Anbieter wie Affirm und Klarna fahren hohe Verluste ein, weil es zu Kreditausfällen kommt und die Händler nicht mehr so spendabel sind mit der Umsatzförderung über Provisionen.

Neue Digitalbanken

Wenn Banken in das Segment vordringen, dann geht das bislang über Marktplätze (Barclaycard bei Amazon) oder über eine voll eingebettete Kreditkarte, die gebührenfrei ist und tägliche Cashbacks hat.

Goldman Sachs gründete mit Marcus eine Digitalbank, die Privatkunden adressiert und bereits etliche Einlagen einsammelte. Mitten in der jüngsten Restrukturierung wurde Marcus aber in eine Sparte eingegliedert, womit der Fokus verloren ist – aber Goldman-Sachs-Chef David Solomon will die Kosten eindämmen und Marcus verschlingt Mittel für eine Expansion. In Deutschland und Großbritannien steht der Start einer Digitalbank für Privatkunden durch J.P. Morgan bevor. Die Bank beantragte eine Girocard-Lizenz – es wird also mindestens um Konten, Einlagen und Zahlungsverkehr gehen.

Dass die Banken solche Beiboote oder Schnellboote jetzt zu Wasser lassen, liegt auch darin begründet, dass sie ihre IT-Infrastruktur mit dem neu aufgebauten Angebot schrittweise auf eine moderne, modulare Basis gestellt haben, was BaaS oder die eigene Digitalbank erst ermöglicht. Die Deutsche Bank hatte vor Jahren auch eine separate Digitalbank erwogen, doch unter den späteren Sparrunden blieb für derartige Investitionen kein Raum mehr. Und die vom ehemaligen Vorstandsmitglied Markus Pertlwieser aufgebauten Digitaldienste wurden Stück für Stück integriert und notieren heute unterhalb der Wahrnehmungsschwelle.

Einstieg in Deutschland

Als einzige europäische Großbank ist Société Générale beherzt in BaaS eingestiegen. 2019 schluckten die Franzosen das Fintech Treezor. Dieses ist heute in Frankreich, Deutschland, den Benelux-Ländern, Italien und Spanien tätig. Treezor hat dabei einen Fokus auf Zahlungsdienste und sieht sich dank einer Mastercard-Partnerschaft der Konkurrenz eine Nasenlänge voraus. Mastercard übernahm kürzlich einen Anteil an Treezor und unterstreicht damit die Expansionspläne des Fintechs. Dabei zielt Treezor jetzt vor allem auf den deutschen Markt, wobei sie hierzulande auf Anbieter wie Solaris und Raisin treffen. Mit Swan drängt ein weiterer Newcomer in den deutschen Markt. Die Franzosen gelten als Spezialist für Embedded Finance und könnten in einem Feld wildern, das Solaris teilweise freigibt: Die Berliner wollen stärker auf große Nichtbanken setzen – ein Beispiel ist der ADAC nach einem Kreditkarten-Deal – und nicht mehr so viel kleinteiliges Fintech-Geschäft machen.

Deutschland als größte Volkswirtschaft Europas ist für Swan als zentraler Wachstumsmarkt definiert. Swan agiert dabei als regulierter Finanzdienstleister mit einer E-Money-Lizenz des französischen Bankenregulators ACPR und wird von der europäischen Bankenaufsicht kontrolliert. Der Partner BNP Paribas hält die Kundeneinlagen von Swan. Für französische Banken ist der Finanzplatz Deutschland schon lange ein großes Spielfeld.

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