Sparkassen rufen Politik zu mehr Entschlossenheit auf
Sparkassen rufen Politik zu mehr Entschlossenheit auf
DSGV-Präsident: Grundlegende Herausforderungen mit mehr Leidenschaft angehen – Replik nach Trägerstreit um Nord/LB
Die Sparkassen rufen die Politik zur Verteidigung von Werten, Wohlstand und Demokratie in Deutschland zu mehr Entschlossenheit auf. Dass sich die Bundesregierung hinter Belange der roten Finanzgruppe stellt, kam beim Sparkassentag gut an. Thema des Treffens blieb auch am zweiten Tag der Streit im Nord/LB-Trägerkreis.
ste Hannover
Die Sparkassen rufen vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine, von Klimawandel und teurer Energie sowie von in Frage stehender Wettbewerbsfähigkeit und hohen Belastungen für die Gesellschaft zu größerer Entschlossenheit auf, um Werte und Wohlstand sowie die Demokratie zu bewahren. Es fehle nicht an Lösungsideen, aber an Konsequenz und Leidenschaft, um grundlegende Herausforderungen zu bewältigen, sagte Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), am Donnerstag beim Deutschen Sparkassentag in Hannover.
Beim Wechsel zu den regenerativen Energien dürfe, so Schleweis, nicht alles auf ein Pferd wie die Wärmepumpe gesetzt werden, die Energiewende müsse für alle verkraftbar bleiben. Wohnen müsse bezahlbar sein, dazu brauche es mehr sozialgebundene Wohnungen und eine bessere Wohneigentumsförderung. Bauwillige dürfe der Staat nicht mit der Grunderwerbsteuer belasten. Der Sparkassenpräsident betonte weiter, der Zugang zur Wertpapierberatung dürfe nicht erschwert werden, wenn zugleich nachhaltige Geldanlage und Vermögensgerechtigkeit politisch gefordert würden. Die EU-Kleinanlegerstrategie sei zu unterstützen, wenn sie wirklich mehr Teilhabe am Kapitalmarkt sicherstelle. „Kapitalmärkte müssen Menschen dienen, nicht Banken.“ Sicherungssysteme, so Schleweis, müssten das Vertrauen von Menschen erhöhen, nicht die Geschäftsmöglichkeiten von Banken erweitern.
Dank an Regierung
Um die Herausforderungen, zu denen auch die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und der Erhalt der Dezentralität in Deutschland zählten, zu bewältigen, komme es auf Stabilität an. Dafür stehe die Sparkassengruppe. „Seit Gründung der Bundesrepublik hat bei uns kein Sparer seine Einlagen verloren“, unterstrich der DSGV-Präsident. Das sei eine historisch einzigartige Leistung. Das System funktioniere bei Sparkassen, bei Bausparkassen, auch bei Landesbanken, dort gemeinsam mit Bundesländern als Trägern. Es sei nicht zu verstehen, wenn europäische Institutionen mit der Gruppe sprächen, „als müsse man uns Stabilität beibringen oder Effizienz oder gar Markterfolg“. Das sei unhistorisch und unangemessen. Schleweis betonte, eine „zusammengezwungene europäische Einlagensicherung“ schaffe nicht mehr, sondern weniger Vertrauen. Die Finanzgruppe sei der Bundesregierung für ihre „klare Haltung“ dankbar.
Stabilität, fügte Schleweis hinzu, brauche viele Pfeiler. Dezentralität werde oft mit mangelnder Effizienz gleichgesetzt. Dieses Problem entstehe, wenn die Pfeiler die Last nicht teilten. Staaten sollten richtigerweise nicht für zu große Banken haften, diese benötigten aber im Krisenfall immer den Staat als Stütze. Dezentrale Verbünde hätten den systemischen Vorteil, in ihren Teilen jeweils Größen zu haben, die solidarisch gesichert werden könnten. Zugleich gingen sie arbeitsteilig genug vor, um Effizienzvorteile großer Einheiten heben zu können. Der Sparkassenpräsident konzedierte, Märkte benötigten oft größere Einheiten. Daher würden nun im eigenen Lager Landesbausparkassen zusammengeführt. Eine solche Notwendigkeit sehe er auch bei den Landesbanken, um die Leistungsfähigkeit zu erhöhen und sie auf die Risikobereitschaft der Sparkassen hin zu optimieren. Schleweis erinnerte damit an ergebnislose Diskussionen über die Bildung eines Sparkassenzentralinstituts während seiner Amtszeit seit Anfang 2018. Die Aufgabe sei noch nicht erledigt, sie müsse noch gemacht werden. „Und das wird auch geschehen, später, hoffentlich selbstbestimmt.“
Ohne Namen der Beteiligten zu nennen, ging der DSGV-Präsident auch auf den Streit zwischen den Trägern der Nord/LB um Investitionen in ein IT-Banksteuerungssystem der Landesbank ein. „Bei nüchterner Betrachtung weiß jede Landesbank, dass für eine gute Zukunft eine enge Zusammenarbeit mit Sparkassen erforderlich ist. Auch Bundesländer wissen das“, sagte Schleweis. Stephan Weil, Ministerpräsident des mit 57,5% an der Nord/LB beteiligten Landes Niedersachsen, hatte zum Auftakt des Sparkassentages am Mittwoch eine Aufkündigung der Partnerschaft mit Eigentümern aus der Sparkassenorganisation angedroht, die seit der Stützung der in der Schifffahrtskrise in Not geratenen Landesbank Ende 2019 Anteile halten. Vor dem Hintergrund der seit Monaten laufenden Gespräche im Trägerkreis über das IT-System und die Ausrichtung der Nord/LB hatte der SPD-Politiker gefordert, zügig zu einem gemeinsamen Verständnis zu finden, das die Zukunft der Landesbank auf Dauer sichere. Wenn dies nicht möglich sein sollte, gebe es „auch die Möglichkeit, eine solche Partnerschaft freundschaftlich und einvernehmlich zu beenden“.
Während Niedersachsen mit einer robusten Nord/LB die Energiewende vorantreiben will, tritt man im Sparkassenlager bei Wachstumsplänen der Bank auf die Bremse. Streitthema sind Umfang und Kosten des IT-Systems sowie die Ausrichtung der Bank. DSGV-Präsident Schleweis hatte am Mittwoch von guten, offenen Gesprächen gesprochen. Niedersachens Sprkassenpräsident Thomas Mang äußerte die Erwartung, dass eine Entscheidung „relativ kurzfristig“ getroffen werden könne.
Helmut SchleweisSeit Gründung der Bundesrepublik hat bei uns kein Sparer seine Einlagen verloren.