Stützungsfall

Tabula rasa in Heilbronns Volksbank

Das im April vereinbarte Rettungspaket für die Volksbank Heilbronn hat ein Volumen von insgesamt 74 Mill. Euro. Einer der größten Stützungsfälle der letzten Jahre für die Genossenschaften.

Tabula rasa in Heilbronns Volksbank

bn Frankfurt

Die Sicherungseinrichtung des genossenschaftlichen Bundesverbandes BVR hat der Volksbank Heilbronn im April dieses Jahres mit einem insgesamt 74 Mill. Euro schweren Rettungspaket unter die Arme greifen müssen, wie aus dem im Bundesanzeiger publizierten Abschluss für das vergangene Jahr hervorgeht. Rückwirkend per Ende 2020 gewährte die Sicherungseinrichtung demnach am 12. April gegen Besserungsschein Stützungsmaßnahmen über insgesamt 38,7 Mill. Euro; zur „Aufrechterhaltung der bankaufsichtsrechtlich notwendigen Risikotragfähigkeit“ kamen ergänzend Garantien für „erhöht latente Risiken aus offenen Kreditzusagen“ über 24,3 Mill. Euro hinzu, ferner die Übernahme möglicher Belastungen im laufenden und den beiden kommenden Jahren aus dem Kreditgeschäft, aus Abschreibungen und operationellen Risiken von bis zu 11,4 Mill. Euro.

Im genossenschaftlichen Lager gilt das gut 2 Mrd. Euro Bilanzsumme schwere Institut als größter Stützungsfall im Finanzverbund des Jahres, wenn nicht des Jahrzehnts. Die Bank war mit Wetten auf steigende Zinsen und Cum-cum-Geschäften in Schieflage geraten. Wegen der Vorgänge im Ländle prüft die Staatsanwaltschaft Heilbronn die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens.

Mitte Mai haben ihre Vertreter einer Fusion mit der VR Bank Schwäbisch Hall-Crailsheim zugestimmt. Voraussetzung für die Verschmelzung war offenkundig das Rettungspaket, in dessen Zuge bilanzieller Kehraus im Institut angesagt war.

Wie der am Tag nach der Sicherungsvereinbarung erstellte Abschluss zeigt, hat die Volksbank Reserven von 20,1 Mill. Euro nach §340f HGB sowie von 20 Mill. gemäß §340g HGB auflösen müssen, um für 2020 einen Jahresüberschuss von 236000 Euro zeigen zu können. Mit gut 41 Mill. Euro schlug dem Abschluss zufolge allein die Umwidmung von vier langlaufenden Zinsswaps in einem Nominalvolumen von 170 Mill. Euro vom Zinsbuch in den sonstigen Bestand mit der Folge einer Bilanzierung zum beizulegenden Zeitwert ins Kontor. Abgeschlossen worden waren sie in den Jahren 2009 bis 2012 in Erwartung steigender Zinsen. Weitere außerbörsliche Zins-Swaps über 48 Mill. Euro waren Ende 2020 noch nicht zum Zeitwert bilanziert.

Die Drohverlustrückstellungen für diese Zinssicherungsgeschäfte ließen das Betriebsergebnis vor Bewertung von 0,20% auf minus 0,30% der durchschnittlichen Bilanzsumme fallen. Im Bewertungsergebnis machten sich den Angaben zufolge wiederum „Bonitätsverschlechterungen im Kundenkreditgeschäft“ bemerkbar. Eine nochmalige Rückstellung für mögliche Steuernachzahlungen infolge vergangener Cum-cum-Geschäfte „angesichts aktueller Rechtsprechung der Finanzgerichte“ trug unterdessen wesentlich zu einem Verlust von 20,5 Mill. Euro im betriebswirtschaftlich außerordentlichen Ergebnis bei, wie zu lesen ist. Die im Geschäftsjahr 2020 identifizierten Adressausfallrisiken, die Belastung durch Zinsswaps sowie die Rückstellung für Risiken aus strukturierten Wertpapierleihegeschäften des Jahres 2015 „überstiegen die bilanziellen Möglichkeiten“, heißt es. Deshalb habe das Institut Stützungsmaßnahmen beantragt.

Bescheidene Möglichkeiten

Die Verpflichtungen aus den Stützungsmaßnahmen würden die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Volksbank auf Jahre deutlich belasten. Das Institut habe „nur bescheidene Handlungsmöglichkeiten, um den Herausforderungen der Finanzbranche adäquat zu begegnen und im Marktumfeld in Heilbronn perspektivisch eine Zukunftsfähigkeit sicherzustellen“.

Deshalb sei man zu der Einschätzung gekommen, dass eine Verschmelzung der strategisch notwendige Schritt ist, „um ein inhaltliches und zukunftsgerichtetes Vorankommen zu ermöglichen“, heißt es im Abschluss. Teil des mit der Sicherungseinrichtung vereinbarten Rettungspakets war ferner die Verpflichtung, „mögliche Regressansprüche gegen aktuelle oder bereits ausgeschiedene Organmitglieder prüfen zu lassen“, wie im Abschluss zu lesen ist.

Volksbank Heilbronn
Kennzahlen nach HGB
in Mill. Euro20202019
Zinsüberschuss23,826
Provisionsüberschuss12,212,9
Verwaltungsaufwand34,435,4
Betriebsergebnis vor Bewertung− 6,14,1
Betriebsergebnis  − 13,94,2
Auflösung von Reserven nach § 340f HGB21,1
Jahresüberschuss0,21,8
Börsen-Zeitung