Kurswechsel

Spanien macht sich Bad Bank Sareb zu eigen

Die spanische Regierung beißt in den sauren Apfel und übernimmt die Kontrolle von Sareb, der 2012 gegründeten mehrheitlich privaten Bad Bank, und damit auch die Verbindlichkeiten von 35 Mrd. Euro. Die Privatbanken können so aussteigen, die Verluste sind schon längst abgeschrieben.

Spanien macht sich Bad Bank Sareb zu eigen

Von Thilo Schäfer, Madrid

Die Gründung einer Auffanggesellschaft für die Schäden aus der geplatzten Immobilienblase würde die Steuerzahler keinen Euro kosten, hatte die damalige konservative Regierung mit Wirtschaftsminister Luis de Guindos einst versichert. Unter dem Druck der Troika und als eine der Bedingungen für den internationalen Rettungsschirm für die angeschlagene spanische Finanzbranche wurde 2012 die Sareb gegründet. Die vom Staat geretteten Sparkassen und Banken konnten dort ihre Aktiva aus der Immobilienbranche im Wert von mehr als 50 Mrd. Euro ablagern. Dafür wurden Schulden in gleicher Höhe aufgenommen. Der staatliche Bankenrettungsfonds Frob hatte von Beginn an jedoch nur 46% der Anteile an der Bad Bank. Die Mehrheit übernahmen die Banken. Die Sareb sollte offiziell als Privatunternehmen funktionieren, obwohl der Staat für die gesamten Schulden haftete.

Das wird sich nun ändern. Letzte Woche verabschiedete die Koalitionsregierung aus Sozialisten und Linken ein Gesetz, dass es dem Frob erlaubt, mehr als die Hälfte an der Bad Bank zu halten und damit die Kontrolle zu übernehmen. Auslöser des Kurswechsels war die Entscheidung der europäischen Statistikbehörde Eurostat im letzten Jahr. Die verlangte nämlich, dass die verbleibenden Verbindlichkeiten von 35 Mrd. Euro den Staatsschulden zugerechnet würden, da eine Rückzahlung aufgrund der Schieflage der Sareb unwahrscheinlich wirkt.

Wie der Ausstieg der Geldinstitute aus der Bad Bank vollzogen wird, ist noch nicht klar. Analysten gehen davon aus, dass der Frob einen symbolischen Preis für die Anteile der übrigen Aktionäre zahlen wird. Santander ist mit 22% der größte private Anteilseigner, vor Caixabank mit 12%. Die Banken sind auf den Moment vorbereitet und haben die Verluste aus ihrer Beteiligung an der Sareb schon längst abgeschrieben oder entsprechend vorgesorgt.

Nun tobt in Spanien die Diskussion über die Schuld für den kostspieligen Scherbenhaufen. Die Zeitung „El País“ sprach von einem „ruinösen Erbe für die spanische Gesellschaft“. Andere verweisen auf den historischen Kontext. „Die Bad Bank war bestimmt die weniger schlechte Lösung, die wir damals hatten“, kommentiert Manuel Romera, Leiter der Finanzmarktabteilung der Madrider IE Business School. Die schwer angeschlagenen Kreditinstitute, hauptsächlich Sparkassen, hätten die Last aus der Immobilienblase sonst nicht verkraften können. Die Kassen, die vom Staat gerettet und später an die stärkeren Mitbewerber verkauft wurden, konnten so Milliarden an Aktiva loswerden, hauptsächlich faule Kredite, aber auch Immobilien jeder Art, sowie Grundstücke im ganzen Land. Die Aufgabe der Sareb war es, diese Werte bis 2027 ohne Verlust zu veräußern. Doch das ist bisher nicht besonders gut gelungen.

Ende des zweiten Halbjahres 2021 saß die Sareb noch auf Schulden von 35 Mrd. Euro und Aktiva im Wert von 30,5 Mrd. Euro, jeweils zur Hälfte Darlehen und Immobilien. Der im vergangenen Mai neu bestellte Vorsitzende Javier García del Río verfolgt eine neue Strategie. Die Aktiva werden nun auch unter Buchwert verkauft. Zudem tritt die Sareb selbst als Bauherr auf, um andere Objekte aufzuwerten. So baut man auf den eigenen Böden selbst Wohnanlagen. Das meiste wird jedoch über Partner aus der Immobilienbranche an Privatkunden verkauft.

Eines der Probleme der Bad Bank ist aus heutiger Erkenntnis die überzogene Bewertung der Aktiva, die 2012 gekauft wurden. „Es wurde ein Aufpreis bezahlt“, räumte der ehemalige Vorsitzende der Sareb, Jaime Echegoyen, ein. Spaniens Wirtschaftsministerin Nadia Calviño klagte vor Monaten über die „Erblast“, die ihr die Vorgängerregierung beschert hätte. Das wollte De Guindos, heute Vizepräsident der Europäischen Zentralbank, nicht auf sich sitzen lassen. „(Die Sareb) war ein nützliches Instrument“, erklärte er im Sommer in Spanien, welches zur Umstrukturierung der Finanzbranche beigetragen hätte. Die bevorstehende Übernahme der Sareb durch den Staat weckt derweil Begehrlichkeiten bei den Linken in der Regierung. Die verlangen, dass mehr aus dem Bestand für Sozialwohnungen verwendet werden sollte.

Nach dem harten Einschnitt durch die Pandemie 2020 konnte Sareb im ersten Halbjahr 2021 den Verkaufserlös wieder verdoppeln. Im Prinzip bleiben dem neuen Vorstand um García del Río noch fünf Jahre, um die Restbestände zu Geld zu machen und so die Endabrechnung für die Steuerzahler erträglicher zu gestalten. Doch in Fachkreisen spekuliert man darüber, dass das, im Rettungsschirm mit der Troika vereinbarte Verfallsdatum für die Bad Bank 2027, verlängert werden könnte.

Wertberichtigt Seite 6

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