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Titelträume und Trikots

Die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland ist auch ein Wettkampf der Sportartikelkonzerne. Die Favoriten tragen die drei Streifen von Adidas oder den Swoosh, das Logo von Nike, auf der Brust. Die Bedeutung einer WM war für die Unternehmen früher...

Titelträume und Trikots

Die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland ist auch ein Wettkampf der Sportartikelkonzerne. Die Favoriten tragen die drei Streifen von Adidas oder den Swoosh, das Logo von Nike, auf der Brust. Die Bedeutung einer WM war für die Unternehmen früher allerdings größer.Von Joachim HerrWeltmeister kann Adidas nicht werden. Aber die Marke mit den drei Streifen rüstet immerhin die größte Zahl der Teams aus, die von Mitte Juni an um die Trophäe für die beste Fußballnation spielen. Zwölf der 32 Nationalmannschaften, die sich für die Weltmeisterschaft (WM) qualifiziert haben, sind im Portfolio von Adidas: von Gastgeber Russland bis zu Titelverteidiger Deutschland, Argentinien, das vor vier Jahren im Finale unterlegen war, und Spanien, dem Weltmeister von 2010 (siehe Seite 38). Nike, der größte Sportartikelkonzern der Welt, liegt mit zehn Teams an zweiter Stelle. Hochkarätig ist auch diese Aufstellung mit Brasilien, England, Frankreich und Europameister Portugal. Auf ein renommiertes Team muss Nike allerdings verzichten: Die Niederlande konnten sich wie schon für die Europameisterschaft (EM) vor zwei Jahren nicht qualifizieren. Sie scheiterten gegen Frankreich und Schweden. Die Skandinavier sind neben Mexiko und Südkorea in der Vorrunde Gegner der deutschen Elf. Noch herber ist der Verlust für Puma: Das azurblaue Trikot mit der Raubkatze wird in Russland nicht zu sehen sein. Denn das Team Italiens unterlag Schweden in den Playoff-Spielen der Gruppenzweiten und fehlt zum ersten Mal seit 1958. “Wir sind sehr traurig”, gesteht Bjørn Gulden, der Vorstandsvorsitzende von Puma. So ruhen seine Hoffnungen auf ein möglichst gutes Turnier vor allem auf der Schweiz und Uruguay. An die EM vor zwei Jahren wird sich Gulden nicht gern erinnern: Da hatte Puma mit der Schweiz ein Debakel erlebt – wenn auch nicht aus sportlicher Sicht. Im Vorrundenspiel gegen Frankreich erinnerte die halbe Mannschaft der Eidgenossen an Robinson Crusoe: Sieben Trikots zerrissen auf dem Platz, weil sie den Zupfern der Gegenspieler nicht standhielten. Puma erklärte das Missgeschick mit einem Produktionsfehler. Under Armour ist in Russland erst gar nicht dabei. Das US-Unternehmen hat nach starkem Wachstum und aggressivem Marketing in den Vorjahren einen kräftigen Dämpfer erlitten. Im Fußballgeschäft ist die Marke ohnehin kaum zu sehen. In Deutschland hat sie es derzeit nicht höher als in die zweite Bundesliga geschafft: Der FC St. Pauli, immerhin ein Kultklub in der Fanszene, spielt in Trikots der Amerikaner. Außer den beiden Großen Nike und Adidas sowie Puma sind bei der WM kleinere Ausrüster dabei – abgesehen von New Balance, die sich in der Umsatzliga von Puma tummelt.Aus Sicht der Sportartikelindustrie ist der russische Markt seit längerem nicht besonders attraktiv. Der Umsatz schrumpft wegen der allgemeinen Wirtschaftsschwäche und der von der EU und den USA verhängten Sanktionen. Adidas musste im vergangenen Jahr währungsbereinigt einen Rückgang um 13 % hinnehmen. Hinzu kommen der Verdacht der Korruption bei der Vergabe der WM und die politischen Folgen der Vergiftung des ehemaligen britischen Spions Sergej Skripal. Wenn die WM angepfiffen wird, tritt das alles in den Hintergrund. Für die Unternehmen ist das Veranstaltungsland angeblich ohnehin zweitrangig. “Die WM ist ein Katalysator für die Sportindustrie – egal, wo sie stattfindet”, argumentiert Adidas. “Wenn Fußball gespielt wird, schaut die Welt zu”, sagt der Vorstandsvorsitzende Kasper Rorsted. Eine Fußball-WM verschaffe der Marke mehr Sichtbarkeit als jedes andere Sportereignis. Vom fränkischen Nachbarn Puma ist Ähnliches zu hören: “Die WM bietet eine großartige Plattform, um Puma als echte Sport- und Fußballmarke weiter zu stärken.”Für Adidas ist Fußball gemessen an den Marketinginvestitionen nach wie vor die wichtigste Kategorie. Rorsted will die Bedeutung einer WM aber nicht überhöhen: “Die Zeit ist vorbei, in der ein einzelnes Ereignis großen Einfluss hat.” Für dieses Jahr rechnet das Unternehmen zwar mit einem steigenden Fußballumsatz. Im Vergleich mit anderen Sparten werde der Zuwachs aber nicht überproportional ausfallen. Mit Fußball erzielte Adidas im EM-Jahr 2016 einen Umsatz von 2,5 Mrd. Euro. Die Zahl für 2017 veröffentlicht das Unternehmen nicht. Ohne eine EM oder WM dürfte der Erlös gesunken sein. Da zudem die anderen Kategorien in den vergangenen Jahren stärker gewachsen sind, hat die relative Bedeutung von Fußball für Adidas abgenommen. Reus kickt mit Puma-SchuhenPuma gibt das Volumen des Fußballgeschäfts nicht bekannt. Es heißt nur, in diesem Jahr werde in der Kategorie Teamsport ein Umsatzwachstum mit einer zweistelligen Rate erwartet. Gulden begründet seine Zuversicht mit neuen Produkten wie den Fußballschuhen “One” und “Future”. Die werden auch während der WM-Spiele in Russland zu sehen sein. Stars wie der Dortmunder Marco Reus, die Franzosen Antoine Griezmann und Olivier Giroud sowie der Argentinier Sergio Agüero kicken mit Puma-Schuhen. Im Gegensatz zu den Trikots, die eine Mannschaft einheitlich trägt, dürfen die Spieler die Marke ihrer Kickstiefel selbst wählen. So verdienen die Nationalspieler extra dank der Ausrüsterverträge mit den Unternehmen.