MLP setzt verstärkt auf künstliche Intelligenz
MLP setzt verstärkt auf künstliche Intelligenz
Kleinere Schäden werden komplett automatisiert abgewickelt – Maklerfirma erwägt KI-Service für Versicherer anzubieten
Von Thomas List, Frankfurt
Von Thomas List, Frankfurt
Der Finanzberater MLP beschleunigt den Ausbau der künstlichen Intelligenz (KI) in seinem Geschäft. Ein erster KI-Agent in der Tochter Domcura dient der komplett selbständigen Abwicklung kleiner Schäden. Die entsprechende Technologie soll für weitere Einsatzgebiete in der MLP-Gruppe genutzt werden, sagte MLP-Vorstandschef Uwe Schroeder-Wildberg bei der Vorstellung der Halbjahreszahlen am Unternehmenssitz in Wiesloch.
Für den gesamten Konzern
„Im Rahmen unserer Digitalisierungsstrategie treiben wir den Einsatz künstlicher Intelligenz konzernübergreifend gezielt, aber auch verantwortungsbewusst voran“, sagte Schroeder-Wildberg. Deshalb wurden einige Investitionen vorgezogen. Mittels KI sollen der Kundennutzen erhöht und gleichzeitig die Effizienz der Prozesse gesteigert werden. „In der Endstufe bieten wir mit einem KI-Service-Agenten dem Kunden jederzeitige Erreichbarkeit und vollumfängliche Bearbeitung einfacher Anliegen.“
Ein erster KI-Agent ist seit Juli 2024 bei der Tochter Domcura im Einsatz. Sie ist ein spezialisierter Versicherungsvermittler, die Versicherungsprodukte entwickelt, Risiken prüft und Schäden abwickelt. Für kleinere Schäden – Beträge nennt MLP auch auf Nachfrage nicht – übernimmt der neue KI-Agent die Bearbeitung komplett. „Die Schadenspezialisten der Domcura geben dann nur noch die Auszahlung frei. Sie können sich damit um so intensiver auf den Service komplexer Schadenfälle konzentrieren.“
Aufgrund des großen Potenzials dieser Lösung gibt es nach Angaben des MLP-Vorstandschefs bereits konkrete Pläne zur Übertragung auf weitere Einsatzgebiete in der MLP-Gruppe. So werde die KI-basierte Schadenabwicklung für die Kfz-Versicherung der Industriemaklertochter RVM adaptiert. „Damit optimieren wir Kosten und verringern das Fachkräfteproblem“, betonte Schroeder-Wildberg.
Gerade am Sitz von Domcura in Kiel sei es schwierig gewesen, Fachkräfte zu gewinnen. „Zuerst kommt aber der Nutzen für die Kundinnen und Kunden.“ Im Konzern gibt es daneben bereits heute weitere KI-Anwendungen, zum Beispiel bei der Annahme, dem Routing und der Beantwortung von Berater- und Kundenanfragen.
MLP verfügt über eigene Spezialisten für die KI-Entwicklung, zeigt sich aber auch für Kooperationen offen – sei es mit großen oder kleinen Tech-Unternehmen, wie Schroeder-Wildberg auf Nachfrage sagte. In der Schadenbearbeitung sei man „komplett rückstandsfrei“, was bei Versicherungen eher außergewöhnlich ist und als besonderes Qualitätsmerkmal gilt. Daher hätten sich Versicherungsgesellschaften für den Einsatz der MLP-KI-Lösung in ihren Häusern interessiert. Der MLP-Chef hält es für möglich, wie er auf Nachfrage sagte, dass „MLP einen Teil der Schadenbearbeitung übernimmt“. Dabei gehe es aber nicht, wie er betonte, um die Übernahme der Risiken. Es liefen „konkrete Gespräche“, teilte MLP mit. Konkreter könnte Schroeder-Wildberg am 15. November anlässlich der Veröffentlichung der Geschäftsergebnisse für die ersten neun Monate und das dritte Quartal werden.
Im ersten Halbjahr und vor allem im zweiten Quartal fällt bei MLP ein deutlicher Ergebnisrückgang auf. Das Konzernergebnis verringerte sich von Januar bis Juni um 23% auf 29 Mill. Euro und im zweiten Quartal sogar um 89% auf 1,3 Mill. Euro. Die Erlöse haben zwar zugelegt (Halbjahr) bzw. bleiben konstant (zweites Quartal), doch legten die Kosten zu. Der Vergleichszeitraum des Vorjahres sei „außerordentlich stark“ gewesen. Man habe jetzt aber deutlich über dem Fünf-Jahres-Mittel gelegen.
Zinsniveau belastet
Ende Juli hatte MLP ad hoc mitgeteilt, dass das zweite Quartal 2025 durch niedrigere Zinserlöse infolge des gesunkenen Zinsniveaus und deutlich niedrigere erfolgsabhängige Vergütungen beeinflusst wurde. Bei den Kosten belasteten erhöhte Investitionen in die IT-Infrastruktur und IT-Beratungsleistungen. Schroeder-Wildberg ergänzte jetzt, dass MLP Investitionen in KI vorgezogen habe. Die Jahresprognose vor Zinsen und Steuern (Ebit) mit 100 Mill. bis 110 Mill. Euro hat er aber erneut bestätigt.
