Schweizer Börsenbetreiberin Six schreibt Milliardenverlust
Börsenbetreiberin Six im Schuldenkorsett
Milliardenverlust nach hohen Wertberichtigungen auf Worldline und BME – Ratingagentur hebt warnend den Finger
dz Zürich
Die Schweizer Börsen- und Finanzmarktinfrastrukturbetreiberin Six hat im vergangenen Jahr einen Verlust von 1 Mrd. sfr eingefahren. Dabei schlug allein die Wertberichtigung auf die 10,5-%-Beteiligung an Worldline mit 862 Mill. sfr ins Kontor, wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte.
Die Aktien des französischen Zahlungsabwicklers haben in den vergangenen zwölf Monaten über 70% ihres Wertes eingebüßt, nachdem sie schon zuvor viel vom einstigen Höchststand vom Sommer 2021 verloren hatten. Auch die spanische Börse BME, welche die Schweizer 2020 für 2,7 Mrd. sfr übernommen hatten, musste im Berichtsjahr mit 340 Mill. sfr wertberichtigt werden. Die Ratingagentur S&P bezeichnete im Dezember die von Six gezeigte Leistung als „gemischt“ und senkte den Ausblick für das A-Rating des Konzerns auf negativ.
Im Zuge der Wertberichtigungen, deren Ursachen nicht zuletzt im schwachen europäischen Konsumklima und in der flauen Börsenkonjunktur zu suchen sind, hat sich die bilanzielle Situation von Six optisch allerdings nicht verschlechtert. Das Eigenkapital erreicht wie im Vorjahr fast zwei Drittel der Bilanzsumme. Die Nettoverschuldung im Verhältnis zum Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) ist von einem Faktor 1,7 im Vorjahr auf 1,5 gefallen und hat sich damit sogar besser entwickelt als von S&P erwartet.
Bonitätswächter warnen
Doch die Kreditspezialisten sehen auf der Seite der Einnahmen wenig Potenzial, die Verschuldung weiter substanziell zu senken. Stattdessen verweist S&P auf das Risiko, dass sich die Verschuldungsquote aufgrund einer unerwartet schwachen Ertragsentwicklung wieder verschlechtern und über den für eine Ratingherabstufung kritischen Multiplikator von 1,75 hinaus steigen könnte.
Für Six und alle anderen Börsenbetreiber, die in der Abwicklung des Wertpapierhandels die Funktion einer Zentralen Gegenpartei einnehmen, ist ein hohes Bonitätsrating von großer Bedeutung. Vor diesem Hintergrund dürfte die Warnung von S&P auch künftige strategische Entscheidungen von Six prägen.
Zwar könnte Six die Nettoverschuldung von 650 Mill. sfr per Ende 2023 durch einen Verkauf der Worldline-Anteile jederzeit weiter senken. Doch derzeit würde ein Verkauf dieser Titel nur noch rund 290 Mill. sfr einbringen, während die Beteiligung immer noch mit einem Wert von 557 Mill. sfr in der Bilanz steht.
Zudem ist Worldline auch ein wichtiger Partner von Six. Die Schweizer waren vor fünf Jahren durch den Tausch des eigenen Bezahlkartengeschäftes an die Beteiligung gelangt, und die Abwicklung des von Six eingebrachten Geschäftes sichert dem Finanzkonzern in Zürich immer noch eine wichtige Grundauslastung der eigenen IT-Infrastruktur. So gesehen hat die Six auch ein gutes Stück jener großen finanziellen Flexibilität eingebüßt, die sie bis vor zwei bis drei Jahren noch ausgezeichnet hatte.
Unter Dividendendruck
Das Unternehmen, das 120 Banken in der Schweiz gehört, die wiederum die Börseninfrastruktur nutzen, wird auch weiterhin Dividenden zahlen müssen. In diesem Jahr ist eine Ausschüttung von rund 100 Mill. sfr geplant, etwas mehr als im Vorjahr. Die Eigentümerbanken dürften die Ausschüttung als eine Art Kompensation für erlittene Verluste sehen. UBS, die seit der Credit-Suisse-Übernahme allein 34% an Six hält, musste 2023 eine Wertberichtigung von 508 Mill. Dollar auf den Anteil vornehmen.
Derweil zeigt sich Six-Chef Jos Dijsselhof „stolz auf die operative Leistung“, die in einer Zunahme des Betriebsertrages um 3,5% auf 1,5 Mrd. sfr gipfelte. Doch der Niederländer räumt auch ein, dass die Integration der Credit Suisse in die UBS dereinst auch zu Umsatzverlusten führen könnte. UBS plant die Integration bis 2026 abzuschließen. Umso sehnlicher hofft man bei Six, dass dem für nächste Woche erwarteten Galderma-Börsengang eine größere IPO-Welle folgen wird. Christian Reuss, Leiter von Six Swiss Exchange, hatte unlängst eine Zahl von 15 potenziellen Börsengängen genannt.
Die Börsenbetreiberin Six muss einen Milliardenverlust verkraften. Auf dem Papier sieht das gar nicht so schwierig aus. Tatsächlich sind die strategischen Optionen der Schweizer nun aber deutlich kleiner geworden. Schließlich will der Konzern sein gutes Rating nicht aufs Spiel setzen.