Papiere aus dem Aktienrückkauf wurden eingezogen

Unicredit überschreitet die Schwelle von 20 Prozent bei der Commerzbank

An der Gefechtslage hat sich nichts geändert mit dem technisch bedingten Überschreiten von 20% direktem Anteilsbesitz der Unicredit bei der Commerzbank. Aber spätestens mit der kommenden Hauptversammlung werden die Italiener an Durchgriff gewinnen. Der Bund muss seine Positionierung überdenken.

Unicredit überschreitet die Schwelle von 20 Prozent bei der Commerzbank

Unicredit übertrifft 20-Prozent-Marke

Einzug zurückgekaufter Commerzbank-Titel lässt direkten Anteil steigen

bg Frankfurt

Ohne selbst einen Finger gerührt zu haben, hat die Unicredit die Schwelle von 20% Anteilsbesitz bei der Commerzbank überschritten. Denn aus den bislang 19,20% wurden am Dienstag 20,17%, da die Commerzbank Anteilsscheine aus den Aktienrückkäufen eingezogen hat. Das waren 57 Millionen Papiere, die rund 3% des Grundkapitals ausmachen – und mit sinkender Aktienzahl steigt rechnerisch der Unicredit-Anteil.

Knapp an die Schwelle zum Pflichtangebot

Über das Nehmen der Schwelle beim direkten Anteilsbesitz hatte die Commerzbank per Stimmrechtsmitteilung informiert. Über Derivate hat die Unicredit Zugriff auf weitere 9% der Aktien – und Unicredit-Chef Andrea Orcel hat schon angekündigt, auch diese Derivate bis zum Jahresende in Anteilsscheine umzuwandeln. Damit wäre die Unicredit dann ganz knapp unterhalb der Schwelle von 30%, die ein Pflichtangebot an alle Aktionäre auslösen würde.

Konsolidierung des Commerzbank-Anteils schon jetzt positiv für Unicredit

Mit Vorlage des Berichts zum ersten Halbjahr vergangene Woche hatte Unicredit die Commerzbank-Beteiligung erstmals in der Bilanz verbucht, und zwar zunächst einen Anteil von 10%, was einen Buchgewinn von 230 Mill. Euro bescherte. Die Kosten für den Aufbau der Beteiligung über Derivate wurden auf 335 Mill. Euro beziffert. Wenn Unicredit Anfang 2026 vorläufige Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr 2025 präsentiert, dürften dann die 29,26% an der Commerzbank ausgewiesen werden, mit voraussichtlich weiteren positiven kurzfristigen Effekten. Die Commerzbank-Aktie notierte am Dienstag knapp unter 30 Euro leicht im Plus.

Der Bund muss neu überlegen, wie er mit der Unicredit umgeht

An der Gefechtslage hat sich mit dem technisch bedingten Überschreiten der Schwelle von 20% nichts geändert. Die Commerzbank um Vorstandschefin Bettina Orlopp kämpft um ihre Eigenständigkeit, und der Bund will seine gut 12% behalten, da er die Annäherung von Orcel als feindlich empfindet. Der hat aber mit dem Hochfahren der Beteiligung Fakten geschaffen: Auf der kommenden Hauptversammlung dürften Unicredit-Vertreter in den Aufsichtsrat einziehen, mit denen sich der Bund arrangieren muss. Satzungsänderungen und strategische Weichenstellungen sind sowie nicht mehr ohne die Zustimmung der Unicredit möglich.

Damit hätte die Commerzbank dann schon einen Großteil ihrer Unabhängigkeit verloren. Vor dem Hintergrund muss der Bund überlegen, ob es mit der Perspektive noch sinnvoll ist, nicht mit Orcel in einen konstruktiven Dialog einzutreten – und ihm auf dem Wege Garantien für die Arbeitsplätze der Commerzbank und den Finanzplatz Frankfurt abzuringen. Orcel hatte bei Vorlage der Halbjahreszahlen versichert, es werde „kein Blutbad geben“. An solchen Aussagen muss er sich messen lassen, wenn ein Zusammenschluss vollzogen würde. Gleichzeitig ist Orcel den Unicredit-Aktionären gegenüber verpflichtet, maximale Synergien aus einer Commerzbank-Übernahme zu ziehen.

Da die Commerzbank weiter Aktien zurückkauft, könnte es passieren, dass Unicredit bei Ausübung der Derivate über die Schwelle von 30% rutscht, sobald weitere Anteilsscheine eingezogen werden. Eine solche technische Schwellenüberschreitung würde kein Pflichtangebot auslösen. Dementsprechend ist damit zu rechnen, dass Unicredit die Derivate bald wandeln wird, um damit nicht ein Pflichtangebot zu triggern.