Verkauf

Société Générale wirft in Russland hin

Société Générale beendet ein 2006 begonnenes strategisches Abenteuer und verkauft Rosbank an den Fonds Interros Capital. Die dadurch entstehenden Belastungen sind geringer als zunächst befürchtet.

Société Générale wirft in Russland hin

wü Paris

Anderthalb Monate nach Beginn des Krieges in der Ukraine wirft Société Générale das Handtuch. Nach BNP Paribas und Crédit Agri­cole kündigte auch die drittgrößte börsennotierte Bank Frankreichs am Montag an, sich aus Russland zu­rückziehen zu wollen. Sie will sich von ihren Aktivitäten dort trennen und ihre Tochter Rosbank an Interros Capital verkaufen, einen von Wladimir Potanin kontrollierten Fonds, dem Rosbank bereits in der Vergangenheit gehörte. Potanin ist der größte Aktionär von Norilsk Nickel und einer der vermögendsten Männer Russlands. Er gilt als Vertrauter von Wladimir Putin.

Stark exponiert

Société Générale gehört zu den europäischen Finanzinstituten, die am stärksten in Russland exponiert sind. Russland macht in ihrer Bilanz mit einem Exposure von 18,6 Mrd. Euro, davon 15,4 Mrd. Euro für Rosbank, 1,7 % des Gesamtexposures aus. Der Rückzug aus Russland dürfte die Konten von Société Générale mit 3,1 Mrd. Euro belasten, schätzt die Bank mit dem rot-schwarzen Logo. 2 Mrd. Euro der Belastungen entstehen im Zusammenhang mit der Nettowertminderung des Buchwertes der Aktivitäten, die jetzt abgestoßen werden sollen, weitere 1,1 Mrd. Euro durch Buchungseffekte.

Gleichzeitig will der Käufer, der nicht von amerikanischen und europäischen, jedoch von kanadischen Sanktionen betroffen ist, Société Générale 500 Mill. Euro für die nachrangigen Verbindlichkeiten von Rosbank zurückerstatten. Investoren reagierten trotz der sich aus dem Verkauf ergebenden Belastungen erleichtert, so dass die Aktie von Société Générale am Montag an der Börse von Paris fast 5 % auf 22,95 Euro zulegte, während der CAC 40 mit einem leichten Plus schloss.

Geordneter Rückzug

Der Verkauf an Interros soll in den nächsten Wochen abgeschlossen werden, sofern die zuständigen Aufsichtsbehörden zustimmen. Dank des Abkommens, das nach Wochen intensiver Arbeit getroffen worden sei, ziehe sich die Gruppe effektiv und geordnet aus Russland zurück, wobei sie für Kunden und Mitarbeiter für Kontinuität sorge, erklärte Société Générale. Ihr Verwaltungsrat hat laut Informationen der Wirtschaftszeitung „Les Echos“ letzte Woche über den Verkauf beraten. War Société Générale früher recht aktiv in Osteuropa, so wird sie nach dem Rückzug aus Russland nur noch in der Tschechischen Republik und in Rumänien präsent sein.

Mit dem Verkauf endet für das Finanzinstitut ein strategisches Abenteuer, das 2006 begann, als es ins Kapital von Rosbank eingestiegen war. Zwei Jahre später dann hatte Société Générale von Interros die Mehrheit an der Bank übernommen. Trotz diverser Krisen wie der Annexion der Krim durch Russland hat die Führung von Société Générale lange Zeit an der Beteiligung festgehalten – sehr zum Bedauern von Investoren und einigen Mitarbeitern. Das Ma­nagement habe lange Zeit gedacht, die Situation in Russland handeln zu können, heißt es in Paris. Société Générale beschäftigt dort 12 000 Mitarbeiter.

Kapitalbelastung

Die Auswirkungen des geplanten Rückzugs aus Russland auf die Kernkapitalquote CET1 schätzt die Bank auf 20 Basispunkte. Das wäre weniger als letzten Monat angenommen, als Société Générale in einem Negativszenario davon ausgegangen war, dass sich eine Enteignung in Russland mit 50 Basispunkten auf die Kernkapitalquote auswirken würde. Sie betrug Ende Dezember 13,7 %.

Aus finanzieller Sicht sei das zwar keine gute Transaktion, da Société Générale die russischen Aktivitäten verramsche, meint Jérôme Legrand von Axiom AI. Doch die Situation sei in den letzten Wochen schwierig geworden, da immer mehr Investoren gezweifelt hätten, wie sich die Präsenz in Russland auswirke und was sie koste.

Die Kosten des geplanten Rückzugs fielen zudem niedriger als befürchtet aus. Trotz des teuren Rückzugs bestätigte Société Géné­rale, eine Dividende von 1,65 Euro je Aktie zahlen und das Aktienrückkaufprogramm für 915 Mill. Euro durchführen zu wollen.