Moody's warnt vor neuen Private-Credit-Risiken in Europa
Moody's warnt vor neuen Private-Credit-Risiken in Europa
Private Credit
Moody’s warnt vor neuen Private-Credit-Risiken
Europäischer Private-Credit-Markt wächst derzeit schneller als in den USA – Das könnte den konservativeren Markt gravierend verändern
Viele Jahre stand Europas Private-Credit-Markt im Schatten des um ein Vielfaches größeren US-Markts. Doch abgeschreckt von steigenden Kreditausfällen auf der einen Seite des Atlantiks und angelockt von gigantischen Investitionsvorhaben auf der anderen Seite, richten Private-Credit-Investoren ihren Fokus jetzt auf Europa.
Von Philipp Habdank, Frankfurt
Jahrelang hinkte der europäische Private-Credit-Markt dem US-amerikanischen hinterher. Doch das ändert sich gerade. Wie vergangene Woche der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock, so geht nun auch die Ratingagentur Moody’s in einem neuen Report künftig von höheren Wachstumsraten in Europa aus. Fast die Hälfte aller weltweit neu aufgelegten Kreditfonds seien in diesem Jahr in Europa geschlossenen worden, heißt es in einem aktuellen Bericht von Moody’s.

Zudem hätten fünf der zehn größten Fundraisings in Europa stattgefunden. So hat der Private-Credit-Manager Ares für seinen sechsten Direct-Lending-Fonds 17,1 Mrd. Euro eingeworben und dadurch das Volumen des Vorgängerfonds um 53% erhöht. Gleichzeitig ist dies weltweit der größte institutionelle Direct-Lending-Fonds, der jemals aufgelegt wurde. CVC konnte für seinen vierten europäischen Direct-Lending-Fonds dieses Jahr 10,4 Mrd. Euro einwerben.
Die großen US-amerikanischen Private-Markets-Manager drängen vehement nach Europa. Ob KKR, Apollo, Blackstone oder Blackrock: Alle sind gerade dabei, ihre europäischen Private-Credit-Plattformen auszubauen. Unsichere politische Entscheidungen und volatilere US-Märkte lenkten Kapital nach Europa, schreibt Moody’s. Die Renditen in Europa könnten höher sein und Europa profitiere von einem niedrigeren Zinsniveau sowie einer geringeren Marktsensitivität, heißt es.
Kapital strömt nach Europa
Auch Staatsfonds aus dem Mittleren Osten und Asien würden ihren Blick auf Europa richten, angezogen von Investments in Infrastruktur, erneuerbare Energien, künstliche Intelligenz und Rechenzentren. Allein in diesem Jahr hätten Staatsfonds aus Abu Dhabi, Qatar und Saudi-Arabien in den ersten neun Monaten 56,3 Mrd. Dollar am Markt platziert, wovon 28% nach Europa geflossen seien. Der höchste Wert seit fünf Jahren.
Zwischen 2019 und 2024 sei der europäische Private-Credit-Markt Moody’s zufolge jährlich im Schnitt um 14% gewachsen. Diese Wachstumsraten dürften sich in den kommenden Jahren noch erhöhen, denn bis 2028 soll das verwaltete Vermögen im Bereich Private Credit in Europa auf 800 bis 900 Mrd. Dollar ansteigen. Damit würde Europa dann rund ein Drittel des weltweiten Private-Credit-Markts ausmachen, dessen künftige Größe Moody’s auf 3 Bill. Dollar schätzt.
Moody's erkennt erstes Warnsignal
Dieses Wachstum hat jedoch einen Preis, denn es birgt neue Risiken. Mit der Weiterentwicklung des Private-Credit-Markts werde Europa zunehmend mit Herausforderungen konfrontiert werden, mit denen US-Investoren schon seit langem zu kämpfen hätten, schreibt Moody’s. Zu diesen Risiken zählten eine steigende und versteckte Verschuldung, Undurchsichtigkeit und Konzentrationsrisiken, die sich aus der Dominanz einiger weniger großer alternativer Vermögensverwalter ergäben.
Die Gefahr besteht laut Moody’s darin, dass der bis dahin relativ konservativ ausgerichtete europäische Private-Credit-Markt mit dem Wachstum und damit einhergehenden höheren Anlagedruck seinen vorsichtigeren Ansatz verlieren könnte. Das könnte wiederum zu aggressiveren Finanzierungsstrukturen führen. Ein erstes Anzeichen dafür hat Moody’s bereits ausgemacht: beim Leverage-Vergleich des europäischen Direct-Lending-Markts der Private-Credit-Fonds mit dem breiten Syndizierungsmarkt der Banken.
Der Leverage-Vergleich zeigt, wie aggressiv Kreditfonds und Banken Unternehmen finanzieren, indem die gewährte Verschuldung in Relation zum operativen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) des Unternehmens gesetzt wird. Laut Moody’s habe der durchschnittliche Leverage in beiden Märkten zwischen 2020 und 2022 auf Augenhöhe gelegen. Doch während der Leverage im breiten Syndizierungsmarkt seit 2023 auf 5x Ebitda gesunken ist, stieg er im Direct-Lending-Markt auf 6x Ebitda an.
Banken suchen Schulterschluss
Die zunehmenden Private-Credit-Risiken gilt es auch deshalb im Blick zu behalten, da Banken häufiger den Schulterschluss mit alternativen Asset-Managern suchen. Zwar würden Banken bei der Kreditvergabe weiterhin mit Private-Credit-Fonds konkurrieren. Doch Moody’s sieht auch immer mehr Banken, die mit Kreditfonds über hybride Kapitalstrukturen, Joint Ventures und Co-Origination-Modelle zusammenarbeiten. Darüber hinaus betreten vor allem größere Banken den Private-Credit-Markt über ihre eigenen Asset-Management-Einheiten.
