Im GesprächStephan Liesegang

Sparda-Bank Hamburg geht in die Offensive

Die Sparda-Bank Hamburg wirbt nach der Zinswende und abgeschlossener Konsolidierung verstärkt um Neukunden. Im Mittelpunkt steht das bei regelmäßigem Geldeingang gebührenfreie Girokonto.

Sparda-Bank Hamburg geht in die Offensive

Im Gespräch: Stephan Liesegang

Sparda-Bank Hamburg geht in die Offensive

Genossenschaftsinstitut wirbt nach Zinswende mit kostenlosem Girokonto verstärkt um Neukunden

Von Carsten Steevens, Hamburg

Nach dem “schwierigsten Jahr der Unternehmensgeschichte” und umfangreichen Kostensenkungen ist die drittkleinste Sparda-Bank inzwischen die ertragsstärkste Sparda-Bank, sagt Stephan Liesegang im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Nun will der Chef der Sparda-Bank Hamburg wieder “lauter” werden.

Die Sparda-Bank Hamburg hat ihre Ertragskraft nach Jahren der Konsolidierung deutlich verbessert und ist im 120. Jahr ihres Bestehens auf einen Wachstumskurs eingeschwenkt. Nach dem Ende der langen Null- und Negativzinsphase bemüht sich die Bank seit Jahresbeginn mit einem ausgeweiteten Marketingbudget verstärkt um neue Kunden. Im Mittelpunkt der Initiative steht das bei einem regelmäßigen Geldeingang kostenfreie Girokonto. Auch mit anderen Einlagenprodukten wie einer „Jubiläums“-Festgeldanlage wirbt die Bank. Erwartungen für das Kreditneugeschäft werden hingegen im Zuge der EZB-Zinswende, der Inflation und nach dem Ende des Immobilienbooms deutlich zurückgeschraubt.

Werbetrommel rühren

„Wir tun alles, um wieder ein bisschen laut zu sein“, sagt Vorstandschef Stephan Liesegang und verweist im Gespräch mit der Börsen-Zeitung auf Werbemaßnahmen in Zeitungen, auf Radiospots, Stadtplakate und auch auf Bandenwerbung im HSV-Stadion. Das Genossenschaftsinstitut, dessen Kundenzahl im vergangenen Jahr netto noch um 1,8% schrumpfte, will das Sichteinlagengeschäft im laufenden Turnus und in den Folgejahren ankurbeln. Für 2023 wird mit einem Bilanzwachstum um 250 Mill. Euro gerechnet, brutto sollen 10.000 Neukunden hinzukommen, netto 2.000. Von 2024 an sehen die Pläne 10.000 bis 15.000 neue Kunden vor, die Bilanzsumme soll „relativ zügig“ auf 5 bis 5,5 Mrd. Euro steigen. Mit derzeit 4,4 Mrd. Euro ist die Sparda-Bank Hamburg die Nummer 9 unter den elf Sparda-Banken.

Wichtig sei, erklärt Liesegang, dass man über das Giralgeld Vollbankverbindungen aufbauen und mit den Sichteinlagen über die wieder mögliche Fristentransformation Geld verdienen könne. „Deswegen ist jeder Girokunde, den wir begrüßen dürfen, für uns sehr wertvoll.“ Neben seinem Haus, das im vergangenen Jahr einen Rückgang um 1,3% auf 214.460 Mitglieder verbuchte, sieht der seit Herbst 2021 amtierende Vorstandsvorsitzende im Lager der ehemaligen Eisenbahner-Banken aktuell nur die Sparda-Bank Hessen, die Girokonten bei regelmäßigem Geldeingang gebührenfrei führt. Im lokalen Wettbewerb ermöglicht die in etwa gleich große Hamburger Volksbank seit kurzem über ein neues Hausbankmodell, die monatliche Kontoführungsgebühr zu reduzieren, je mehr Geschäfte Kunden bei ihr abschließen.

Gedämpftes Kreditneugeschäft bei Sparda-Bank Hamburg

Liesegang begrüßt die Zinsentwicklung. Man habe sie sich herbeigewünscht, „weil das für unser Geschäftsmodell besser ist“. Die auf den Privatkundenmarkt ausgerichtete Sparda-Bank Hamburg, die wie viele andere Institute noch bis Mitte vergangenen Jahres einem Teil ihrer Einlagenkunden Negativzinsen in Rechnung stellte, geht in ihren kalkulierten Szenarien von einem dauerhaft positiven Zinsumfeld aus.

Mit den eingesammelten Geldern lasse sich über „vernünftige Kupons“ im Wertpapierbereich oder auf den Zentralbankkonten sowie über die Kreditvergabe Geld verdienen. Die Erwartungen an das Kreditneugeschäft in diesem Jahr fallen bei dem in Hamburg, Schleswig-Holstein sowie im Norden Niedersachsens präsenten Institut freilich gedämpft aus: Die Wachstumsprognose für 2023 beziffert der Sparda-Bank-Chef mit Verweis auf hohe Haus- und Wohnungspreise sowie Baukosten auf 2,5% – nach einem Plus von netto 7,1% im vergangenen Jahr.

Sparda-Bank Hamburg ist wieder in besserer Verfassung

Dass das Institut wieder stärker in die Offensive geht, hat auch mit der verbesserten Verfassung zu tun. Bilanzstatistiken würden zeigen, dass die Sparda-Bank Hamburg inzwischen die ertragsstärkste Sparda-Bank sei, so Liesegang. Für 2023 stellt der Vorstandschef ein Aufwand-Ertrags-Verhältnis von rund 65% in Aussicht. Als er 2016 von der Bausparkasse Schwäbisch Hall zur Sparda-Bank nach Hamburg gekommen sei, habe die Aufwandsquote bei 90% und darüber gelegen.

Die Verwaltungskostenquote von 2,36% der Durchschnittsbilanzsumme auf heute 1,14% zu senken, sei vor allem durch den Wechsel zum genossenschaftlichen IT-Dienstleister Fiducia & GAD (heute Atruvia), aber auch durch Abbau des Personalbestands von 536 auf rund 380 Beschäftigte gelungen. Auf betriebsbedingte Kündigungen habe man dabei verzichten können. Heute lägen die Personalkosten wieder auf dem Niveau von 2008/09, so der Bankchef. „Wir haben klassische Hausaufgaben gemacht.“ Die Konsolidierung sei abgeschlossen, doch auf das Einhalten von Budgets werde weiterhin genau geachtet. „Wir haben immer noch eine Kostenanalyse-Runde, aber wir sind jetzt wieder auf Wachstum aus.“

Wertpapierabschreibungen

Dass sich der Jahresüberschuss 2022 gegenüber dem Vorjahr von 5,1 Mill. auf 2 Mill. Euro mehr als halbierte, lag vor allem an einem um fast 16 Mill. Euro auf −12,4 Mill. Euro verschlechterten Bewertungsergebnis. Hier wirkten sich temporäre Abschreibungen auf Wertpapiereigenanlagen im Zuge der Zinswende aus. In Anbetracht der Abschreibungen und stiller Lasten aus dem Wertpapierbestand von 45 Mill. Euro, die in den Anlagenbestand umgewidmet wurden, zahlt die Sparda-Bank ihren Mitgliedern eine vergleichsweise niedrige Dividende von im Vorjahresvergleich unverändert 1,25%.

Die Sparda-Bank Hannover etwa kündigte für 2022 eine Ausschüttung von 2,5% an. Eine Fusion, wie sie 2006 mit dem Schwesterinstitut im Gespräch war, sei für die Sparda-Bank Hamburg nach dem „schwierigsten Jahr der Unternehmensgeschichte“ seit Jahrzehnten kein Thema. Im Norden schließen sich gerade die ebenfalls genossenschaftlichen PSD Banken Nord und Kiel zusammen.

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