Thomas Fischer

Spektakuläres Debüt

Die Verteidigung des früheren Warburg-Managers Christian S. war für Thomas Fischer, Vorsitzender Richter des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs a.D., das erste wirklich öffentlichkeitswirksame Mandat in seiner neuen Rolle. Der 68-Jäh­rige, der...

Spektakuläres Debüt

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Die Verteidigung des früheren Warburg-Managers Christian S. war für Thomas Fischer, Vorsitzender Richter des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs a.D., das erste wirklich öffentlichkeitswirksame Mandat in seiner neuen Rolle. Der 68-Jäh­rige, der sich nach seinem Ausscheiden aus dem Staatsdienst als Kolumnist von „Zeit“ und „Spiegel“ einen für Rechtsgelehrte eher unüblichen Bekanntheitsgrad erwarb, ist kein Mann der leisen Töne. Als Autor begeisterte er seine mutmaßlich meist männlichen Leser durch juristisch wie menschlich sachkundige Verteidigungsreden gegen den von Diversity besessenen Zeitgeist. Dass er diese in zum Teil ans Unzumutbare grenzende Schachtelsätze packte, tat seiner Popularität wenig Abbruch. Einerseits wurden die Mühen der Lektüre ja durch schöne Pointen belohnt. Andererseits diente der Umstand, dem mäandernden Schreibstil gewachsen zu sein, der Selbstvergewisserung der Leserschaft als Angehörige einer, wenn auch in ihren Augen ins Abseits gedrängten, intellektuellen Elite. Diesen Habitus hat Fischer in einem spektakulären Auftritt als Strafverteidiger in den Gerichtssaal transferiert, indem er auf eine von persönlichen Angriffen gegen die Oberstaatsanwältin und die Richter der Kammer durchzogene Angriffsverteidigung setzte. Ob dies in seinem Sinne war, bleibt dem Urteil von Christian S. überlassen.

(Börsen-Zeitung, 4.6.2021)