„Notwendig ist ein Paradigmenwechsel in der EU-Bankenregulierung“
„Notwendig ist ein Paradigmenwechsel in der EU-Bankenregulierung“
„Notwendig ist ein Paradigmenwechsel“
Deutsche Kreditwirtschaft legt Brüssel einen Plan zur radikalen Entschlackung der Bankenregulierung vor – Beifall für die Schaffung eines Kleinbankensystems
ahe/fed Berlin/Brüssel
Deutsche Privatbanken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken machen sich in Brüssel gemeinsam für eine radikale Entschlackung der europäischen Finanzmarktregulierung stark. Notwendig sei „ein Paradigmenwechsel“, stellt die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) in einem 30-seitigen Positionspapier fest, das in den kommenden Tagen veröffentlicht werden soll. „Nur so kann Europa im internationalen Wettbewerb bestehen, ohne die erreichte Stabilität aufs Spiel zu setzen.“
Erster Schritt: ein Regulierungsmoratorium
Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken (BdB), des diesjährigen Federführers der DK, sagte hierzu zur Börsen-Zeitung, es brauche jetzt eine Regulierung, die einfacher, effizienter und international anschlussfähig sei. „Wer Finanzstabilität will, darf Regulierungseffizienz nicht opfern“, stellte Herkenhoff klar und verwies auf das Nebeneinander zahlreicher Aufsichtsbehörden, Kapitalpuffer und Backstop-Regimen, das nach seiner Einschätzung eine Bürokratie von undurchschaubarer Komplexität geschaffen hat. „Weniger Komplexität bedeutet mehr Zukunftsfähigkeit.“
Die DK legte in ihrem Positionspapier eine konkrete Liste von Gesetzen und Vorgaben vor, die geändert oder ganz abgeschafft werden könnten. Die Banken sprechen sich dabei zunächst für ein Regulierungsmoratorium aus, stellen aber zugleich klar, dass sie die risikobasierte Regulierung grundsätzlich beibehalten wollten, inklusive der Möglichkeit, interne Modelle zu nutzen. Auch gehe es bei den Vorschlägen nicht um Deregulierung. Soweit einzelne Vorschläge zu spürbarer Reduktion von Kapitalanforderungen führten, sei eine Gesamtkalibrierung notwendig. Auch die Baseler Vorgaben sollten „Orientierungspunkt“ bleiben – jedoch mit Raum für eine europäische Ausgestaltung.
Weniger Detailvorgaben
Für den künftigen Kapitalrahmen regt die DK konkret an, den Systemrisikopuffer abzuschaffen, den sogenannten O-SII-Puffer europaweit zu harmonisieren und ganz grundsätzlich das gesamte Kapitalpufferkonzept zu vereinfachen. Vorgeschlagen wird in diesem Zusammenhang etwa die Einführung eines frei setzbaren Kapitalpuffers, den die zuständigen Aufseher festsetzen könnten. Auch das derzeitige Nebeneinander von Output Floor und Leverage Ratio ist der Deutschen Kreditwirtschaft ein Dorn im Auge. Eines der Sicherheitsnetze sollte ihrer Ansicht nach abgeschafft werden.
Eine wesentliche Stellschraube bei der geforderten Neuausrichtung der Regulierung sehen die Institute in der derzeitigen Komplexität des fragmentierten Aufsichtssystems. Stetig neue Vorgaben des Single Supervisory Mechanism (SSM), der Bankenaufsichtsbehörde EBA und anderer Behörden erhöhten die operativen Kosten erheblich, schränkten strategische Freiräume ein und untergrüben die Profitabilität, wird kritisiert. Die DK verwies in diesem Zusammenhang insbesondere auf die fehlende Gesamtverantwortung der Behörden und eine unzureichende Koordination zwischen europäischen und nationalen Aufsehern.
Unterstützung für ein Kleinbankenregime
Als grundsätzlich problematisch sehen die deutschen Banken auch die wachsenden Vorgaben an, die nicht aus der eigentlichen EU-Gesetzgebung stammen. Die Regelsetzung auf Level II und Level III habe mittlerweile ein Eigenleben entwickelt, hieß es. Die schiere Zahl dieser Rechtsakte sei „nicht mehr handhabbar“. Auch die Offenlegungsregeln lassen sich laut DK verschlanken – etwa durch den kompletten Verzicht auf einen separaten Säule-3-Bericht. Dieser wird den Erfahrungen der Banken und Sparkassen zufolge ohnehin kaum genutzt.
Unterstützung kam von der Deutschen Kreditwirtschaft – und damit auch vom BdB – für die Idee, ein Kleinbankenregime einzuführen. Bundesbank und BaFin hatten jüngst mit einem Arbeitspapier eine Debatte über ein solches Regime losgetreten. Dieser Ansatz „sollte weiterverfolgt werden“, findet die DK.
Mehr Proportionalität nötig
Kleine Institute seien mit dem „überkomplexen Regelungsgeflecht“ unverhältnismäßig belastet und überlastet. In einem Kleinbankenregime könnten kleinere Banken von der Berechnung risikobasierter Kapitalanforderungen und Säule-2-Zuschläge befreit werden. Zudem können sie dann auch bei Liquiditätsvorgaben, Vergütungsregeln, im Meldewesen oder auch bei den Offenlegungsregeln Erleichterungen erhalten.
Zur Begründung für ihren Vorstoß für eine grundsätzliche Überarbeitung der europäischen Finanzmarktregulierung verwies die DK darauf, dass seit der Finanzkrise zwar die Stabilität des Systems gestärkt wurde, dies jedoch auf Kosten von Effizienz, Profitabilität und Wettbewerbsfähigkeit gegangen sei. Eine Reform könne Ertragskraft und Geschäftstätigkeit von Banken in Europa wieder erhöhen.
Die Deutsche Kreditwirtschaft fordert eine radikale Entschlackung der EU-Finanzmarktregulierung und legt Brüssel konkrete Vorschläge vor, welche Vorgaben ihrer Ansicht nach gestrichen werden könnten. Im Fokus stehen dabei unter anderem der komplexe Aufsichtsrahmen und die Kapitalanforderungen.
