IM PORTRÄT

Neue Handschrift

DWS-Manager Tim Albrecht setzt nach dem Weggang von Aktienchef Henning Gebhardt eigene Akzente. So sei es in der Firma üblich, sagt er. Von Jan Schrader Auch das noch! Seit Monaten bereits liefen die Anleger der Fondstochter der Deutschen Bank...

Neue Handschrift

DWS-Manager Tim Albrecht setzt nach dem Weggang von Aktienchef Henning Gebhardt eigene Akzente. So sei es in der Firma üblich, sagt er.Von Jan SchraderAuch das noch! Seit Monaten bereits liefen die Anleger der Fondstochter der Deutschen Bank davon, Milliarden flossen ab, und auch Produkte der Marke DWS wurden von den Anlegern vielfach gemieden. Ausgerechnet jetzt gab Henning Gebhardt, langjähriger Fondsmanager, globaler Aktienchef, Mitglied der Geschäftsführung und Chief Investment Officer für Europa, Afrika und den Nahen Osten, seinen Weggang bekannt. Für die Deutsche Asset Management, wie das Fondshaus der Deutschen Bank heute heißt, kam die Bekanntgabe des Weggangs Anfang September 2016 zur Unzeit. Früher hätte der Weggang eines Schwergewichts wie Gebhardt noch in eine Katastrophe münden können, sagt Fondsmanager Tim Albrecht. Der 44-Jährige folgte Gebhardt, der zum Jahresbeginn als Anlagechef zur Hamburger Privatbank Berenberg wechselte, an die Spitze der beiden Milliardenfonds “Aktien Strategie Deutschland” und “Investa” – und managt diese neben dem “DWS Deutschland” und einer kleineren Variante “Deutsche Invest German Equities”. Die Gesellschaft lebt von der Bekanntheit ihrer Fondsmanager, von Kalibern wie Klaus Kaldemorgen, der hinter dem nach ihm benannten Mischfonds “Deutsche Concept Kaldemorgen” steht, Thomas Schüßler, der das Dickschiff “Top Dividende” verantwortet, und Andre Köttner, der den “Vermögensbildungsfonds I” steuert. Doch während sich die DWS einst als eigenständiges Haus noch stärker als heute auf das Können einzelner Fondsmanager verließ, hat die spätere Zusammenlegung mit anderen Vermögensverwaltungseinheiten der Deutschen Bank die DWS stärker in gemeinsame Investmentprozesse eingebunden, wie Albrecht erzählt. Ähnlich wie in anderen Fondshäusern diskutieren die führenden Köpfe und Experten in der Gesellschaft die globalen Marktaussichten, ehe die einzelnen Teams die Folgen für ihren Bereich abschätzen und über eine mögliche Auswahl der Titel sprechen. Erst danach kommen die Fondsmanager zum Zug und justieren das Portfolio. Dabei bleibe aber Freiraum, betont Albrecht. “Am Ende des Tages muss ein leitender Portfoliomanager für das Produkt verantwortlich sein.” Jeder Fondsmanager habe eine eigene Handschrift.Das hat Folgen auch für die von ihm übernommenen Fonds. Gebhardt sei mitunter risikofreudiger gewesen und habe Aktientitel schon mal länger gehalten, während er selbst stärker dazu tendiere, eine Position nach guter Entwicklung zu verkaufen oder zu reduzieren. Nicht mehr ganz so viel Vollgas nach oben, mehr Airbag – so beschreibt Albrecht seinen Stil für den “Aktien Strategie Deutschland” im Vergleich zu Gebhardt. Der Fonds, der auf Nebenwerte und Wachstumstitel setze, bleibe seiner Linie aber grundsätzlich treu, es gehe um “Feintuning” und nicht um einen Schwenk der Strategie. Auch der “Investa”, der wiederum auf grundsolide Großkonzerne setzt, verfolge das bisherige Konzept. Der “DWS Deutschland”, der für ihn beinahe wie ein Kind sei, positioniere sich zwischen den beiden Fonds und enthalte “Dickschiffe und Nebenwerte”. Ein Fondshaus, viele DenkschulenDie Freiheit der Portfoliomanager geht bei der DWS so weit, dass sich die Ansätze der Fondskapitäne mitunter widersprechen. Albrecht gibt an, möglichst viele Informa­tionen auswerten zu wollen. “Um uns gegenüber der Konkurrenz und natürlich auch gegenüber den ETF behaupten zu können, müssen wir alle Register ziehen, die wir haben.” Damit verfolgt er eine an­dere Philosophie als sein Kollege Andre Köttner, der sich für den global investierenden “Vermögensbildungsfonds I” noch stärker auf die Lage der Unternehmen konzentriert und andere Punkte weitgehend ausblendet – um nicht eine zu große “Gleichung mit vielen Variablen” lösen zu müssen, wie er sagt. Albrecht wiederum gibt an, dass viele Informationen an den Börsen von Investoren und Fondsmanagern zunehmend besser erkannt würden – folglich darf, so die naheliegende Schlussfolgerung, kein Pfad gänzlich ungenutzt bleiben. An den unterschiedlichen Ansätzen in einem Haus stört sich Albrecht nicht. “Wenn wir alle eine Meinung hätten und die gleiche Philosophie, dann bestünde die Gefahr, dass wir in eine Richtung laufen.”Als Fondsmanager hat Albrecht eine gute Reputation aufgebaut, denn sein Stammfonds “DWS Deutschland” hat sich rückblickend überdurchschnittlich entwickelt. Das Analysehaus Morningstar hat Albrecht seit seinem Antritt als Fondsmanager 2002 “herausragende Ergebnisse” bescheinigt. Eine gezielte Steuerung der Aktienquote in verschiedenen Marktphasen, die Auswahl gewinnbringender Branchen sowie erfolgreicher Einzeltitel haben aus seiner Sicht zu jeweils ähnlichen Anteilen zu der Mehrleistung des Fonds beigetragen. Den zuvor von Gebhardt geführten “Aktien Strategie Deutschland” hat Morningstar unter Beobachtung gesetzt, stuft das Produkt aber wie den “DWS Deutschland” mit fünf Sternen rückblickend ebenfalls sehr hoch ein. Der “Investa” zeigte sich bislang mit vier Sternen moderat überdurchschnittlich. Doch wie gut ein Fondsmanager sei, zeige sich vor allem in turbulenten Marktphasen mit fallenden Kursen, sagt Albrecht. Dann gelte es, Nerven zu bewahren und mögliche Fehlannahmen rechtzeitig zu erkennen. “Die Spreu trennt sich immer dann vom Weizen, wenn wir an den Märkten eine Baisse erleben”, sagt der Manager, der bei der DWS kurz nach der Jahrtausendwende das Platzen der Dotcom-Blase miterlebt hatte. Auch die beiden Vize-Manager, Christoph Ohme für den “DWS Investa” und Hansjörg Pack für den “DWS Aktien Strategie Deutschland”, sollen sich noch bewähren, ehe sie endgültig als leitender Manager für den jeweiligen Fonds die Rolle von Albrecht übernehmen. Der Bankkaufmann und Betriebswirt bestreitet, dass ihn die Steuerung der insgesamt vier Fonds mit einem Volumen von mehr als 14 Mrd. Euro überfordere. Viele Entscheidungen überlasse er bereits seinen beiden Vertretern, sagt er. Wann genau die beiden Vize-Manager die Fonds übernehmen sollen, verrät Albrecht nicht.Mittlerweile geht es der Deutschen Asset Management besser: Zogen die Anleger 2016 noch 41 Mrd. Euro aus den Fonds der Gesellschaft ab, fiel im Startquartal 2017 ein Plus von 5 Mrd. Euro an. Auch für Albrechts Fonds zeichnet sich keine anhaltende Anlegerflucht ab. Der Wechsel Gebhardts ist offenbar verkraftbar.—– 14,5 Mrd. Euroverwaltet DWS-Fondsmanager Tim Albrecht. Seit 2002 steuert er bereits den “DWS Deutschland”, der auf ein Fondsvolumen von 6,9 Mrd. Euro kommt, später kam ein Ableger der Strategie mit heute rund 650 Mill. Euro hinzu. Nachdem der Aktienchef und langjährige Fondsmanager Henning Gebhardt Ende 2016 zur Privatbank Berenberg wechselte, übernahm Albrecht den Nebenwerte- und Wachstumstitelfonds “DWS Aktien Strategie Deutschland” (2,9 Mrd. Euro) sowie den defensiven “DWS Investa” (4,0 Mrd. Euro). Mittelfristig sollen die Produkte federführend von den Vize-Verantwortlichen Hansjörg Pack und Christoph Ohme gesteuert werden.