IM GESPRÄCH: FRANK WITT

Pimco erwartet wenig Aufwand durch Brexit

Das eigene Fondsgeschäft wird davon kaum berührt - Erholung im weltweiten Geschäft kommt noch nicht in Deutschland an

Pimco erwartet wenig Aufwand durch Brexit

Brexit, Regulierung und Digitalisierung – auf all diese Herausforderungen reagiert die US-Fondsgesellschaft Pimco tiefenentspannt und macht dabei mehr Chancen als Risiken aus. Zumal es zuletzt im weltweiten Geschäft wieder besser lief, nachdem es nach dem Weggang von Bill Gross schwere Zeiten gegeben hatte.Von Silke Stoltenberg, FrankfurtDie US-Fondsgesellschaft Pimco blickt in eigener Sache dem bevorstehenden Austritt Großbritanniens aus der EU sehr gelassen entgegen. “Für unser Fondsgeschäft wird der Brexit, soweit derzeit absehbar, wenig ändern, wir sehen kaum Anpassungsbedarf”, zeigt sich Frank Witt im Gespräch mit der Börsen-Zeitung sehr entspannt bei diesem Thema. Er verantwortet seit einem Dreivierteljahr das Deutschlandgeschäft der Allianz-Tochter als Vorsitzender der Geschäftsführung, das immerhin mehr als 280 Mrd. Euro schwer ist.Da Pimco für das Geschäft außerhalb der USA als Standort der Fondsauflage Irland gewählt hat, sind nur wenige Aktivitäten in London betroffen, wenn die Briten die Union verlassen werden. “Es geht im Zweifelsfall wohl lediglich darum, bestehende und neue Verträge von Kunden, die bislang noch mit der Londoner Einheit Pimco Europe Limited bestehen, bei Bedarf auf Pimco Deutschland zu übertragen und somit eventuell das Rechtspersonal in München aufzustocken, aber von diesem administrativen Aufwand bekommen die Kunden nichts mit. Als Anfang 2012 die Pimco Deutschland GmbH startete, mussten wir auch viele Verträge ändern, was schon damals reibungslos verlief.”2012 hatte die Allianz ihre verschiedenen Assetmanagementeinheiten klarer zwischen Allianz GI und Pimco aufgeteilt. Dies hatte etwa für die deutsche Pimco den Verlust aller Publikumsfonds nach sich gezogen, die zu Allianz GI hinüberwanderten. Damals waren viele Töchter auf neue rechtliche Einheiten verschmolzen worden, um die Strukturen im Europa-Geschäft zu verschlanken. Von der Umstellung auf neue rechtliche Einheiten bekämen Kunden aber in der Regel wenig mit, das passiere im Hintergrund, so Witt. Gemessen an dem Aufwand im Jahr 2012 jedenfalls hält der 49-Jährige, der auch für die Geschäfte in Österreich, Schweiz, Belgien, Niederlande und Luxemburg zuständig ist, den zu erwartenden Aufwand wegen des Brexits für überschaubar. Chancen durch RegulierungAuch in anderlei Hinsicht zeigt sich Witt, der seit 2002 für Pimco arbeitet und seitdem als Geschäftsführer für das Deutschland- und Österreich-Geschäft verantwortlich ist, wenig aufgeregt: beim Thema Regulierung. “Da bereitet uns aktuell nichts besonders große Kopfschmerzen.” Im Gegenteil: “Die Regulierung wie Solvency II für die Versicherer oder Liquiditätsvorgaben für Banken eröffnet uns neue Geschäftschancen, denn diesen Bedarf können wir mit maßgeschneiderten Lösungen bedienen”, sagt Witt, der vor Pimco für Goldman Sachs und die Deutsche Bank gearbeitet hat.Natürlich sorgten auch Vorschriften wie die anstehende Märkterichtlinie Mifid II oder die neuen Produktinformationsblätter (Priips) für zusätzlichen (personellen) Aufwand bei Pimco. Mit eigenen Arbeitsgruppen oder zusammen mit externen Partnern begegne man solchen neuen Anforderungen. Aber offenkundig geht Pimco mit veränderten Vorgaben mit routinemäßiger Gelassenheit um. Zudem sind die Fondsanbieter in den Vorjahren auch schlimmeres gewohnt gewesen. Die aktuellen Neuerungen sind weniger aufwändig in der Vorbereitung als diejenigen der Vergangenheit.In erster Linie interpretiert Witt neue Vorgaben somit als Chance. So sei durch die neuen Abwicklungsvorgaben für Banken eine neue Assetklasse entstanden, die Bankennachranganleihen. “Bei diesem Thema waren wir einer der ersten Anbieter unter den Assetmanagern, unser Fonds ,Pimco GIS Capital Securities` wächst sehr stark und hat schon mehr als 7 Mrd. Dollar erreicht.” Der Pimco-Deutschlandchef geht davon aus, dass im Niedrigzinsumfeld dieses Angebot von den Investoren weiter stark nachgefragt sein wird. In Ruhe digitalisierenEbenfalls mehr als Chance denn als Bedrohung sieht Witt die Digitalisierung des Geschäfts. Im laufenden Jahr wird eine neue Customer-Relationship-Management-Software eingeführt, um die Prozesse effizienter zu machen. “Die Digitalisierung bietet uns Möglichkeiten für neue Vertriebskanäle, bessere Schnittstellen, ein zielgenaueres Reporting für die einzelnen Kunden sowie auf eine Verbesserung im Risikomanagement – aber derzeit steckt, insbesondere bei Themen wie Robo-Advice, vieles noch in den Kinderschuhen. Wir schauen uns an, welche Angebote sich entwickeln und entscheiden in Ruhe, was sinnvolle Neuerungen für uns sein könnten.”Grundsätzlich aber blickt die US-Gesellschaft eher pessimistisch in die Zukunft und erwartet in ihrem Konjunkturausblick, dass die Wahrscheinlichkeit einer globalen Rezession in den kommenden fünf Jahren bei 70 % liegt. Zur Begründung verweist Pimco auf die Abkehr der US-Notenbank Fed von der lockeren Geldpolitik und der anderen unterstützenden Maßnahmen, die zunehmenden Abwärtsrisiken für das Wachstum in China, die Risiken für die Stabilität der Eurozone und die nicht nur in den USA zunehmend protektionistische Handelspolitik. Gegen eine abschwächende Konjunktur könnten die Zentralbanken nur begrenzt mit Zinssenkungen reagieren, auch die Staaten könnten angesichts hoher Verschuldungsgrade wenig dagegen tun. Größter aktiver RentenfondsWegen der zunehmenden Unsicherheiten und des fortbestehenden Niedrigzinsumfelds greifen die Investoren bei Pimco seit geraumer Zeit am liebsten zum “Pimco Income”, der den Investoren aus verschiedenen Anleiheassets stetige Einnahmen verspricht. Mit dieser Ausrichtung hat er sich mit einem verwalteten Volumen von 82 Mrd. Dollar (Europa-Variante: 34 Mrd. Dollar) zum weltgrößten aktiv gemanagten Rentenfonds gemausert, nachdem das einstige Aushängeschild “Pimco Total Return” diesen Siegerplatz nach dem Weggang von Bill Gross und einhergehenden heftigen Abflüssen verloren hatte.”Die Abflüsse hingen aber nicht nur mit dem Weggang von Bill Gross zusammen, sondern auch mit den gestiegenen Zinsänderungsrisiken, die einen ,Total Return’-Ansatz für Investoren weniger attraktiv erscheinen ließen”, stellt Witt klar. Der “Income Fund” sei in allen Märkten, also auch in Deutschland, nun das mit Abstand gefragteste Produkt im Pimco-Angebot. Angesichts einer Rendite von zuletzt 6 % auf Jahressicht, einer kurzen Duration und einer niedrigen Volatilität werde sich das auch absehbar nicht ändern, blickt Witt nach vorn.Der Weggang von Gross bei Pimco beziehungsweise die Kundenflucht hatte die Gesellschaft seitdem schwer gebeutelt. Diese schweren Zeiten liegen nun hinter dem US-Fondsanbieter. Im ersten Quartal gab es wieder deutliche Zuflüsse von 21 Mrd. Euro von externen Kunden (abzüglich der Allianz-Gelder). Globale Strategien gefragtDiese positiven Zahlen sind indes in Deutschland noch nicht angekommen. Hier gab es in den ersten drei Monaten Abflüsse von rund 4 Mrd. Euro. Schwerpunkt ist hierzulande das institutionelle Geschäft mit Versicherern, Banken und Pensionsgeldern, nachdem die Publikumsfonds an die Schwester Allianz GI bei der Neugliederung 2012 abgegeben worden waren. Derweil kommen die Pimco-Publikumsfonds wieder auf knapp 7 Mrd. Euro, also 2 % vom gesamten verwalteten Vermögen.Grundsätzlich seien im laufenden Jahr globale Strategien gefragt. Die Investoren wollten weg aus Europa im Zuge der zunehmenden politischen Krisen in der Region, berichtet Witt. So werde etwa der “Pimco Global Bond Fund” aktuell gut gekauft, der in Europa nun auf 9 Mrd. Dollar kommt. Auch die riskanteren Hochzinsanleihen sowie Schwellenländerrentenpapiere stünden im Fokus.Noch ausbaufähig ist dagegen das vor zwei Jahren gestartete Aktienfondsgeschäft zusammen mit Research Affiliates. Diese Produkte werden nach einem regelbasierten Ansatz gemanagt. Doch mit einem Anteil von 2 % am weltweit verwalteten Vermögen (siehe Grafik) bleibt diese Assetklasse sehr klein.