BaFin-Reform

Scholz-Plan stößt auf Kritik

Die Reformpläne von Bundesfinanzminister Olaf Scholz für die Finanzaufsicht BaFin nach dem Wirecard-Skandal haben kritische Reaktionen in Opposition und Wissenschaft nach sich gezogen. Ein großer Teil der Kreditwirtschaft dringt auf eine Rückkehr zur staatlichen Finanzierung der Finanzaufsicht.

Scholz-Plan stößt auf Kritik

wf Berlin

Zu mehr Biss und Expertise will Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) der Aufsichtsbehörde BaFin nach dem Wirecard-Skandal verhelfen. Der Sieben-Punkte-Plan von Scholz greift Punkte auf, die bereits mit dem Gesetzentwurf zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) im Bundestag beraten und bis Ende März abgeschlossen werden sollen. Dazu gehört die Stärkung von Corporate Governance und Bilanzkontrolle durch die Wirtschaftsprüfer. Darüber hinaus will Scholz nun mit neuen fachlichen Einheiten bei der BaFin – Fokusaufsicht, Taskforces, Data Intelligence Unit, Aufseher-Cockpit – die Behörde stärken, die seiner Rechts- und Fachaufsicht unterliegt. Aus der Opposition im Bundestag und der Wissenschaft kam am Dienstag Kritik.

Jan Krahnen, Direktor des Leibniz Institute for Financial Research SAFE, sprach sich für weitreichendere Kompetenzen der Aufsicht aus. Er monierte, dass die organische Entwicklung zur Qualitätssicherung infolge des Wirecard-Skandals nicht aus dem Innern der BaFin komme, sondern vom Ministerium. In erster Linie sollte der BaFin vom Ministerium zu institutioneller Eigenständigkeit und größerer Unabhängigkeit verholfen werden, konstatierte Krahnen. Eine so gestärkte Behörde könnte aus eigener Einsicht über Schwerpunkte einer effektiven Marktüberwachung entscheiden. „Regulierungsfragen werden für Investoren ein bedeutender Faktor bei der Anlageentscheidung“, unterstrich er. Die Integrität der Märkte und die Qualität der Überwachung seien Wettbewerbsfaktoren um Börsengänge und Kapitalflüsse.

„Expertise stärken“

Krahnen fehlt im Reformplan von Scholz zudem die Stärkung der sub­stanziellen Kapitalmarkt- und Handelsexpertise. Diese gehöre zum Kernwissen einer Aufsicht. Die BaFin hatte bei Wirecard Leerverkäufe untersagt, weil sie den Verdacht von Marktmanipulation hegte.

Scholz stützt sich mit seinem Punkte-Plan auf ein Gutachten der Beratungsgesellschaft Roland Berger. Es empfiehlt, die Allfinanzaufsicht weiterzuentwickeln, das System der Bilanzkontrolle neu aufzustellen, Anleger- und Verbraucherschutz zu stärken und auch das digitale Know-how in der Aufsicht und den Geschäftsbereichen aufzurüsten. Schließlich sollen Whistleblower mehr Gehör finden. Dies war bei Wirecard nicht gelungen. Finanzstaatssekretär Jörg Kukies sagte, Journalisten, Analysten und Short-Seller dürften von der Aufsicht erwarten, dass man ihnen zuhöre.

Die grüne Finanzpolitikerin Lisa Paus kritisierte die Pläne zur BaFin als „Mini-Reform“. Sie dringt darauf, den finanziellen Anlegerschutz mit einem eigenen Geschäftsbereich institutionell in der BaFin zu verankern. Kukies zufolge ist die schwarz-rote Koalition sich über diesen Punkt nicht einig. Paus verlangt auch eine bessere öffentliche Kontrolle der BaFin durch den Bundestag. Der Vizefraktionschef der Linken, Fabio De Masi, hält eine „echte forensische Elitetruppe mit Spitzengehältern“ in der BaFin für nötig. Die Kosten müssten über die Umlagen finanziert werden, die zum großen Teil die Finanzbranche schultert.

Die Empfehlungen des Roland-Berger-Gutachtens führen zu einer Ausweitung des Personals der 2700-Personen starken Behörde. Mittelfristig müssten 60 bis 140 neue Stellen aufgebaut werden, davon 20 bis 40 Nettostellen. Da vor allem hoch qualifizierte Wirtschaftsprüfer und Finanzmarktexperten benötigt werden, dürfte der zuletzt rasant gewachsene BaFin-Haushalt von fast 500 Mill. Euro für 2021 noch in diesem Jahr aufgestockt werden. Scholz will seine Pläne noch vor der Bundestagswahl im Herbst realisieren.

Die Kreditwirtschaft begrüßte die Neuaufstellung der BaFin. Dies betrifft die schlankeren Strukturen, die gestärkte Position des Präsidenten und den Austausch innerhalb der BaFin. Vier Verbände der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) mahnen, auch die Finanzierung der BaFin im Fokus zu behalten. Es müsse über eine Rückkehr zur Beteiligung des Bundes an der BaFin-Finanzierung nachgedacht werden. Eine staatliche Aufgabe sollte auch entsprechend finanziert werden, erklärten die Verbände der Sparkassen (DSGV), der Genossenschaftsbanken (BVR), der Öffentlichen Institute (VÖB) sowie der Pfandbriefbanken (VDP). Der Bankenverband äußerte sich getrennt und nicht zur Finanzierung.