Finanzverbünde

Sparkassen ringen um Umgang mit Zinsportalen

Die Sparkassen ringen mit sich wegen ihres Umgangs mit Zinsportalen. Ihr Verband DSGV beschäftige das Thema, sagt dessen­ Präsident Helmut Schleweis und lässt Distanz zu Weltsparen & Co erkennen. Gleichwohl haben Sparkassen dorthin Depositen im dreistelligen Millionenvolumen vermittelt.

Sparkassen ringen um Umgang mit Zinsportalen

bn Frankfurt

– Deutschlands Sparkassen ringen im Lichte der Havarie der Greensill Bank um den richtigen Umgang mit Zinsportalen wie Weltsparen und Zinspilot. Zinsportale, die als Vermittler von Einlagen aufträten, ohne Beratung zu erbringen, könnten problematisch sein, wenn die dahinterstehenden Banken Probleme bekämen, sagte Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV), auf der Bilanzpressekonferenz am Mittwoch. Man müsse feststellen, dass diese Plattformen nur über die Einlagensicherung funktionierten und eine Reputationsleihe machten, um Geld zu verdienen: „Das ist natürlich ein ganz schwieriges Geschäftsmodell.“ Auch der DSGV beschäftige sich mit dem Thema. Dies seien aber noch offene Fragen.

Diskussionsbedarf

Diskussionsbedarf hat der Verbund in der Tat. Denn die drohende Pleite der Bremer Greensill Bank hat die Sparkassen in eine schwierige Lage gebracht: Auf der einen Seite verweist ihr Präsident wie in seiner Rede am Mittwoch auf „das ohnehin sehr hohe Vertrauen in die Sparkassen“, das im Zuge der Krise 2020 nochmals außergewöhnlich stark gestiegen sei; in der Folge würden den Instituten immer mehr Einlagen anvertraut, erklärte Schleweis. Auf der anderen Seite droht zugleich ein Vertrauensschaden, wenn solche Depositen von Sparkassen zu Zinsportalen wandern, welche diese dann in Pleitekandidaten versenken. Den Anteil der Einlagenvermittlung an Portale anbietenden Sparkassen bezifferte Schleweis am Mittwoch auf 2 bis 3%. Dies liefe immerhin auf eine hohe einstellige Zahl an Instituten hinaus. Einige davon hätten Anlagen bei der Greensill Bank angeboten, andere nicht. Als eines dieser Häuser nennt Bloomberg die Sparkasse Vorpommern. Schleweis zufolge dürfte den Portalen auf diese Weise ein dreistelliger Millionenbetrag zugeflossen sein. Fälle, in welchen Sparkassen Depot-A-Gelder der Greensill Bank anvertraut hätten, seien ihm nicht bekannt. Unabhängig davon, zu welchem Ergebnis die Debatte im DSGV führen wird, bleibt offen, wie der Verband überhaupt verhindern könnte, dass Sparkassen Kundeneinlagen Weltsparen & Co zuleiten; schließlich entscheidet jedes Institut vor Ort über seine Geschäftsstrategie. Mit diesem Hinweis zog sich Schleweis denn auch aus der Affäre, als er auf den Fall der Sparkasse Düsseldorf angesprochen wurde, die Bestandskunden mit hohen Guthaben auf Giro- und Tagesgeldkonten gekündigt hat.

Rekordhoher Zufluss

Auch Kommunen, den Trägern der Sparkassen, berechnen die Institute längst Verwahrentgelte, wie Schleweis berichtet. In Zeiten, in denen Einlagen Banken Negativzinsen kosten und der Depositenstrom anschwillt, ist die Versuchung groß, Einlagen weiterzuleiten. 2020 registrierten die Sparkassen einen Einlagenzuwachs im Volumen von 79,1 Mrd. Euro oder 7,9%. Dieser Rekordwert sei zwar Ausdruck eines riesigen Kundenvertrauens in Krisenzeiten, erklärte Schleweis. Wegen der betriebswirtschaftlichen Folgen aber müssten die Sparkassen gegensteuern.

Freilich hat der DSGV-Präsident dabei weniger eine Umleitung von Depositen auf Zinsportale, sondern eher vermehrte Anlagen am Kapitalmarkt, Sparpläne oder die Bildung von Wohneigentum vor Augen, wie er am Mittwoch deutlich machte.

Für die Sparkassen sei weniger ihr hoher Anteil am Einlagenzustrom ein Thema als die Frage, wie sie diese Depositen anlegen könnten. Den durch die negativen Einlagenzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) die deutschen Sparkassen 2020 rund 120 Mill. Euro gekostet haben. Die EZB könnte ihren Teil dazu beitragen, den Druck zu lindern, indem sie das Volumen an Einlagen erhöhe, welches sie vom Negativzins freistelle, merkte er an.

Was Überlegungen zu der von ihm propagierten Bildung eines Sparkassen-Zentralinstituts angeht, trat der Sparkassenpräsident zur Wochenmitte deutlich auf die Bremse. Das Vorhaben könne man erst wieder aufnehmen, wenn die Risiken aus der Corona-Pandemie sicher abschätzbar seien, sagte er: „Alles andere wäre nicht vernünftig.“ Und beim Neustart werde der Erfolg davon abhängen, „dass die Sparkassen in allen Regionen das wollen, die Regionalverbände als Miteigner der Landesbanken das vorantreiben, und die Bundesländer das ermöglichen“. Realistisch betrachtet, glaube er vor diesem Hintergrund nicht, dass es von ihm in den nächsten anderthalb Jahren Meldungen zu Fortschritten geben werde, sagte er.

Hilfe im Schneckentempo

Klare Worte fand er zur Praxis staatlicher Stützungsmaßnahmen in der Pandemie: „Die deutschen Programme sind im Volumen und ihrer Ausgestaltung weltweit einzigartig. Die Komplexität und die deutsche Bürokratie sind es aber auch. Echte Hilfe kommt da im Schneckentempo“, rügte er. Noch gebe es viele Firmenkunden, „die nicht einmal die Vorschüsse auf die November- und Dezemberhilfen gesehen haben – von den eigentlichen Auszahlungen spreche ich noch gar nicht.“ Es brauche deutlich mehr Tempo in den staatlichen Systemen, die zu komplex und nicht digital genug seien: „Nach Corona ist hier ein echter Modernisierungsschub nötig.“

Was Angebote in Sachen Nachhaltigkeit angeht, attestierte Schleweis den Sparkassen große Fortschritte und verwies auf 66 entsprechende Fonds, welche die Deka inzwischen offeriere, sowie auf einen von Deka, LBBW und Helaba platzierten Green Bond der Europäischen Investitionsbank, mit dem Sparkassen im Depot-A nachhaltiger agieren könnten. Zudem hätten 223 Sparkassen das Thema Nachhaltigkeit standardmäßig in die Beratung integriert, die übrigen folgten bis Ende April. Die vom DSGV im Dezember präsentierte Selbstverpflichtung auf mehr Nachhaltigkeit haben seinen Angaben zufolge bisher rund 200 der 372 Institute unterzeichnet.