München an der Spitze

Zu wenig Studentenwohnungen bringen Wirtschaftsstandort in Gefahr

Ein neuer MLP-Report zeigt: In vielen Städten übersteigt die Nachfrage nach studentischem Wohnraum das Angebot deutlich. Das treibt die Preise – und rückt ein oft übersehenes Immobiliensegment in den Fokus von Investoren.

Zu wenig Studentenwohnungen bringen Wirtschaftsstandort in Gefahr

Fehlende Studentenwohnungen gefährden Wirtschaftsstandort

MLP-Report zeigt: Neubau reicht nicht für Nachfrage

wbr Frankfurt

Studentisches Wohnen ist nicht nur ein sozialpolitisches Thema, sondern längst ein Teil der Immobilienwirtschaft. Der MLP-Studentenwohnreport 2025 in Kooperation mit dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) verdeutlicht: Die Lage beim Studentenwohnen bleibt angespannt. Das Mietniveau steigt weiter an, während das Angebot an bezahlbarem Wohnraum in dem Segment vielerorts stagniert. Insbesondere in gefragten Hochschulstädten trifft anhaltend hohe Nachfrage zudem auf einen verhaltenen Neubau – eine Konstellation, die auch das Interesse privater Investoren auf sich zieht.

Stärker als Inflationsrate

Laut MLP-Report sind die durchschnittlichen Kaltmieten an 38 untersuchten Hochschulstandorten im Bundesgebiet zuletzt um 2,3% gestiegen. Besonders betroffen sind kleine Wohnungen unter 40 Quadratmetern, für die ein Mietanstieg von 4,3% verzeichnet wurde. WG-Zimmer wurden um durchschnittlich 1,7% teurer. Die jährlichen Steigerungsraten der vergangenen drei Jahre liegen teils zwischen 2,3% und 6,9% – ein Wert, der deutlich über der allgemeinen Inflationsrate liegt.

In München kostet eine vom IW definierte 30-Quadratmeter-Musterwohnung im Schnitt 837 Euro warm, gefolgt von Frankfurt (734 Euro). Günstiger ist Wohnen für Studenten in ostdeutschen Städten wie Chemnitz (296 Euro), Magdeburg oder Greifswald. Die stärksten Mietanstiege innerhalb der letzten drei Jahre gab es in Leipzig, Freiburg und Konstanz – mit jeweils mehr als 6% jährlich. In Berlin kam es erstmals zu einem Rückgang um 0,8%, was jedoch vor dem Hintergrund der extremen Steigerungen der Vorjahre als statistische Korrektur zu werten sei.

Hohe Standards

Das strukturelle Kernproblem bleibt das fehlende Angebot. Die Zahl der Baugenehmigungen ist in den vergangenen zwei Jahren stark gesunken, und dieser Rückgang schlägt sich in den Fertigstellungszahlen nieder. Die Bautätigkeit kann mit der Nachfrage – etwa durch wachsende Studierendenzahlen aus dem In- und Ausland – nicht mithalten. Michael Voigtländer, Immobilienexperte am IW, sieht darin zentrale Hemmnisse: Steigende Kosten, lange Genehmigungen und komplexe Standards bremsen zusätzlich die Entstehung neuen studentischen Wohnraums.

Besondere Relevanz erhält das Thema durch den Anstieg internationaler Studierender. Diese können – im Gegensatz zu vielen inländischen Kommilitonen – kaum auf das Elternhaus zurückgreifen oder pendeln, sondern benötigen fast immer eine eigene Wohnung. Laut Daten des Deutschen Studentenwerks lebten 2021 rund 46% der internationalen Studierenden in Wohnheimen – bei den übrigen Studierenden waren es nur 13%.

Ein Drittel privat finanziert

Die JLL-Studie zum PBSA-Markt (Purpose-Built Student Accommodation) bestätigt die Ergebnisse. Das Angebotsdefizit beläuft sich derzeit auf rund 520.000 fehlende PBSA-Betten – Tendenz steigend. Bis 2030 dürfte die Lücke auf über 700.000 Plätze anwachsen. Der private PBSA-Sektor macht in den sieben größten deutschen Städten inzwischen rund 34% des Angebots aus – mit Berlin als Spitzenreiter (49,4%). Die Objekte sind etwa zur Hälfte auf exklusives studentisches Wohnen und zur anderen Hälfte auf hybride Nutzungsformen ausgerichtet.

Attraktive Renditen

Für Investoren sei das spezielle Segment trotz hoher Einstiegskosten interessant. Die mittlere Bruttomiete im Sommer 2025 lag bei 870 Euro pro Einheit. Reine Studentenapartments lagen bei durchschnittlich 720 Euro, hybride Modelle bei rund 1.070 Euro. Die Spitzenrenditen bewegen sich je nach Stadt zwischen 4,1% und 4,5%. Der Abstand zu den Spitzenrenditen auf dem klassischen Wohnimmobilienmarkt ist seit 2021 von rund 120 Basispunkten auf 75 bis 85 Basispunkte geschrumpft – ein Zeichen für steigende Attraktivität.

Langfristig geht es um mehr als nur Mieten und Bauzahlen. Ein funktionierender Markt für studentisches Wohnen trägt zur Standortattraktivität deutscher Hochschulstädte bei, sichert Fachkräftenachwuchs und stärkt den Wirtschaftsstandort. Uwe Schroeder-Wildberg, Vorstandsvorsitzender der MLP SE, warnt: Wenn sich die Wohnungssituation für Studierende nicht endlich grundlegend verbessert, ist das eine weitere ernstzunehmende Gefahr für Deutschlands bereits angeschlagene Wirtschaft.