ALTERNATIVES INVESTMENT

Silber für die Flucht vor dem Niedrigzins

Das Weißmetall ist im Vergleich zu Gold günstig. ETC bringen es in Anlegerdepots.

Silber für die Flucht vor dem Niedrigzins

Von Armin SchmitzBesser kann das Marktumfeld für Edelmetallanlagen kaum sein. Denn Anleger sind auf der Suche nach sicheren Häfen. Alternativen zu Gold, Silber & Co. sind aber durch die anhaltend lockere Geldpolitik dünn gesät. Die Nullzinspolitik der Notenbanken, der voraussichtliche Austritt der Briten aus der EU und schwache US-Konjunkturzahlen haben zu einer wachsenden Unsicherheit der Investoren geführt. Die US-Wirtschaft hat entgegen den Erwartungen im zweiten Quartal nicht angezogen, sondern ist genauso schwach wie im ersten Quartal gewachsen. Die Wahrscheinlichkeit für eine Zinserhöhung der US-Notenbank Fed in diesem Jahr ist daraufhin laut Fed Funds Futures auf gut ein Drittel gefallen.Gold stieg seit dem Jahresanfang bereits um 26 % bis auf 1 385 Dollar je Feinunze. Platin erreichte mit fast 1 160 Dollar je Unze ein 14-Monats-Hoch. Highflyer bei den Edelmetallen ist allerdings Silber, das seit Januar um rund 50 % bis auf ein Zweijahreshoch von 20,79 Dollar gestiegen ist. Silber folgte dem Aufwärtstrend des Goldpreises, reagierte aber deutlich extremer. Für technische Analysten war es klar, dass es bei Silber zu einem kräftigen Anstieg kommt. Denn die sogenannte Gold-Silber-Ratio lag im März bei 83 und damit auf einem 23-Jahres-Hoch. Ein Anstieg des Verhältnisses von Gold- zu Silberpreis auf über 80 war in der Vergangenheit häufig der Auftakt zu einem kräftigen Anstieg bei Silber, da es auf eine maximale Unterbewertung des Metalls hinwies. Mit einem Wert von rund 64 hat Silber zwar seine Unterbewertung etwas verringert, aber von dem langjährigen Mittel, das seit 1985 bei rund 47,5 liegt, ist sie noch weit entfernt. Das gestiegene Interesse an dem Edelmetall äußert sich in den hohen Zuflüssen in Exchange Traded Funds (ETF) und Exchange Traded Commodities (ETC), die physisch mit dem Edelmetall hinterlegt sind. Nach Berechnungen von Bloomberg ist der Bestand der ETF auf ein Rekordvolumen von 662 Mill. Unzen gestiegen. Auch an den Terminbörsen setzen viele Hedgefonds und andere Finanzinvestoren auf steigende Silbernotierungen. Die Netto-Long-Positionen an US-Börsen liegen nach Angaben der amerikanischen Terminbörsenaufsicht Commodity Futures Trading Commission (CFTC) Anfang August bei 92 500 Kontrakten nach 6 282 Kontrakten Ende 2015. Zuletzt haben die Investoren ihre Positionen etwas abgebaut, doch die Kontrakte befinden sich immer noch in der Nähe des Höchststandes vom 4. Juli dieses Jahres. Chinas Silber-Importe nehmen zuAuch die Käufe von Silbermünzen durch private Anleger haben deutlich zugenommen. Im ersten Quartal dieses Jahres wuchsen die Käufe von Silbermünzen um 29 % gegenüber Ende Dezember 2015. Die Nachfrage in China ist zuletzt ebenfalls gestiegen, was die Entwicklung des Edelmetalls weiter unterstützt. Die Silber-Importe sind im ersten Halbjahr mit 1 453 Tonnen mehr als 6 % höher als im Vorjahreszeitraum. China hat laut Daten der Zollbehörde im Juni 248 Tonnen Silber importiert, gut 10 % mehr als im Vorjahr. Unterstützung findet diese positive Entwicklung in überraschend erfreulichen Konjunkturdaten. Wie auch Gold profitiert Silber als Edelmetall davon, dass nach dem Referendum über den Austritt Großbritanniens (Brexit) die US-Notenbank Federal Reserve bis ins Jahr 2018 hinein wohl keine Zinserhöhung mehr vornehmen wird und dass andere Zentralbanken tendenziell eher die Zinsen senken oder die Märkte und das Bankensystem noch mehr mit Liquidität fluten werden. Schon jetzt versetzt Investoren das Reizwort “Helikoptergeld” in helle Aufregung. Der Begriff umschreibt die direkte Verteilung von Geld an die Bürger unter Umgehung des Bankensystems, also quasi das Geld aus dem Helikopter zu werfen. Damit dienen Gold, Silber und andere Edelmetalle als Fluchtwährung vor Niedrigzinsen. Erholung der IndustriemetalleDa Silber wegen seiner Verwendung in der Elektronikindustrie auch bis zu einem gewissen Grad als Industriemetall angesehen wird, hat der Unzenpreis zuletzt von der Erholung der Notierungen der Industriemetalle profitiert. Diese hat mit Ausnahme von Kupfer fast den gesamten Sektor erfasst hat. Optimisten unter den Analysten verweisen auch auf eine Zunahme der Silbernachfrage durch die boomende Fotovoltaikindustrie, die das Edelmetall wegen seiner elektrischen Leitfähigkeit nutzt. Im vergangenen Jahr ist sie entsprechend den Angaben von Thomson Reuters GFM um 23 % auf 77,6 Mill. Unzen gestiegen und damit das zweite Jahr in Folge. Die steigende Nachfrage stammt nach Angaben des Silver Institute von der stark wachsenden chinesischen Fotovoltaikindustrie. Das Wachstum soll sich fortsetzen. Nach Schätzungen von Bloomberg New Energy Finance werden die weltweiten Solarkraft-Kapazitäten bis 2020 um rund 150 % auf 605 GW steigen. Während die Nachfrage durch die Industrie zunimmt, sinkt auf der anderen Seite das Angebot. Nach Angaben von ETF Securities haben die Minengesellschaften wegen der niedrigen Silberpreise ihre Investitionen deutlich heruntergefahren. Das könnte zu einem erneuten Jahr mit einem Angebotsdefizit führen, was den Aufwärtstrend des Edelmetalls unterstützen kann. Nach Angaben des Silver Institute lag das Angebotsdefizit im vergangenen Jahr bei 129,8 Mill. Unzen. Das war das dritte Jahr in Folge, in dem weniger Silber produziert als gekauft wird. Die zuletzt genannten Faktoren sind zwar positive Rahmenbedingungen für den Silberkurs. Allerdings bleibt die Entwicklung weiterhin abhängig vom Goldkurs. Ohne ihn läuft auch beim Silber wenig. Einige Anleger betrachten das Edelmetall wegen seiner erratischen Kurssprünge auch als Optionsschein auf Gold, denn Silber reagiert prozentual deutlich stärker als das gelbe Metall.Für viele Anleger ist der physische Besitz von Silber attraktiv, weil sie ständigen Zugriff auf das Edelmetall haben. Will der Anleger das Edelmetall nicht einfach zu Hause aufbewahren, fallen bei der Deponierung in einem Bankschließfach entsprechende Lagerungskosten an. Bei vielen Banken und Edelmetallanbietern kann Silber in Barren- oder Münzform erworben werden. Dabei ist einerseits zu beachten, dass Silber mehrwertsteuerpflichtig ist. Steuerfrei ist es nur, wenn der Anleger das Edelmetall im Zollfreilager, wie sie einige Edelmetallhändler als Dienstleister anbieten, kauft und dort auch aufbewahrt. Besicherung durch Hinterlegung Eine Alternative zum physischen Besitz sind ETF und ETC, die die Wertenwicklung des Edelmetalls abbilden. In Deutschland ist das Angebot an Produkten begrenzt, bei denen das Anlagekapital durch die physische Hinterlegung von Silber besichert ist. In der Schweiz werden beispielsweise von der Zürcher Kantonalbank Indexfonds mit physischer Hinterlegung des Edelmetalls in Schweizer Franken (CH0029792717) und in Euro (CH0047533556) angeboten. Sie verwalten in allen Tranchen ein Volumen von 71,5 Mill. Feinunzen des Silbers mit einem Wert von 1,2 Mrd. Franken bzw. umgerechnet 1,1 Mrd. Euro. Es handelt sich bei den Produkten der Zürcher Kantonalbank um Fonds Schweizer Rechts. Diese sind in Deutschland zwar nicht zum Vertrieb zugelassen, denn nach deutschem Recht dürfen Fonds höchstens 30 % ihres Vermögens in Edelmetalle investieren. Außerdem erfüllen sie die Diversifikationskriterien nicht. Über die Schweizer Börse lassen sich die Anteile aber problemlos handeln. Hierzulande sind aus regulatorischen Gründen nur Exchange Traded Commodities (ETC) auf Silber an den Börsen notiert.Von der Deutsche-Bank-Tochter DB ETC kommt der Physical Silver ETC (GB00B57Y9462), bei dem das Anlegervermögen durch die Hinterlegung von physischem Edelmetall, das in den Tresoren der Deutschen Bank in London lagert, abgesichert wird. Ein Anteil des Silber-ETC partizipiert an der Entwicklung von 10 Unzen des Edelmetalls. Die Barren liegen in allozierter, also zuordnungsfähiger Form vor. Durch die Edelmetallhinterlegung wird das Emittentenrisiko minimiert. Die Managementgebühr liegt bei 0,45 % p. a. Von der Deutschen Bank wird ebenfalls ein Silber-ETC mit Währungsabsicherung (DE000A1EK0J7) angeboten, der das Währungsrisiko gegenüber dem Dollar minimieren will. Die Gesamtkosten betragen 0,75 % jährlich. Davon entfallen 0,30 % für die Währungsabsicherung. ETF Securities bietet den mit einem Volumen von fast 900 Mill. Euro größten in Deutschland zum Vertrieb zugelassenen ETFS Physical Silver (DE000A0N62F2) an, bei dem das Anlegervermögen ebenfalls durch die Hinterlegung von physischem Silber abgesichert wird. Die Gesamtkosten liegen hier bei 0,49 %. Ophirum ETP, die von dem Edelmetallhändler Ophirum und der Baader Bank gegründet wurde, hat ein Silber Exchange Traded Product (ETP) (DE000A11QDX4) ebenfalls ETC im Angebot, der den Silberpreis eins zu eins abbildet. Ein ETC verbrieft den Anspruch auf 10 Gramm eines 15-kg-Silberbarrens. Das Anlagekapital wird durch eine hundertprozentige Hinterlegung mit LBMA-zertifiziertem Silber vom Hersteller Heraeus gesichert. Es werden keine Finanzinstrumente zur Hinterlegung genutzt. Das Silber des ETC wird auch nicht verliehen. Eine Verwaltungsgebühr oder Verwahrkosten werden nicht erhoben. Es fällt lediglich der Spread zwischen Kauf- und Verkaufspreis an. Eine Auslieferung ist nicht möglich.—– 662 Mill. Unzen Silber wurden von Exchange Traded Funds (ETF) und Exchange Traded Commodities (ETC) nach Angaben von Bloomberg im Juli dieses Jahres verwaltet. Das ist ein neuer Rekord. Auch an den Terminbörsen setzen viele Hedgefonds und andere Finanzinvestoren auf steigende Silbernotierungen. Die Netto-Long-Positionen an US-Börsen liegen nach Angaben der amerikanischen Terminbörsenaufsicht Commodity Futures Trading Commission (CFTC) Anfang August bei 92 500 Kontrakten nach 6 282 Kontrakten Ende 2015.