ENDE DER GEWISSHEITEN

Neue Allianzen im Brokergeschäft

Finanzmarktrichtlinie schiebt Internationalisierung im deutschen Markt an

Neue Allianzen im Brokergeschäft

Von Anna Sleegers, FrankfurtWas als Anlegerschutz gedacht war, führt zu einer Internationalisierung des deutschen Bankenmarktes durch die Hintertür. Weil sich unter der Finanzmarktrichtlinie Mifid II das Geschäft mit Wertpapierhandelsdienstleistungen immer weniger lohnt, suchen kleinere Brokerhäuser ihr Heil zum Teil als Juniorpartner größerer internationaler Plattformen oder in der Spezialisierung.Nach den neuen Spielregeln dürfen Kosten für Research und andere Beratungsdienstleistungen nicht mehr einfach an die Käufer von Fondsanteilen weitergegeben werden. Die großen Assetmanager haben diese Veränderung zum Anlass genommen, die eigenen Kostenstrukturen unter die Lupe zu nehmen. Einige reduzierten die Zahl ihrer Wertpapierdienstleister massiv und nutzten die Gespräche über die künftigen Gebührenstrukturen, um deutliche Preisnachlässe auszuhandeln.Im Kommissionsgeschäft sind die Margen nach Angaben von Marktteilnehmern um 50 bis 60 % gesunken. Diesen Preiskampf haben vor allem die großen “Vollsortimenter” mitmachen können, also die Broker-Einheiten der großen Banken. Dank der Skaleneffekte verkraften sie den Margendruck besser als unabhängige Broker. Zudem sehen sie das Brokerage auch als Türöffner für das umkämpfte Firmenkundengeschäft.Die Anbieter der zweiten und dritten Reihe sind dagegen gezwungen, ihr Geschäftsmodell zu überdenken. So entschied etwa die Hamburger Privatbank Berenberg vor einigen Wochen, den Rotstift im Aktiengeschäft anzusetzen. Der Wegfall von etwa 50 Stellen betrifft vor allem den Research-Bereich. Der war zuvor kräftig ausgebaut worden: Um Marktanteile zu gewinnen, hatte Berenberg die Zahl der Analysten nach eigenen Angaben seit Beginn des Jahrzehnts auf 130 in etwa verdoppelt.Auf die lange Phase des intensiven Wachstums folgte nach Darstellung der Berenberg Bank eine Bestandsaufnahme. Die Erkenntnis: Die Kunden sind immer weniger bereit, für Sektorbetrachtungen zu bezahlen. Das Interesse an Research zu einzelnen Werten sei dagegen nach wie vor hoch. Um die eigene Marktposition auch im drohenden Abschwung zu bewahren, trafen die Hamburger nach eigener Einschätzung als eine der Ersten in der Branche die Entscheidung, Kapazitäten abzubauen. Zukunftsmodell PlattformDavid Mortlock, Leiter Investment Banking der Hamburger Privatbank, möchte den Stellenabbau nicht als Abkehr von den ehrgeizigen Wachstumszielen verstanden wissen. Angesichts des schrumpfenden Markts in der Eurozone konzentriere sich Berenberg vielmehr darauf, das Wachstum im angelsächsischen Raum voranzutreiben. “Das bietet uns riesige Chancen”, sagt Mortlock mit Blick auf den Markt für Wertpapierdienstleistungen für Firmenkunden in Großbritannien und das US-Aktiengeschäft. In den USA sind dafür auch Neueinstellungen geplant: Die Zahl der Analysten soll sich in den kommenden fünf Jahren auf 50 verdoppeln.Auch andere Adressen streben nach Internationalisierung – wenn auch auf anderem Wege. So flüchtet das Frankfurter Brokerhaus Equinet in die Arme der norwegischen Investmentbank Pareto Securities. “Der Zusammenschluss ermöglicht uns nicht nur den Zugang zum nordeuropäischen Markt, sondern auch in die USA”, sagt Equinet-Vorstandschef Lutz Weiler der Börsen-Zeitung. Eine Perspektive, die sich Equinet aus eigener Kraft kaum hätte erschließen können. Pareto dagegen profitiere von der starken Marktposition ihrer Firma bei den mittelständischen deutschen Unternehmen.Das Frankfurter Brokerhaus Mainfirst hatte sich zunächst selbst mit der Übernahme des institutionellen Brokergeschäfts für europäische Aktien von Raymond James Financial in London und Paris verstärkt, bevor es sich unter die Fittiche der US-Investmentbank Stifel begab. Mainfirst-Vorstand Ebrahim Attarzadeh sagte der Nachrichtenagentur Bloomberg, dass er aufgrund der Ertragsschwäche in den kommenden Monaten mit weiteren Übernahmen in der Branche rechnet.Genau die entgegengesetzte Richtung schlägt die Seydler Bank ein, die bis vor kurzem zum französischen Finanzkonzern Oddo BHF gehörte. Der 60 Mitarbeiter zählende Broker will unter dem Dach der Beteiligungsgesellschaft Obotria Investment von Rolf Elgeti als Investmentbank für kleinere und mittlere Unternehmen sein Glück versuchen. Bankchef und Miteigentümer René Parmantier ist angetreten, um das unter Oddo weitgehend zurückgefahrene Kapitalmarktgeschäft der Seydler Bank wiederzubeleben.Um die Kunden mit bezahlten Research-Dienstleistungen zu versorgen, kooperiert die Seydler Bank mit der neu gegründeten FMR Frankfurt Main Research AG des ehemaligen Oddo-BHF-Analysten Marcus Schilbe. Der einstige Spezialist für Medien-, Telekommunikations- und Internetaktien plant darüber hinaus auch ideengetriebenes Research über Spezialthemen, Branchen und Einzelaktien für Investoren.