Robo-Berater für Kreditgenossen
jsc Frankfurt – Die Fondsgesellschaft Union Investment setzt im Vertrieb über die Genossenschaftsbanken künftig auf eine automatische Online-Beratung. Ab Anfang Juli können bis zu sieben Pilotinstitute den Robo-Berater “MeinInvest” erstmals einsetzen, ehe das Angebot ab Anfang 2018 allen Genossenschaftsbanken offensteht, sagte Vorstandschef Hans Joachim Reinke vor dem Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten. Die Anmeldung soll künftig “vom Aufschlagen der Homepage bis zum Abschluss inklusive der Identifikation” in acht Minuten möglich sein. Die Banken sollen das Instrument, das Fonds von Union Investment vermittelt, in die eigene Online-Strecke einbauen können.Mit dem Angebot setzt die Fondsgesellschaft nach Worten Reinkes die Erfahrungen um, die sie zuvor mit der Vertriebsplattform Visualvest gesammelt hatte. Demnach wird die Seite zwar häufig besucht, doch schließt kaum jemand einen Vertrag über die Plattform ab. Reinke deutete an, dass die Marke Visualvest unbekannt sei und daher zu wenig Vertrauen stifte. “Die Deutschen geben keinem etwas, der nicht bekannt ist”, sagte er. “Keine Marke, kein Abschluss.” Daher müsse ein etablierter Anbieter wie die Hausbank eines Sparers hinter einem Online-Dienst stehen. Die Plattform Visualvest, die bereits seit über einem Jahr online zugänglich ist, soll aber als Experimentierfläche erhalten bleiben.Hinter dem Begriff “Robo Advisory” verbirgt sich eine Fülle an Instrumenten, die eine automatische Finanzberatung und eine Anlage in Fonds und Wertpapiere über das Internet ermöglichen sollen. Die Palette reicht von Hilfsinstrumenten zur Zusammensetzung eines Portfolios über Vertriebsplattformen und eine automatische Anpassung der Fondsgewichtung bis hin zur vollständigen Online-Vermögensverwaltung. Im Mai brachte die Commerzbank-Tochter Comdirect einen umfassenden Robo-Dienst auf den Weg, während die unabhängige Fondsgesellschaft DJE Kapital mit Solidvest eine Online-Verwaltung mit Einzeltiteln lancierte. Als Neueinsteiger im Markt haben Scalable Capital und Liqid eigenen Angaben nach ein jeweils dreistelliges Millionenvermögen erreicht. Insgesamt ist das Segment aber noch klein. Vorbild VanguardLaut Reinke stehen etablierte Banken und Fondsanbieter vor der Chance, die neuen Instrumente zu kombinieren und Kunden auf diese Weise auf verschiedenen Kanälen zu erreichen. Zugleich steige angesichts der neuen Online-Dienste aber auch der Druck auf die Banken, eine gute Beratung anzubieten. “Der Vertrieb muss begreifen, dass die Schnelligkeit und die Qualität für den Anleger zunehmen wird.” In den USA haben der ETF-Riese Vanguard und der Finanzvermittler Charles Schwab nach Darstellung Reinkes bereits über Robo-Advisory-Angebote hohe Volumen abgeschöpft, nachdem die Start-ups Wealthfront und Betterment Pionierarbeit geleitet haben, mangels Bekanntheit aber nicht aus der Nische herauskamen. Eine Finanzberatung sei ein Vertrauensgut, betonte der Firmenchef: Erst nach Jahren zeige sich, ob der Rat gut war, daher sei die Bekanntheit eines Anbieters wichtig.Eine automatische Beratung könne den Ablauf vereinfachen. Mit drei bis fünf Fragen ermittle ein Online-Instrument schneller als ein menschlicher Berater die Risikobereitschaft und stelle automatisch fest, ob ein Anlageziel zu einer vorgegebenen Sparrate passe. Die Beratung in einer Bank werde es aber auch künftig geben, da viele Kunden auf einen persönlichen Kontakt Wert legten, sagte Reinke. Banken komme die Rolle zu, Kunden gezielt anzusprechen, da nur ungefähr jeder zehnte Anleger von sich aus zu Fonds greife. Daher spielten auch börsengehandelte Fonds (ETF) für die meisten Sparer keine Rolle. Die passiven Indexfonds sind vergleichsweise günstig, ihr Verkauf ist jedoch nicht mit einer kostenlosen Beratung verbunden. Union Investment konzentriert sich hingegen auf aktiv verwaltete Produkte und setzt auf eine provisionsbasierte Beratung.Unter den rund 30 Millionen Kunden der genossenschaftlichen Banken halten derzeit rund 4,2 Millionen Sparer einen oder mehrere Fonds von Union Investment, wie Reinke sagte. Die Quote könne noch deutlich erhöht werden, auch wenn die Mehrzahl der Menschen vermutlich niemals Fonds kaufen werde. Eine überschaubare Produktpalette sei wichtig, mehr als sechs bis acht Fonds seien im aktiven Vertrieb kaum zu vermitteln. Die Gesellschaft habe die Zahl der Produkte daher laufend reduziert. Das verwaltete Vermögen bezifferte Reinke auf aktuell 311,5 Mrd. Euro.