TXSE erhält Zulassung

Neue Texas-Börse bläst zur Attacke auf die Wall Street

Die US-Wertpapieraufsicht SEC hat den Weg für Aktienlistings an der neuen Börse TXSE geebnet. Nyse und Nasdaq müssen sich damit auf härtere Konkurrenz gefasst machen.

Neue Texas-Börse bläst zur Attacke auf die Wall Street

Neue Texas-Börse bläst zur Attacke auf die Wall Street

Aufsicht SEC lässt Konkurrenten für New York Stock Exchange und Nasdaq zu – Unternehmen zeigen sich zunehmend an Südstaat interessiert

Die US-Wertpapieraufsicht SEC hat den Weg für Aktienlistings an der neuen Börse TXSE geebnet. Der texanische Anbieter will von seiner Position an einem boomenden Standort und Rückendeckung durch Finanz-Schwergewichte profitieren. Nyse und Nasdaq müssen sich auf härtere Konkurrenz einstellen.

xaw New York

Dallas bläst zum Angriff auf die New Yorker Kapitalmarkt-Dominanz. Denn die in der Südstaaten-Metropole ansässige, im vergangenen Jahr angekündigte Texas Stock Exchange (TXSE) hat in der laufenden Woche eine wichtige Hürde genommen: Die US-Wertpapieraufsicht SEC hat ihr die Zulassung als Börse erteilt – und ihr damit den Weg für Aktien-Listings geebnet. Der neue Anbieter will damit ab dem kommenden Jahr um IPOs konkurrieren.

Boomender Standort

Die TXSE will damit den Status von Texas als boomender Geschäftsstandort ausnutzen. Die Idee für die neue Börse kam laut ihrem Vorstandschef James Lee auf, als sich eine wachsende Zahl von Managern über zunehmend komplexere Regularien an der New York Stock Exchange (Nyse) und der Nasdaq beschwerten. Der junge Konkurrent will einen vollständig elektronischen Handel anbieten, aber vor allem im Markt für Erst- und Zweitnotizen attackieren – und damit im eigentlich lukrativen Teil des Börsengeschäfts, in dem die Nyse und Nasdaq bislang dominant sind und der den beiden New Yorker Riesen und ihren Betreibergesellschaften – der Intercontinental Exchange und das Nasdaq, Inc. – seit Jahren konstant steigende Erlöse beschert. 

Der New York Stock Exchange blüht härterer Wettbewerb.
Der New York Stock Exchange blüht härterer Wettbewerb.
picture alliance / ZUMAPRESS.com | Jimin Kim

Damit schlägt die TXSE in die gleiche Kerbe wie die Investors Exchange oder die als Optionsbörse bekannte CBOE Global Markets. Diese haben bei ihren Versuchen, in den Markt für Aktiennotizen vorzustoßen, bisher zwar nur bescheidene Fortschritte erzielt. Auch ist es für neue Börsen schwierig, substanzielle Trading-Volumina anzuziehen, weil globale Investoren an den geschäftigsten und damit liquidesten und effizientesten Handelsplätzen aktiv sein wollen.

Machtverhältnisse in Bewegung

Allerdings geht die TXSE zu einem Zeitpunkt an den Start, zu dem sich die Machtverhältnisse in Corporate America so stark verschieben wie lange nicht. Texas ist inzwischen Heimat von mehr Mitgliedern der Fortune 500 als jeder andere Bundesstaat und schickt sich an, als Bankenzentrum sogar New York Konkurrenz zu machen. Zu verdanken hat das Land der Cowboys, Rinder und Ölbohrtürme seine massiven Statusgewinne den niedrigen Steuern, einer unternehmensfreundlichen Rechtsprechung und einer harten und noch zunehmenden gesellschaftlichen Spaltung in den USA.

Im vergangenen Jahr verkündete der Ölriese Chevron beispielsweise nach fast 150 Jahren seinen Abschied vom Hauptstandort Kalifornien. Zu sehr hätten die Demokraten in Sacramento den Konzern mit ihrer Energie- und Klimaschutzpolitik genervt, ließ CEO Mike Wirth durchblicken. Bereits im Januar hatte Chevron das „zunehmend feindliche regulatorische Umfeld“ in Kalifornien für eine Wertminderung ihrer Assets um 3,5 bis 4 Mrd. Dollar verantwortlich gemacht, nachdem Rechtsstreitigkeiten die Raffinerieinvestments in dem Westküstenstaat gebremst hätten. Chevron zog nach Houston, in unmittelbare Nähe des größten Rivalen ExxonMobil.

Steuervorteile locken

Seit 2015 sind nun mehr als 300 große Unternehmen nach Texas umgezogen, der Großteil davon kommt aus Kalifornien. Hintergrund ist auch, dass der Lone Star State eine Bruttoumsatz-, aber keine Körperschaftsteuer erhebt, während im Golden State Raten von 9% fällig werden. Davon will auch Elon Musk profitieren, der die Hauptsitze seiner Social-Media-Plattform X und seines Raumfahrtunternehmens SpaceX nach Texas verlegte. Gouverneur Greg Abbott unterzeichnete im laufenden Jahr zudem weitere Gesetze, die den Südstaat noch geschäftsfreundlicher machen sollen. Dadurch ist es schwieriger geworden, Verwaltungsräte von Unternehmen mit Rechtssitz in Texas zu verklagen. Zudem können börsennotierte Unternehmen mit Sitz oder Listing in Texas Vorstöße von unbequemen Minderheitsaktionären leichter zurückweisen.

Der texanische Gouverneur Greg Abbott baut seinen Staat als Wirtschaftsstandort aus.
Der texanische Gouverneur Greg Abbott baut seinen Staat als Wirtschaftsstandort aus.
picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Eric Gay

Gerade die Finanzbranche breitet sich in Texas zunehmend aus. Die Großbanken Goldman Sachs und Wells Fargo sowie der Broker Charles Schwab sind mit gewaltigen Büroprojekten am Start. Gemäß Daten des US-Bundesbüros für Arbeitsmarktstatistik ist die Beschäftigungszahl im texanischen Investment-Banking- und Wertpapiersektor in den vergangenen 20 Jahren um 111% in die Höhe geschossen, in New York steht im gleichen Zeitraum ein Zuwachs um 16%. J.P. Morgan verfügt im Land der Cowboys schon jetzt über mehr Mitarbeiter als im Empire State. Die CEO-Vereinigung Partnership for New York City warnte Ende September erneut eindringlich davor, dass Konkurrenz durch Standorte wie Dallas den Status des Big Apple als Weltfinanzhauptstadt gefährdeten.

Prominente Unterstützter

In diesem Umfeld hofft die TXSE darauf, dass ihre prominenten Geldgeber ihr Zulauf bescheren. Die neue Börse hat bereits 160 Mill. Dollar für ihre finanzielle Grundausstattung aufgenommen und beschafft sich laut Insidern gerade neue Mittel. Bisher haben unter anderem Charles Schwab, der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock sowie der Market-Maker-Riese Citadel Securities in den neuen Marktplatz investiert. Ebenfalls zu den Geldgebern gehören CEO Lee, Öl- und Erdgasunternehmer Paul Foster mit seiner in El Paso ansässigen Investmentfirma Franklin Mountain sowie Milliardär Kelcy Warren mit einer Gesellschaft aus seinem Firmengeflecht – die beiden letztgenannten Ultrareichen sind auch große Unterstützer von US-Präsident Donald Trump.

Eine Gesellschaft aus dem Imperium von Milliardär Kelcy Warren stützt die TXSE.
Eine Gesellschaft aus dem Imperium von Milliardär Kelcy Warren stützt die TXSE.
picture alliance / AP Photo | cdittmar|File|Filed|11/18/2016 8\53\32 PM, cdittmar|BinaryUpdate|PhotoShopped|11/18/2016 8\51\03 PM, John L. Mone

Die großen New Yorker Börsenbetreiber suchen der Bedrohung für ihr Duopol am IPO-Markt indes vor Ort zu begegnen. Die Nyse verlegte ihren 143 Jahre alten Ableger in Chicago im Februar nach Dallas. Der Riese von der Wall Street übernahm die 1882 gegründete Chicago Stock Exchange 2018. Dort läuft vor allem Hochfrequenzhandel, an dem sich Hedgefonds beteiligen. Die Nasdaq kreierte bereits 2024 die neue Position des Head of Listings für Texas, die südlichen USA und Lateinamerika, und besetzte ihn mit der aus dem Lone Star State stammenden Öl- und Gasveteranin Rachel Racz.

Nasdaq will gegenhalten

Auf Anfrage, ob dies eine Reaktion auf die TXSE-Pläne darstelle, teilte der Marktbetreiber vom New Yorker Times Square mit, es sei aufgrund der starken Kapitalformation, den vielen geschaffenen Jobs und des Wirtschaftswachstums „keine Überraschung, dass die Nasdaq auf Texas fokussiert ist“. Zudem arbeitet die Nasdaq daran, ihre Regularien für in New York notierte Unternehmen weniger komplex zu machen. Doch der Kampf um die Kapitalmarkt-Dominanz innerhalb Amerikas erhält nun neues Feuer.