PERSONEN

Rennen um ESMA-Nachfolge geht in heiße Phase

Von Thomas List, Frankfurt Börsen-Zeitung, 27.11.2020 Die Kandidaten und Kandidatinnen für die Nachfolge von Steven Maijoor, Chairman der Wertpapieraufsicht ESMA, stehen fest. Auf der Shortlist stehen Maria Luís Albuquerque, ehemalige...

Rennen um ESMA-Nachfolge geht in heiße Phase

Von Thomas List, FrankfurtDie Kandidaten und Kandidatinnen für die Nachfolge von Steven Maijoor, Chairman der Wertpapieraufsicht ESMA, stehen fest. Auf der Shortlist stehen Maria Luís Albuquerque, ehemalige portugiesische Finanzministerin, Carmine Di Noia, Commissioner der italienischen Börsenaufsicht Consob, und Verena Ross, ESMA-Exekutivdirektorin. Dies gab ESMA gestern in einer Pressemitteilung bekannt.Die zweite Amtszeit von Maijoor läuft Ende März 2021 aus (eine Verlängerung ist nicht möglich), sein(e) Nachfolger(in) tritt am 1. April an. Die Shortlist übersendet ESMA dem Europäischen Rat und dem Europäischen Parlament (EP). Das EP wird nach einer Anhörung eine(n) Kandidat(in) auswählen, die bzw. der dann vom Rat ernannt werden soll, so zumindest der vorgesehene Ablauf. EIOPA schafft es nichtIm Gegensatz zur ESMA hat es die europäische Versicherungsaufsicht EIOPA nicht geschafft, eine solche Shortlist für die Nachfolge ihres Vorsitzenden Gabriel Bernardino zu erstellen. Ende dieses Monats soll daher ein neuer Auswahlprozess gestartet werden, wie EIOPA vor wenigen Tagen mitteilte.Das EP hat sich in der Vergangenheit kritisch über die vornehmlich männlichen Kandidaten für die Besetzung von Spitzenposten bei EU-Organisationen geäußert. Das kulminierte in einer Resolution vom März 2019, in der geschlechterausgewogene Vorschlagslisten von mindestens einem Mann und einer Frau verlangt wurden. Mit der Benennung von zwei Frauen und einem Mann ist ESMA diesem Ansinnen gefolgt. Laut ESMA wurden der Kandidat und die Kandidatinnen nach einem offenen Auswahlverfahren in die Shortlist aufgenommen “aufgrund ihrer Verdienste, Fähigkeiten und Kenntnisse der Finanzmarktteilnehmer und ihrer für die Finanzaufsicht und -regulierung relevanten Erfahrungen”.Im September wurden Ross in Brüssel nicht nur, aber auch wegen der bisher dürftigen Berücksichtigung von Frauen für EU-Toppositionen gute Chancen für die Maijoor-Nachfolge eingeräumt (vgl. BZ vom 2.September). Die 52-jährige Deutsche, eine in Hamburg und London ausgebildete Sinologin und Ökonomin, hatte laut Linkedin-Profil 1994 als Analystin bei der Bank of England begonnen und wechselte 1998 zur britischen Financial Service Authority (FSA), bevor sie 2011 als Exekutivdirektorin zur ESMA stieß, wo sie seither für das operative Geschäft zuständig ist. In Aufsichtskreisen genießt Ross einen guten Ruf und gilt als durchsetzungsstark. Für einige aus der Branche gilt es allerdings aktuell auch als Makel, zum “Team Maijoor” gehört zu haben.Maria Luís Albuquerque (53) war von 2013 bis 2015 Finanzministerin Portugals. Die Wirtschaftswissenschaftlerin begann ihre berufliche Laufbahn 1996 als höhere Beamtin im portugiesischen Finanzministerium und arbeitete von 1999 bis 2001 im Amt für Studien und Konjunkturprognosen. Von 2001 bis 2007 leitete sie als Direktorin die Finanzabteilung des staatlichen Eisenbahnunternehmens Refer, zwischen 2007 und 2011 führte sie das Zentrum für Emissionen, Märkte and Management am Instituto de Gestao da Tesouraria e do Crédito Público. Von 2011 bis Juli 2013 war Albuquerque Staatssekretärin im Finanzministerium.Carmine Di Noia ist laut Consob-Homepage seit Februar 2016 Commissioner der italienischen Börsenaufsicht. Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler war bereits von 1995 bis 2000 bei der Consob, wechselte aber 2001 zu Assonime (dem Verband der italienischen Aktiengesellschaften), wo er 2003 Leiter der Abteilung Kapitalmärkte und börsennotierte Unternehmen und stellvertretender Generaldirektor wurde. Di Noia war Vorstandsmitglied der Borsa Italiana und Vorsitzender des technischen Sekretariats des italienischen Corporate-Governance-Ausschusses. Aktuell ist er bei der ESMA den Angaben zufolge stellvertretendes Aufsichtsratsmitglied und Vorsitzender zweier Ausschüsse.