Bayerischer Bankentag

Bundesbank bekennt sich zu Abbau von Regulierung

Die Vereinfachung der Regulierung stand im Zentrum des diesjährigen Bayerischen Bankentages. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel präsentierte zwei konkrete Vorschläge. Zugleich warnte er vor allzu großer Ungeduld. Man stehe am Anfang eines langen Weges.

Bundesbank bekennt sich zu Abbau von Regulierung

Bundesbank bekennt sich zu Abbau von Regulierung

Präsident Nagel warnt die Kreditwirtschaft jedoch vor allzu großer Ungeduld – Pochen auf Stabilität des Finanzsystems – Bayerischer Bankentag in München

Die Vereinfachung der Regulierung stand im Zentrum des diesjährigen Bayerischen Bankentages. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel präsentierte zwei konkrete Vorschläge. Zugleich warnte er vor allzu großer Ungeduld. Man stehe am Anfang eines langen Weges.

mic München

Die Deutsche Bundesbank appelliert an die Kreditwirtschaft, den geplanten Abbau von Bankenregulierungen konstruktiv zu begleiten. „Wenn wir mit weniger Regeln die gleiche Stabilität erreichen können, wäre doch viel gewonnen“, sagte Präsident Joachim Nagel auf dem Bayerischen Bankentag.

Auf die Forderung von Merkur-Privatbank-Chef Marcus Lingel aus dem Publikum in München, die Regulatoren sollten lediglich Leitlinien setzen und den Banken in der Ausgestaltung mehr Vertrauen geben, merkte Nagel an: „Ich nehme in der deutschen Diskussion eine wahnsinnige Ungeduld wahr.“

Verstärkte Komplexität

Zugleich räumte Nagel mit Blick auf den Regulierungsabbau ein: „Wir stehen hier erst am Anfang eines langen Weges.“ Eine Reduktion auf 20% des Gesamtaufwandes erscheine ihm zu weit: „Denn es geht um eine Vereinfachung, nicht um Deregulierung.“ Michael Kemmer, früherer Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken, signalisierte aus dem Publikum verhaltene Enttäuschung über die Ambitionen der Bundesbank.

Nagel strich in seiner Rede heraus, vor allem in der Europäischen Union habe sich die Komplexität des bankenaufsichtlichen Regelwerks über die Jahre stark erhöht. Insgesamt müssten Banken bis zu neun verschiedene Eigenmittelanforderungen erfüllen. „Damit ist die Darstellung der Regulierungskomplexität aber noch unvollständig“, fügte Nagel hinzu: „Auch vielen Finanzexperten fällt es nicht immer leicht, den Regel-Dschungel vollends zu durchdringen.“ Mit der Finanzmarktregulierung beschäftigten sich auf europäischer Ebene 1.600 Dokumente mit 95.000 Seiten.

Schielen auf Wettbewerbsvorteile

Zugleich warnte er, Länder könnten dazu geneigt sein, sich durch eine Deregulierung der Finanzbranche vermeintliche Wettbewerbsvorteile zu sichern: „Erste Anzeichen dafür sehen wir bereits.“ So seien die Vereinigten Staaten auf dem Weg, die Finanzregulierung zu lockern. Beispielsweise gebe es einen regulatorischen Kurswechsel hin zu einer deutlich kryptofreundlicheren Ausrichtung. Noch existierten keine Hinweise, dass die Finalisierung von Basel III grundsätzlich in Frage gestellt werde.

Nagel präsentierte zwei Vorschläge für eine Vereinfachung der Regulierung. Erstens könnten der antizyklische Kapitalpuffer und der Systemrisikopuffer zu einem einzigen Puffer gebündelt werden. In Stressphasen könnten die nationalen Aufsichtsbehörden den gebündelten Puffer flexibel freigeben.

Hebel für die Ertragskraft

Wenn die Aufsicht einen Puffer freigibt, sinken die Eigenmittelanforderungen der betroffenen Banken: „Damit vergrößern sich auch die Spielräume der Banken, Kredite an Unternehmen und Haushalte zu vergeben.“

Zweitens plädierte Nagel für ein Kleinbankenregime ohne risikogewichtete Vorgaben, aber dafür mit höherer Verschuldungsquote. Zwar unterliege die Regulierung kleiner Banken in der EU bereits dem Grundsatz der Proportionalität: „Allerdings greift der Grundsatz der Proportionalität noch nicht in allen Regulierungsbereichen.“ So müssten kleine Banken ähnlich komplexe Eigenmittelanforderungen erfüllen wie die großen Institute.

„Es ist also Zeit umzudenken hin zu mehr Effizienz, zu Transparenz und zu Proportionalität auch in der Regulierung“, betonte ebenfalls Bankenverbands-Präsidentin Marion Höllinger, die als CEO die HVB leitet. Denn eine effiziente, einfache und zugleich risikoadäquate Regulierung könne ein wirksamer Hebel zur Steigerung der Ertragskraft der Banken sein.

Plädoyer für Autoindustrie

Ilse Aigner, Präsidentin des Bayerischen Landtags, bekannte sich ausdrücklich zur Kreditwirtschaft: „Der Bankenstandort München ist mir wichtig.“ Zugleich räumte Aigner eigene Fehler ein. Mit Blick auf die Beratungsprotokolle, die sie den Banken als Verbraucherschutzministerin (2008 bis 2013) verordnet hatte, sagte sie, mit dem Blickwinkel von heute würde sie etwas anders entscheiden.

Als weiterer Redner appellierte Norbert Radmacher, Präsident des Bayerischen Landeskriminalamts, an die Banken, Cyberangriffe zu melden: „Zeigen Sie Angriffe und verdächtige Ereignisse zeitnah an, damit unsere Ermittlungen starten.“ Die Polizei gehe davon aus, dass sie insgesamt nur 18% aller Fälle gemeldet bekomme.

Auch mit Blick auf das Motto des Bankentages „Wirtschaftliche Stabilität als gemeinsame Verantwortung“ merkte Nagel an, er sei zuletzt zusammen mit Finanzminister Lars Klingbeil in China gewesen. Es gebe dort mehr als 100 Autohersteller: „Es war mir gar nicht so bewusst, wie stark dort der Automobilbereich aufgestellt ist, und wie stark wir uns dort nach der Decke strecken müssen.“ Er signalisierte Unterstützung für die Aktionen der Berliner Politik: „Wir müssen schauen, dass wir unsere stärksten Wirtschaftssektoren entsprechend stützen.“