Pfandbriefeigenemission übertrifft die Erwartungen
Auch kleine und mittelgroße Banken können sich über Pfandbriefeigenemissionen betriebswirtschaftlich sinnvoll eine verlässliche und krisensichere Refinanzierungsquelle erschließen. Die PSD Bank Nürnberg eG hat das als eine der ersten genossenschaftlichen Primärbanken bewiesen.Drei Hauptgründe können für die Eigenemission von Hypothekenpfandbriefen sprechen: Ein gegenüber den Kundeneinlagen überproportional wachsendes Kreditgeschäft, die aufgrund der Zinssituation unter Druck geratende Anlageseite und die zunehmende Fristeninkongruenz zwischen Aktiv- und Passivseite. Gut laufenden langfristigen Baufinanzierungen stehen immer weniger Kundeneinlagen mit entsprechend langen Laufzeiten gegenüber. Der Refinanzierungsbeitrag der klassischen Kundeneinlagen reicht in der aktuellen und wohl noch länger andauernden Marktsituation nicht mehr aus, zusätzliche Refinanzierungsquellen sind erforderlich.Pfandbriefe können helfen, steigende Zinsänderungsrisiken zu begrenzen. Für eine regional tätige Privatkundenbank, die über ein großes Baufinanzierungsvolumen verfügt, liegt es nahe zu prüfen, ob die formalen, organisatorischen, prozessualen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für dieses Geschäftsfeld erfüllt oder erfüllbar sind. Diese Prüfung hat die PSD Bank Nürnberg im Rahmen einer Machbarkeitsstudie mit Unterstützung des Verbandes der PSD Banken im Jahr 2012 vorgenommen. Das Ergebnis war positiv: Grundsätzlich sind auch genossenschaftliche PSD Banken in der Lage, ihre Refinanzierungsbasis mit Pfandbriefeigenemissionen zu stärken.Die sich anschließende Wirtschaftlichkeitsberechnung steckte die Mindestanforderungen ab: Der projektmäßige Alleingang jedes Hauses war den Alternativen Pooling und Gründung einer gemeinsamen Pfandbriefbank wirtschaftlich überlegen. Im Business Case waren etwa 50 Mill. Euro Emissionsvolumen p.a. erforderlich, um das Geschäftsfeld profitabel und sinnvoll zu etablieren. Die Bank strebte zu dem Zeitpunkt ein jährliches Baufinanzierungsneugeschäft in Höhe von 350 Mill. Euro an, von dem erfahrungsgemäß rund zwei Drittel deckungsstockfähig sind: Voraussetzungen erfüllt, Wirtschaftlichkeit bestätigt – im Mai 2014 startete das Projekt “Pfandbriefeigenemission”.Der rote Faden der Projektarbeit wurde vom Zulassungsprozess gesponnen: Pfandbriefe dürfen ausschließlich von Kreditinstituten emittiert werden, für die Erlaubnis ist eine Erweiterung der Banklizenz erforderlich. Die Bankenaufsicht stellt hohe Anforderungen an Prozesse und Strukturen, verlangt geeignete Regelungen für ein Risikomanagement mit einem Fokus auf den Deckungsstock und den Pfandbriefumlauf. Die Beantragungsunterlagen müssen einen die Nachhaltigkeit des Pfandbriefgeschäfts belegenden Geschäftsplan und eine Geschäftsfeldrechnung enthalten. Es zeigte sich, dass der Zulassungsprozess nicht nur inhaltlich die Projektmeilensteine vorgibt, sondern auch zeitlich den Rahmen absteckt: Von Antragstellung bis zur Erlaubniserteilung vergingen 15 Monate.Externe Begleitung fachkundiger Berater ist in diesem Prozess erfolgsentscheidend. Das PSD-Projekt begleiteten ein Berater zum Thema Prozessanpassungen im Kreditbereich und andere mit IT- beziehungsweise betriebswirtschaftlichem Schwerpunkt zu den Teilprojekten Deckungsstockverwaltung, Risikomanagement und Reportingprozesse. Intern ist die frühzeitige Integration aller betroffenen Wertschöpfungsstufen in das Pfandbriefprojekt wichtig. Das sind mindestens Vertreter des Kreditbereiches, des Treasury, des Controlling und der IT-Abteilung. Noch NeulandStichwort IT: Noch ist das Eigenemissionsgeschäft mit Pfandbriefen für Genossenschaftsbanken neu, und die Infrastruktur des genossenschaftlichen Rechenzentrums bietet dazu keine Standardprozesse an. Vieles muss daher selbst erstellt, einiges mit manuellen Lösungen bearbeitet werden. Auch dies ein Grund dafür, dass die PSD Bank Nürnberg ausschließlich Namenspfandbriefe an institutionelle Anleger als Investoren emittiert. Die niedrigeren Formalanforderungen der Namenspfandbriefe gegenüber den Inhaberpapieren und die größeren Investitionsvolumina institutioneller Investoren bringen erhebliche prozessuale Erleichterung bei der Abwicklung mit sich. Auch ermöglichen Namenspfandbriefe individuelle Emissionen für jeden Investor. AnpassungserfordernisseZwar gibt es eine Vielzahl von Bewilligungsvoraussetzungen zum Betrieb des Pfandbriefgeschäfts. Insbesondere ist die Angemessenheit des organisatorischen Aufbaus, der Ausstattung des Kreditinstitutes und der Ausprägung des Geschäfts nachzuweisen. Die Bewertungsvorschriften und die Überwachung der zur Pfandbriefdeckung gebundenen Werte können aufbau- und ablauforganisatorische Anpassungen verlangen.Wichtig ist die umfassende Dokumentation der Prozesse und Pflichterfüllungen. Der Umfang der erforderlichen Anpassungen im Immobilienfinanzierungsprozess stellt sich jedoch in der Regel als nicht so dramatisch dar. Auch ohne Pfandbrieferlaubnis müssen die organisatorischen Voraussetzungen für das Immobilienfinanzierungsgeschäft dem aktuellen Stand der aufsichtsrechtlichen und gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Und auch wenn die Vorschriften des PfandBG für die antragstellende Bank neu sind, so bleiben die sich daraus ergebenden Anpassungserfordernisse vergleichsweise überschaubar.Für eine auf das Privatkundengeschäft fokussierte Bank, die hinsichtlich der Trennung von Markt und Marktfolge im Kreditgeschäft eigentlich Erleichterungen in Anspruch nehmen darf, ergeben sich aus dem Geschäftsfeld “Pfandbriefeigenemission” neue Herausforderungen. Die Erleichterungen gelten nicht mehr, prozessuale und strukturelle Anpassungen werden erforderlich. Auch der Status als “first mover” ist herausfordernd: Es gibt keine Blaupausen, an denen man sich in der genossenschaftlichen Finanzgruppe hätte orientieren können. Es ist ein Unter-schied, ob sich große Privatbanken dem Geschäftsfeld öffnen und unzähligen Marktbeispielen folgen oder ob eine mittelgroße Genossenschaftsbank als eine der ersten das tut. Die noch fehlenden Prozesse und Strukturen im Bereich der Rechenzentrumsunterstützung zeigen das.Der Zulassungsprozess bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ist komplex und langwierig, was bei der Geschäftsfeldrechnung und Jahresplanung angemessen berücksichtigt werden sollte. Erste Emissionen werden nicht eher als 18 bis 24 Monate nach Antragstellung erfolgen können. Auch das Marketing ist kein Selbstläufer, wenn Namenspfandbriefe für institutionelle Investoren emittiert werden sollen: Die werbewirksame Publizitätswirkung der Börsennotierung entfällt – das erhöht die Vertriebshürden für kleine und mittlere Häuser. Wir bedienen uns unter anderem externer Makler, die Angebot und Nachfrage bündeln und matchen. Hilfreich ist im Kontext Kommunikation und Marketing auch die Mitgliedschaft im Verband deutscher Pfandbriefbanken.Resümee – Im Jahr 2015 konnten wir die erste Pfandbriefeigenemission platzieren – seitdem ist ausreichend Zeit vergangen, um den Geschäftserfolg und die Sinnhaftigkeit zu bewerten. Die Wirtschaftlichkeit des Geschäftsfeldes ist gegeben und hat die Erwartungen noch übertroffen. Dem laufenden Aufwand von wenigen Basispunkten stehen, je nach Marktlage schwankend, deutliche Refinanzierungskostenvorteile im Vergleich zu einer fristengleichen ungedeckten Refinanzierung gegenüber. Die Eigenemissionen werden von unseren institutionellen Kunden aufgrund ihrer Sicherheit und Rendite geschätzt.Für die PSD Bank Nürnberg haben sie neue Möglichkeiten eröffnet, das Fristentransformationsrisiko zu optimieren. Sie sichern den strategisch wichtigen und nachhaltigen Liquiditätszugang für alle Laufzeiten und erschließen eine günstige Refinanzierungsquelle. Unter dem Strich also ein – wenn auch mit viel Mühe und Engagement erarbeitetes – Erfolgsprojekt für eine regional arbeitende Privatkundenbank.—Helmut Hollweck, Vorstandsmitglied der PSD Bank Nürnberg eG