Mühseliges Geschäft
Wer die jüngsten Quartalsergebnisse der beiden verbliebenen privaten Großbanken Deutschlands auf sich wirken lässt, muss den Eindruck gewinnen, Banking sei ein sehr mühseliges Geschäft. Denn Deutsche Bank und Commerzbank verlieren im Zuge ihres Schrumpfkurses Erträge und können allenfalls mit Hilfe von Kostensenkungen ihr Ergebnis steigern. Jenseits der Landesgrenzen aber sieht das Bild differenzierter aus: Auch dort hat die Flaute im Handel die Einnahmen gedrückt. Die Einbußen wirken allerdings weniger alarmierend, auch weil es dort ebenso optimistisch stimmende Nachrichten gibt, sogar auf der Brexit-Insel und im Dauerkrisenland Italien: Barclays erklärt ihre Restrukturierung für beendet, HSBC, die freilich ebenso in Asien wie in Großbritannien daheim ist, kündigt weitere Aktienrückkäufe an, und Unicredit informiert über die erste Dividendenzahlung seit fünf Jahren. BBVA, ING und Credit Suisse haben ihr Ergebnis bei stabilen oder anziehenden Erträgen binnen Jahresfrist ausgebaut.Die aufsichtliche Bankenstatistik der EZB für Euroland hatte schon zuvor gezeigt: Auch wenn der Anteil fauler Kredite am Forderungsbestand mit knapp 6 % noch immer jenseits aller gesunden Relationen liegt – so schrecklich sieht es in Europas Bankensektor gar nicht mehr aus. Sicher: Wenn wie im Startquartal über die Hälfte der europäischen Großbanken mehr als 60 % ihres Betriebsergebnisses mit Hilfe von Zinserträgen bilden, ist es kein Wunder, wenn die Bäume in Zeiten ultralockerer Geldpolitik nicht in den Himmel wachsen. Dennoch aber haben die Institute ihre Bilanzen weiter saniert, Eigenkapital aufgebaut und vor dem Hintergrund einer sich fortsetzenden wirtschaftlichen Erholung in der Eurozone zugleich ihre Ertragskraft erhöht. Mit 7,1 % lag die Eigenkapitalrendite zuletzt rund 2 Punkte über dem Vorjahreswert. Anspruch und Wirklichkeit nähern sich damit an, und zwar von beiden Seiten, hat etwa Barclays ihre Vorgabe doch eben erst auf eine materielle Eigenkapitalrendite von mehr als 10 % reduziert.Da hinken Deutsche Bank und Commerzbank mit Verzinsungen von 3,2 % bzw. minus 3,1 % im ersten Halbjahr doch erkennbar hinterher. Das spiegelt sich im Geschehen am Aktienmarkt. So gestehen die Anleger der Commerzbank, auch nachdem der Wert seit Jahresbeginn um rund 50 % geklettert ist, wie der Deutschen Bank nicht einmal die Hälfte ihres Buchwerts an Bewertung zu. ING kam zuletzt auf ein Verhältnis von mehr als 1. Kein Zweifel: Im europäischen Wettbewerb haben Deutsche Bank und Commerzbank im jüngsten Quartal weiter Boden verloren, vom Vergleich mit US-Instituten ganz zu schweigen. Ausländische Beobachter zeigen sich ja schon seit längerem darob erstaunt, wie schwach Deutschlands Bankensektor daherkommt, gemessen daran, wie stark Deutschlands Volkswirtschaft doch ist.Die nicht nur gefühlte Diskrepanz rührt nicht nur von hausgemachten Fehlern her. Sicher: Deutschlands private Großbanken sind noch immer mit den Spätfolgen der Finanzkrise bzw. mit strategischen Aufräumarbeiten befasst und haben noch keine Nische gefunden, die sie unverwechselbar macht. Einer BBVA dagegen hilft das Südamerika-Geschäft. ING hat sich beizeiten im Ausland geschickt Marktanteile erarbeitet. Und HSBC kann sich der Gewissheit erfreuen, dass die Aufseher in Europa es heutzutage nicht mehr dulden würden, dass ein solch globaler Finanzriese entsteht – die Position dieser Großbank steht damit praktisch unter Naturschutz, maximale Markteintrittshürden sind aufsichtsrechtlich garantiert.Wahr ist aber auch: Im Heimatmarkt haben Deutsche Bank und Commerzbank es mit einer Wettbewerbsintensität zu tun, angesichts derer Großbanken jenseits der Landesgrenzen ebenso eine weniger glückliche Figur als derzeit abgeben würden. In Anbetracht der Zersplitterung im deutschen Bankenmarkt haben Beobachter schon oft Industriepolitik eingefordert. In den USA gebe es eine klare Zweiteilung in das Oligopol einer Handvoll Großbanken und kleinere Institute, geht diese Klage. Berlin aber habe keinen Plan, wie der Bankenmarkt hierzulande, wo so viele Banken um Kunden konkurrierten wie nirgendwo sonst in Euroland, zu gestalten sei. Wer indes verfolgt hat, wie sich der Staat bei der Commerzbank oder die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein bei der HSH Nordbank engagiert haben, dürfte erkannt haben, dass man mit Wünschen vorsichtig sein sollte: Sie könnten in Erfüllung gehen. Deutschlands private Großbanken müssen sich aus eigener Kraft aus ihrer misslichen Lage befreien in einem System, das man Marktwirtschaft nennt. Das kann mühselig sein. ——–Von Bernd NeubacherIm europäischen Wettbewerb haben Deutsche Bank und Commerzbank im jüngsten Quartal weiter Boden verloren.——-