Regionalbankenkonferenz

Neuausrichtung der EU-Banken­regulierung gefordert

Die deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken befürchten, dass eine überzogene Regulierung – auch im Nachhaltigkeitsbereich – die grüne Transformation der Wirtschaft ausbremst, weil die Finanzierungen schwieriger werden.

Neuausrichtung der EU-Banken­regulierung gefordert

ahe Brüssel

Die deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken befürchten, dass eine überzogene Regulierung – auch im Nachhaltigkeitsbereich – die grüne Transformation der Wirtschaft ausbremst, weil unter anderem die Finanzierungsmöglichkeiten der Banken eingeschränkt werden. Die Sparkassen stünden bereit, um den mittelständischen Unternehmen Wege zu mehr Nachhaltigkeit in Umbruchzeiten zu ebnen, betonte Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), bei einer Regionalbankenkonferenz in Brüssel. „Eine solche Transformation kann aber nur gelingen, wenn sich die Bankenregulatorik ihrerseits transformiert.“

Nach Ansicht von Schleweis sollten die aktuelle Basel-III-Finalisierung und die Diskussionen um die Bankenunion dazu genutzt werden, um die Bankenregulierung in Europa grundsätzlich neu auszurichten. „Die bislang unternommenen Schritte hin zu einer Small Banking Box sind zu zaghaft und reichen nicht aus. Nötig ist eine stärkere Differenzierung nach Größe und Systemrelevanz“, betonte er.

Marija Kolak, Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), sagte auf der Konferenz, die regulatorischen Vorgaben aus Brüssel im Bereich der Nachhaltigkeit seien bereits bis 2026 vorgezeichnet und würden zur Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in nahezu allen Bereichen der Banken zwingen – von Geldanlagen über die Kreditvergabe, die Berichterstattung bis hin zum Bereich der Taxonomie. Diese Vorgaben würden „bis in alle Poren der Bank spürbar“, unterstrich Kolak. Sowohl sie als auch Schleweis verwiesen darauf, dass es nicht nur darum gehe, grüne Investitionen zu finanzieren, sondern auch Brückentechnologien und Transformationsprozesse von nicht-grünen Unternehmen. Beide forderten eine weitere Ausgestaltung der Taxonomie, die der Realität des Mittelstands Rechnung trägt und die Kreditvergabe nicht behindert.

Schleweis rechnete vor, dass allein die energetische Sanierung von Wohnimmobilien in Deutschland einen Finanzierungsbedarf von 350 Mrd. Euro für die Sparkassen-Gruppe bedeute. Solche gesellschaftlich höchst erwünschten Kredite dürften von der Politik aber nicht durch überzogene Kapitalanforderungen verteuert werden, warnte der DSGV-Präsident. Allein der sogenannte sektorale Systemrisikopuffer für Wohnimmobilienkredite der BaFin, der jetzt eingeführt werde, führe dazu, dass bei den Sparkassen 2 Mrd. Euro hartes Kernkapital für die Kreditvergabe ausfielen. Der antizyklische Kapitalpuffer binde weitere 6 Mrd. Euro. „Das entspricht einer Kreditsumme von 150 Mrd. Euro, die so nicht vergeben werden kann.“

Stefan G. Reuß, Geschäftsführender Präsident des Sparkassen- und Giroverbands Hessen-Thüringen (SGVHT), sprach auf der zweitägigen Konferenz von einer Regulierung, die kleinere Institute „an die Wand drückt“. Damit werde auch Strukturpolitik gemacht. BVR-Vorstandsmitglied Daniel Quinten verwies darauf, dass allein der BVR jährlich rund 40 Primärinstitute verliere, weil diese die immer höheren operativen Kosten durch die Regulierung nicht mehr stemmen könnten. Sie würden quasi „wegreguliert“.

EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis räumte auf der Konferenz ein, dass das deutsche Bankensystem „anders“ sei als andere, dass bei jüngsten Gesetzesvorschlägen das Thema Proportionalität aber schon Einzug erhalten habe. Dies gelte nicht nur für das CRD/CRR-Bankenpaket von 2019, sondern auch für die Basel-III-Vorschläge, die die Kommission im Oktober vorgelegt habe. Die besondere Rolle von kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) sei hier beachtet worden. Und das Basel-Paket habe für kleinere Banken auch „nur begrenzte Auswirkungen“.

Verständnis im EU-Parlament

Deutliche Unterstützung für die Anliegen der Regionalbanken kam hingegen von deutschen Europaabgeordneten. Nicola Beer (FDP), Vizepräsidentin des EU-Parlaments, sagte, unter dem Aspekt der Proportionalität müsse „alles auf den Prüfstand“. Sowohl bei der Taxonomie als auch bei Basel III gebe es noch „viel Luft nach oben“. Markus Ferber (CSU), der Koordinator der EVP-Fraktion im Econ-Ausschuss, kritisierte, dass von Basel III auch Banken betroffen seien, die keine internen Modelle verwendeten. Er schlug vor, künftig möglichst wenige Ermächtigungen für die „Level 2“-Gesetzgebung zu vergeben, um die zusätzlichen Regulierungsbelastungen in Grenzen zu halten. Engin Eroglu von den Freien Wählern verwies darauf, dass die Regulierung aktuell nur auf einer ungenügenden Datenbasis zu KMU und kleinen Banken erfolge.

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