IM INTERVIEW: HOLGER MAI, KARL FESENMEYER UND CARSTEN LEHMANN

Sparkassengruppe gewinnt M&A-Expertise

Frankfurter Bankgesellschaft erweitert durch IMAP-Übernahme ihr Leistungsspektrum - Mittelstand als gemeinsame Kernzielgruppe

Sparkassengruppe gewinnt M&A-Expertise

Die Helaba-Tochter Frankfurter Bankgesellschaft hat 75,1 % an der IMAP M & A Consultants AG in Mannheim übernommen. Die 1997 gegründete Gesellschaft ist der deutsche Arm der seit 1973 bestehenden IMAP International. Diese bezeichnet sich als eine der ältesten und mit jährlich etwa 200 Deals im Gesamtvolumen von rund 10 Mrd. Dollar zugleich als eine der weltweit größten Organisationen für Mergers and Acquisitions (M&A), verfügt über Niederlassungen in mehr als 40 Ländern und beschäftigt über 450 M&A-Berater. Die im Januar angekündigte Transaktion wurde kürzlich abgeschlossen. Im Interview äußern sich Holger Mai, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Frankfurter-Bankgesellschaft-Gruppe und nun auch Aufsichtsratsvorsitzender der IMAP, sowie IMAP-Gründer und -Vorstand Karl Fesenmeyer und dessen Kollege Carsten Lehmann zur Bedeutung der Übernahme für alle Beteiligten und zum mittelständischen M&A-Markt. Herr Mai, warum ist IMAP für die Frankfurter Bankgesellschaft interessant?Mai: Mit der Beteiligung an IMAP haben wir unser Leistungsspektrum als Privatbank der Sparkassen-Finanzgruppe sinnvoll erweitert. Das war unser Hauptbeweggrund. Ausschlaggebend war, dass wir eine identische Kernzielgruppe haben, nämlich mittelständische Unternehmen beziehungsweise deren Inhaberfamilien. Der Mittelstand ist zugleich von zentraler Bedeutung für die gesamte Sparkassen-Finanzgruppe, die hier über die höchste Marktdurchdringung aller Banken in Deutschland verfügt. Welche strategische Bedeutung hat die Beteiligung für Ihre Bankengruppe?Mai: Die Frankfurter Bankgesellschaft konnte in den letzten Jahren ein deutlich über der Branchenentwicklung liegendes Wachstum des Anlagevolumens verzeichnen. Ein wesentlicher Teil davon stammt aus Unternehmervermögen. Das macht den Mittelstand für uns und unsere Kooperationssparkassen zu einer hochrelevanten Zielgruppe, der wir eine entsprechend umfassende Betreuung anbieten möchten. Falls es keine familieninterne Lösung für die Unternehmensnachfolge gibt, hat ein Verkauf natürlich auch große Auswirkungen auf das private Vermögen. M&A-Transaktionen mit den Experten von IMAP, einem der Marktführer in Deutschland, begleiten zu können, sehen wir als logischen nächsten Schritt. Erweitert die Frankfurter Bankgesellschaft mit der M&A-Beratung ihr traditionelles, auf die Vermögensverwaltung fokussiertes Geschäftsmodell?Mai: Vermögensanlage über die und mit der Sparkasse vor Ort ist und bleibt unser Kerngeschäft. Aber wir sind überzeugt, dass unsere Rolle als Privatbank für die Betreuung von vermögenden Kunden innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe die Fokussierung auf die ganzheitliche Betreuung von Unternehmerfamilien einschließt. Daher hat die Frankfurter Bankgesellschaft schon vor einigen Jahren ihr Leistungsspektrum entsprechend erweitert – mit dem Ausbau des Family Offices, das vermögende Kunden und Unternehmerfamilien zum Beispiel bei der Erstellung einer ganzheitlichen Familien- und Vermögensstrategie berät. Die Zusammenarbeit mit IMAP ist insofern ein weiterer Baustein in unserem Dienstleistungsangebot für Familienunternehmen. Könnten sich die für Ihr Haus neuen Aktivitäten mit dem eigenen Geschäft der Helaba überschneiden? M&A-Beratung dürfte ja auch das Corporate Finance Ihrer Muttergesellschaft anbieten.Mai: Das haben wir natürlich im Vorfeld abgestimmt. Die Helaba hat kein eigenes M&A-Team, sondern verfügt über ausgewiesene Expertise in der Akquisitionsfinanzierung. Zusammen mit der jeweiligen Sparkasse vor Ort runden wir damit auch den Bedarfsfall der finanziellen Begleitung der Käuferseite einer Transaktion ab. Herr Fesenmeyer, warum verkaufen die bisherigen Eigentümer von IMAP überhaupt den Großteil ihrer Anteile?Fesenmeyer: Seit der Gründung vor über 23 Jahren war das Geschäftsmodell stark auf die Gründergeneration ausgerichtet und basiert bei aller Systematik stark auf den persönlichen Netzwerken. Jahraus, jahrein beraten wir unsere Kunden bei der rechtzeitigen Regelung ihrer Unternehmernachfolge. Mein Vorstandskollege Peter Koch und ich fühlen uns auf dem Höhepunkt unserer Schaffenskraft, und deshalb ist dies der richtige Zeitpunkt, auch unsere eigene Nachfolge zu regeln. So bleibt uns noch eine Reihe von Jahren, in denen wir den Generationenübergang tatkräftig umsetzen können. Mit dem Einstieg von Henning Graw und Dr. Carsten Lehmann als Partner vor einigen Jahren haben wir diesen Prozess bereits eingeleitet. Und welches Ziel verfolgen Sie mit dem Verkauf an die Frankfurter Bankgesellschaft?Fesenmeyer: Unser Ziel war, für eine zukunftsweisende Nachfolgeregelung einen starken Partner zu gewinnen, der die Verankerung im deutschen Mittelstand systematisch stärkt und insbesondere auch ein langfristig stabiler Pfeiler für unsere internationale Partnerschaft ist. Mit einem reinen Austausch von Personen wären wir zu kurz gesprungen. Wir wollten auch institutionell die Verwurzelung im Mittelstand stärken. Was reizt Sie an Ihrem neuen Mehrheitsaktionär?Fesenmeyer: Uns hat vor allem überzeugt, wie erfolgreich die Frankfurter Bankgesellschaft ihre Dienstleistungen in der Vermögensverwaltung und der umfassenden Beratung von Familien gemeinsam mit den Sparkassen in den letzten Jahren entwickelt hat. Sie hat dabei einen großen Teil der Sparkassen davon überzeugen können, mit ihr zusammenzuarbeiten. Wir haben den Eindruck gewonnen, dass hier Qualität, Professionalität und Nachhaltigkeit die wesentlichen Treiber des Erfolgs sind. Das passt sehr gut zu unserem Geschäft. Für uns ergibt sich in dieser Konstellation logischerweise die Chance, unseren Kundenzugang deutlich zu verbreitern. Gründer und Vorstände bleiben an Bord, auch mit einer Beteiligung von knapp 25 %. Wie lange? Und was sind die Vorteile dieser Struktur?Lehmann: Dieses Beteiligungspaket soll dauerhaft dem Management von IMAP Deutschland zur Verfügung stehen, womit wir eine unternehmerische und eigenständige Führung des Geschäfts im Gesellschafterkreis verankern. Dies ist für die M&A-Beratung unabdingbar, denn ein Blick auf unseren Wettbewerb offenbart, dass nur unternehmerisch geführte Einheiten über einen längeren Zeitraum erfolgreich sind.Mai: Für die Frankfurter Bankgesellschaft ist diese DNA eine wesentliche Grundlage für langfristige Kontinuität und Erfolg. Wir freuen uns, dass das erfolgreiche IMAP-Team, das am Markt einen hervorragenden Ruf genießt, dem Unternehmen auch in Zukunft erhalten bleibt. Welche Synergien ergeben sich durch die Übernahme für beide Häuser?Mai: Als Frankfurter Bankgesellschaft und in unserer Rolle als Privatbank der Sparkassen-Finanzgruppe haben wir nun mit IMAP auch die Möglichkeit, Familienunternehmern bei einem potenziellen Verkauf des Unternehmens, bei dem die Sparkasse vor Ort oft die Hausbankfunktion wahrgenommen hat, eine qualifizierte Begleitung zu bieten. Davon versprechen wir uns natürlich eine Stärkung der Kundenbindung – und die Potenziale, den Gesamtprozess vom Anfang bis zur Realisierung und Vermögensanlage zu begleiten.Lehmann: Für IMAP bedeutet die Partnerschaft vor allem einen deutlich verbreiterten Kundenzugang, denn auch den Kunden der Frankfurter Bankgesellschaft und der zahlreichen Kooperationssparkassen können wir nun M&A-Beratung auf internationalem Niveau anbieten. Nahezu jeder Mittelständler in Deutschland unterhält eine Geschäftsverbindung mit der örtlichen Sparkasse. IMAP mit dem Gesellschafterhintergrund der Frankfurter Bankgesellschaft als der Privatbank des Sparkassensektors sitzt damit näher am deutschen Mittelstand als jeder andere M&A-Berater. Sie erweitern auch Ihr Kompetenzspektrum?Lehmann: Richtig. Wir können unseren Kunden nun bereits viel früher als im M&A-Markt üblich Beratungsleistungen im Bereich der Familienstrategie und Gesamtvermögensstrukturierung durch das Family Office der Frankfurter Bankgesellschaft sowie eine professionelle Verwaltung liquiden Vermögens durch die Frankfurter Bankgesellschaft anbieten, die dafür ja mehrfach prämiert wurde. Wie sehen die finanziellen Konditionen der Transaktion aus?Mai: Wir haben als Frankfurter Bankgesellschaft (Schweiz) AG und Teilkonzernführer der Gruppe die Transaktion aus unseren freien eigenen Mitteln, also aus Eigenkapital, bezahlt. Über die monetären Details wurde selbstverständlich Stillschweigen vereinbart. Wie können die deutschen Sparkassen konkret von dieser Akquisition der Frankfurter Bankgesellschaft profitieren?Mai: Wenn das Leistungsangebot der Frankfurter Bankgesellschaft wächst, erweitert sich automatisch auch das der Sparkassen-Finanzgruppe – wir verstehen uns als Privatbank der Gruppe, unsere Kunden gewinnen wir gemeinsam mit den Instituten vor Ort. Ganz konkret können die Sparkassen gemeinsam mit uns als ihrem Verbundpartner dem inhabergeführten Mittelstand ein umfangreicheres Portfolio an Beratung und Betreuung anbieten als wohl jeder Wettbewerber. Wenn der S-Finanzgruppe eine entsprechend gesteigerte Kompetenz zugeschrieben wird, hilft das den Sparkassen, Beziehungen zu ihren Firmenkunden zu stabilisieren und auszubauen. Das sichert langfristig Kundenbindung, Vertrauen und auch Erträge. Die Frankfurter Bankgesellschaft übernimmt 75,1 % des deutschen Teils der globalen IMAP-Organisation. Wie gestalten sich künftig die Beziehungen zu dieser internationalen Organisation beziehungsweise die Zusammenarbeit mit ihr?Fesenmeyer: An der Zusammenarbeit innerhalb der IMAP-Organisation ändert sich dadurch nichts. Die internationalen IMAP-Partner legen Wert darauf, in jedem Land dauerhaft zur Spitzengruppe der M & A-Berater zu gehören. Insofern wurde der Einstieg der Frankfurter Bankgesellschaft bei IMAP Deutschland als Stärkung der Marktposition begrüßt und unterstützt. Wichtig war für das IMAP-Board, in dem wir mit Dr. Lehmann vertreten sind, dass die Dealmaker weiter an IMAP Deutschland beteiligt bleiben. Wer sind die Eigentümer der internationalen IMAP-Teile?Lehmann: Die allermeisten IMAP-Partnergesellschaften gehören den Dealmakern vor Ort. In wichtigen Ländern wie Frankreich, Belgien, Polen und im asiatischen Bereich sind daneben auch Privatbanken Partner von IMAP. Die IMAP-Dachorganisation wiederum gehört allen lokalen Partnergesellschaften. Diese Organisationsform, die anderen Partnerstrukturen im Bereich der Rechts- oder Steuerberatung ähnlich ist, lebt von subsidiären Anreizen und der Zusammenarbeit in Win-win-Situationen, für die es klare Performancekriterien gibt. Was ist maßgeblich für den Erfolg des Modells?Lehmann: Für den Erfolg tragend sind die in jahrelanger Zusammenarbeit entwickelten gemeinsamen Werte. Uns wird immer wieder gespiegelt, dass selbst große Investmentbanken eine bereichs- und grenzübergreifende Zusammenarbeit mit ihrem hierarchischen Organisationsprinzip nur leidlich hinbekommen. Das mag auch daran liegen, dass herkömmliche, hierarchisch gegliederte Organisationen gerade in einem Berufsumfeld, wo es stark auf die kreative Leistung und Motivation jedes einzelnen Mitarbeiters ankommt, nur mäßig erfolgreich sind. Welche Bedeutung hat M&A für den deutschen Mittelstand beziehungsweise für die Familienunternehmen? Welche Trends zeichnen sich hier ab?Lehmann: Das Thema M&A ist auch für den Mittelstand immer schon wichtig gewesen. Über 1 000 Transaktionen im Jahr mit deutschen Zielunternehmen machen das deutlich. Wir beobachten darüber hinaus, dass Unternehmer sich immer früher über die Nachfolge Gedanken machen. Waren unsere Kunden früher häufig bereits älter als 60 Jahre, sind sie heute immer häufiger auch Anfang 50 oder jünger – gerade die Generation junger Gründer im Technologieumfeld hat oft eine andere Lebensplanung und möchte nach erfolgreicher Unternehmensentwicklung über zehn bis 20 Jahre häufig noch etwas anderes machen, sich philanthropisch betätigen oder sich selbst als Investor breiter, aber dafür nicht mehr so tief in einem einzigen Unternehmen engagieren. Im Vergleich zu den USA, aber auch England oder Frankreich ist die Zahl der Unternehmenstransaktionen in Deutschland in Relation zum Bruttosozialprodukt immer noch deutlich geringer. Es liegt daher nahe, dass es unabhängig von der Konjunktur einen langfristig wachsenden Bedarf an guter Beratung für solche Transaktionen gibt. Was sind bei M&A-Transaktionen in dieser Zielgruppe die besonderen Herausforderungen?Fesenmeyer: In der Regel ist ein mittelständisches Unternehmen nicht auf einen Verkauf vorbereitet, und dies gilt auch für die Unternehmer selber. Es gilt, die Vorstellungen der Inhaber mit den Marktverhältnissen in Einklang zu bringen. Deshalb ist ein M&A-Prozess im Mittelstand keine technokratische, sondern eine hochemotionale Angelegenheit, bei der sich schon mal die Ziele im Laufe der Zeit verschieben können. Diese Komplexität zu beherrschen und die unternehmerischen Potenziale der Firma zu verkaufen, ist eine besondere Herausforderung, auf die wir uns als Mittelstandsberater fokussieren. Wie sieht Ihr Markt – M&A-Beratung für den Mittelstand – auf der Anbieterseite aus? Welche Adressen sind da unterwegs, welche sind Ihre wesentlichen Wettbewerber?Lehmann: Einerseits gibt es zahlreiche M&A-Berater im Markt, andererseits beobachten wir, dass sich seit Jahren nur ausgewählte Häuser nach vorne entwickeln und konstant in den einschlägigen Rankings gut platziert sind, in denen wir seit Jahren ebenfalls oben mit dabei sind. Ein Merkmal, das diese Häuser eint, ist sicher ihre internationale Präsenz. Dazu zählen neben den Big-4-Organisationen (PwC, KPMG, Deloitte, E&Y, Anmerkung der Redaktion) zum Beispiel Altium, Lazard, Rothschild oder Lincoln. Bei einigen Wettbewerbern beobachten wir einen starken Fokus auf Transaktionen für Private-Equity-Investoren. Obwohl wir hier ebenfalls mehrere Exits pro Jahr begleiten, liegt unser Fokus stärker auf Nachfolgelösungen für den inhaber- oder familiengeführten Mittelstand. Herr Mai, seit dem vorigen Jahr kooperiert die Frankfurter Bankgesellschaft mit der M&A-Onlineplattform Companylinks. Wie passt das mit der IMAP-Transaktion zusammen?Mai: In der neuen Konstellation können wir mit dem Leistungsangebot der IMAP sicherlich einen guten Teil der Bedürfnisse von Familienunternehmern abdecken, aber nicht alle. Da spielen Umsatz, Ertragskraft und Größe des Unternehmens eine Rolle. Durch die Kooperation mit Companylinks stellen wir den Sparkassen und ihren mittelständischen Kunden eine Plattform-Alternative zur Verfügung. Entscheidend ist, dass wir im Verbund das Bedürfnis des von der Sparkasse meist über Jahrzehnte finanziell begleiteten Unternehmens und seiner Inhaberfamilie auch im Prozess der Veräußerung abdecken. Das Interview führte Bernd Wittkowski.