IM INTERVIEW: REINHOLD HILBERS

Niedersachsen hält an Nord/LB fest

Aufsichtsratschef: Komplettverkauf wird nicht angestrebt - Gespräche über Kapitalzufuhr dauern an

Niedersachsen hält an Nord/LB fest

– Herr Hilbers, ist die Nord/LB mit der vollständigen Übernahme der Bremer Landesbank zum Sanierungsfall geworden?Im Gegenteil: Durch die vollständige Übernahme der Bremer Landesbank ist die Nord/LB in der Lage, erhebliche Synergien zu heben. Die Bank hat ihr Kapital nachhaltig gestärkt und war im Jahr 2016 sogar in der Lage, einen Verlust von fast 2 Mrd. Euro vollständig und ohne fremde Hilfe zu verarbeiten. Zugleich erfüllt die Bank auch weiterhin vollständig und deutlich alle aufsichtsrechtlichen Anforderungen. Darüber hinaus ist sie im Geschäftsjahr 2017 wieder in die Gewinnzone zurückgekehrt und konnte die Kapitalquoten erhöhen. Die Bank ist also weit davon entfernt, ein Sanierungsfall zu sein.- Die Last durch notleidende Kredite ist enorm, die Kapitaldecke dünn. Warum konnte die Bremer Landesbank so lange an der langen Leine laufen?Ich vermag nicht zu bestätigen, dass der Bremer Landesbank eine lange Leine gelassen wurde, aber die Bremer Landesbank war eine rechtlich selbstständige Konzerntochter der Nord/LB, deren Geschäftspolitik sehr stark von Personen geprägt wurde, die ihre Interessen eher in Bremen gesehen haben. – Lehrt die Bremer Landesbank nicht, dass sich der Staat als Träger und Kontrolleur von Geschäftsbanken fernhalten sollte?Nein, denn es kommt nicht darauf an, wer es macht, sondern wie es gemacht wird. Leider gibt es ja auch genügend Beispiele von sanierungsbedürftigen Banken, die nicht dem öffentlichen Lager zuzuordnen sind.- Die LBBW, BayernLB und Helaba kommen nach dem Jahr 2017 auf harte Kernkapitalquoten von mehr als 15 %, die Nord/LB auf 12,2 %. Welches Niveau halten Sie für das künftige Geschäftsmodell der Nord/LB für angemessen?LBBW und BayernLB haben höhere Kernkapitalquoten, weil deren Träger 2009 frisches Eigenkapital in Milliardenhöhe zugeführt hatten. Die harte Kernkapitalquote der Nord/LB hat sich im Jahr 2017 dagegen aus eigener Kraft von 10,5 % auf 12,2 % gesteigert. Damit erfüllt die Nord/LB alle aufsichtsrechtlichen Anforderungen. Wir arbeiten gemeinsam mit der Nord/LB daran, die Kapitalquoten weiter zu erhöhen, um den wachsenden externen Herausforderungen sowohl mit Blick auf Ratings als auch weiter steigenden aufsichtsrechtlichen Anforderungen gewachsen zu sein.- Wie groß ist der Kapitalbedarf der Nord/LB in Anbetracht steigender regulatorischer Anforderungen und der Einschätzung von Ratingagenturen? Sind 3 Mrd. Euro realistisch?Die Nord/LB hat akut keinen Kapitalbedarf und die verschiedensten Zahlen, die derzeit kursieren, sind reine Spekulation. Daran werde ich mich nicht beteiligen. Es geht darum, die Kapitalquote der Bank zu stärken. Dies kann auf unterschiedlichste Arten geschehen. Hierzu führen die Nord/LB und ihre Träger Gespräche, in den unterschiedlichste Optionen und Modelle durchgespielt und intensiv geprüft werden. Es gibt bislang keine Festlegungen und keine Entscheidungen.- Wer kommt aus Ihrer Sicht als Geldgeber in Frage?Auch dies ist Inhalt der Gespräche zwischen Bank und ihren Trägern. Wie ich bereits sagte, werden verschiedene Optionen und Modelle diskutiert und geprüft. Die Öffnung der Bank für privates Kapital ist dabei eine Option, die nicht ausgeschlossen ist. Aber auch hier gilt: Es gibt noch keine Entscheidungen.- Wie kann ein EU-Beihilfeverfahren mit Auflagen für die Nord/LB vermieden werden?Über mögliche Auswirkungen von noch nicht beschlossenen Maßnahmen werde ich nicht spekulieren.- Sehen Sie unter staatlichen Banken in der Europäischen Union mit Kapitalbedarf ein Beispiel, wie eine Kapitalmaßnahme möglich wäre, ohne ein Beihilfeverfahren auszulösen? Mir ist zum Beispiel der Fall der Caixa Geral de Depósitos in Portugal bekannt. Die Caixa Geral de Depósitos hat eine vom portugiesischen Staat getragene Kapitalerhöhung durchgeführt, ohne dass es sich, soweit ich das beurteilen kann, um einen Beihilfefall handeln soll.- Wird Niedersachsen langfristig mehrheitlich an der Nord/LB beteiligt bleiben? Oder ist die Nord/LB nach dem Verkauf der HSH Nordbank auch ein Übernahmekandidat? Die Nord/LB ist kein Übernahmekandidat. Dazu ist sie viel zu stark. Die Nord/LB erfüllt eine wichtige Aufgabe für den Mittelstand. Ein Komplettverkauf der Bank wird nicht angestrebt.- Muss die Nord/LB aufgespalten werden?Nein, aber auch diese Frage gehört zu dem Bereich der Spekulationen, an denen ich mich nicht beteilige. Ich bitte um Verständnis. – Wird die Nord/LB die Rechtsform einer Aktiengesellschaft annehmen, um eine Beteiligung privater Investoren zu ermöglichen?Es gibt noch keine Entscheidungen. Es gibt aber auch keine Denkverbote. – Was spricht dafür, dass eine Kapitalstärkung durch das Land Niedersachsen und eine anschließende Teilprivatisierung mit dem Einstieg von Finanzinvestoren das wahrscheinlichste Szenario ist?Derzeit gar nichts.- Warum haben Sie sich als Träger dagegen entschieden, die Deutsche Hypothekenbank zu verkaufen? Muss oder sollte die Nord/LB nicht deutlich schrumpfen?Die Bank und die Träger haben diese Entscheidung nach intensiver Prüfung gemeinsam getroffen und sich bewusst für den Verbleib der Deutschen Hypo im Konzern entschieden. Die Deutsche Hypo ist ein ertragsstarker Konzernbestandteil der Nord/LB. Einer möglichen Kapitalentlastung durch einen Verkauf standen einfach die stabilen und nachhaltigen Erträge entgegen. Das war eine strategische Entscheidung. Aber es ist richtig, dass der Nord/LB-Konzern durch das Projekt “One Bank” weniger komplex werden soll.- Wie kann die Nord/LB in Zukunft ausreichend Erträge erwirtschaften, um ihr Eigenkapital aus eigener Kraft zu stärken?Die Beantwortung dieser Frage liegt in dem Programm “One Bank” sowie weiteren strategischen Entscheidungen, die derzeit Bank und Träger prüfen.- Es steht ein europäischer Bankenstresstest an. Die Ergebnisse sollen im Herbst vorliegen. Bis wann muss aus Ihrer Sicht feststehen, wie das Kapitalpolster der Nord/LB gestärkt werden kann?Welche Anforderungen im Bankenstresstest erfüllt werden müssen, steht noch nicht fest. Ich sehe keinen konkreten Termin, zu dem über Kapitalfragen der Bank entschieden werden muss.—-Das Interview führte Carsten Steevens.