Santander schreibt erstmals Verlust

Großbank verbucht Wertberichtigung von 12,6 Mrd. Euro - Dividende soll trotzdem gezahlt werden

Santander schreibt erstmals Verlust

ths Madrid – Noch nie in ihrer langen Geschichte hatte Santander einen Verlust ausgewiesen. Selbst in der Finanzkrise vor einem Jahrzehnt war es Spaniens größter Bank gelungen, alle drei Monate ein Plus am Ende der Bilanz vorzuzeigen. Daher kam der Verlust von 10,7 Mrd. Euro im ersten Halbjahr, den das Kreditinstitut am Mittwoch meldete, wie ein Schock, mit dem kein Analyst gerechnet hatte. Die Aktie ging an der Madrider Börse folglich auf Talfahrt.Der Milliardenverlust geht auf Abschreibungen in Höhe von 12,6 Mrd. Euro zurück. Das Management war darum bemüht, die positiven Aspekte hervorzuheben, wie den bereinigten operativen Gewinn in den ersten sechs Monaten von 1,9 Mrd. Euro. Das soll in der zweiten Jahreshälfte noch besser werden, erklärte der CEO José María Alvarez auf einer Pressekonferenz per Video. Das werde jedoch nicht ausreichen, um am Ende des Jahres erstmals ein negatives Ergebnis zu verhindern, gestand er. Die Bilanzbereinigung sei jedoch jetzt abgeschlossen. “Das ist alles”, so Alvarez.Wegen der deutlich schwächeren wirtschaftlichen Aussichten durch die Coronakrise und auch das anhaltende Nullzinsumfeld setzte Santander den Wert einiger “historischer Investitionen” radikal herunter. Der Großteil der Abschreibungen mit gut 6 Mrd. Euro entfiel auf die Tochter in Großbritannien. Deren Wert hatten die Spanier erst im Dezember wegen des Brexit und anderer Faktoren korrigiert. Auch die Geschäfte in den USA (2,3 Mrd. Euro), Polen (1,2 Mrd. Euro) und Santander Consumer Finance (480 Mill. Euro) wurden bereinigt. “Diese Anpassung ändert nichts an der strategischen Bedeutung dieser Märkte oder Geschäfte des Konzerns”, stellte Santander in einer Mitteilung klar.Auch Alvarez verteidigte die Töchter in den USA und Großbritannien, die den Spaniern in letzter Zeit viel Kopfzerbrechen bereitet haben und von einigen Analysten kritisch betrachtet werden. “In den USA haben wir in den letzten Jahren den Gewinn verdoppelt, und in Großbritannien ist das Schlimmste vorüber”, versicherte der Vorstand. Der große heimische Mitbewerber BBVA, der am Donnerstag seine Halbjahreszahlen vorlegt, hatte bereits im ersten Quartal eine Abschreibung auf den Buchwert seines US-Geschäfts vollzogen und einen Verlust von 1,8 Mrd. Euro in Kauf genommen. SteuerguthabenNeben der Wertberichtigung auf die internationalen Bereiche nahm Santander auch eine Abschreibung von 2,5 Mrd. Euro auf Steuerguthaben (DTAs) in Spanien vor. Diese stammen aus den Verlusten der Immobilienblase durch die Übernahme von Banco Popular 2017 und können gegen zukünftige Gewinne verrechnet werden. Spaniens Banken haben diese umstrittenen DTAs zu ihrem Kapital gerechnet. “Wir verzichten nicht auf die DTAs, sondern setzen einfach nur deren Wert herunter”, erklärte Alvarez.Die nach Börsenwert zweitgrößte Bank der Eurozone betonte mehrfach, dass es sich bei den Quartalsverlusten um ein rein bilanztechnisches Vorgehen handele und weder die Liquidität noch das Kreditrisiko oder die Kapitaldecke betroffen seien. Die harte Eigenkapitalquote stieg auf 11,84 %, was jedoch zum guten Teil auf die vom europäischen Regulierer gelockerten Anforderungen zurückgeht.Santander will ungeachtet der Abschreibungen in diesem Jahr eine Dividende von 0,10 Euro pro Aktie auszahlen, allerdings nur in Aktien, was von der Europäischen Zentralbank (EZB) genehmigt werden soll. Für kommendes Jahr habe man bereits Kapital zurückgelegt, um wieder eine Dividende ganz in Cash ausschütten zu können, sofern die EZB mitspielt. In diesem Sinne kritisierte Alvarez mit aller Vorsicht die Empfehlung aus Frankfurt, dass die Banken derzeit keine Gewinne ausschütten sollen. “Ich hoffe, dass mehr zwischen den Instituten und deren Kapazität, Gewinne zu erzielen, differenziert wird”, erklärte der CEO. Die Kreditinstitute hätten gegenüber anderen Branchen an den Kapitalmärkten einen Nachteil.Wegen Covid-19 stieg die Risikovorsorge im Halbjahr auf 7 Mrd. Euro, verglichen mit 4,3 Mrd. Euro im Vorjahreszeitraum. Alvarez rechnet mit einem Anstieg der Zahlungsausfälle in den kommenden Monaten. Der Anteil fauler Kredite ist mit 3,26 % aber überschaubar.Trotz der widrigen Umstände konnte Santander sowohl Kredite als auch Einlagen gegenüber 2019 erhöhen. Gleichzeitig wurde das Sparprogramm beschleunigt, wodurch ein Anstieg des Gewinns vor Rückstellungen in konstanten Wechselkursen von 2 % auf fast 12 Mrd. Euro zu Buche stand. Die vier wichtigsten Märkte von Santander – Brasilien, Spanien, Großbritannien und die USA – gehören zu den vom Coronavirus am stärksten befallenen Ländern. In Nord- und Südamerika lief es besser als in Europa, obwohl der bereinigte Gewinn ebenfalls im Minus lag. Lediglich das Investment Banking und die Vermögensverwaltung fuhren bis Juni Gewinne ein.