Nuveen geht auf Privatanleger zu

US-Manager öffnen Alternatives-Strategien für Europa

Nuveen macht Alternatives-Strategien für Retail-Anleger in Europa zugänglich. Die Expansion erfolgt zu einem Zeitpunkt, zu dem die Sorgen über Risiken bei Private Credit erheblich wachsen.

US-Manager öffnen Alternatives-Strategien für Europa

US-Manager öffnen Private-Markets-Strategien für Europa

xaw New York

Während viel beachtete US-Pleiten ein Schlaglicht auf Systemrisiken der Private Markets werfen, suchen amerikanische Assetmanager ihre Angebote in dem Segment auszubauen. So will mit dem Vermögensverwalter Nuveen die nächste Adresse aus den Vereinigten Staaten größere Mittel in Europa einwerben. Die Chicagoer Tochter des Pensionsfonds TIAA öffnet ihre 300 Mrd. Dollar schwere Alternatives-Plattform stärker für qualifizierte Privatanleger in Europa und Asien.

Der Vermögensverwalter, dessen Assets under Management sich auf insgesamt 1,3 Bill. Dollar summieren, macht dabei zwei Strategien zugänglich: Eine, die auf Gewerbeimmobilien-Investitionen in „den dynamischsten Städten der Welt“ fokussiert ist sowie eine europäische Direct-Lending-Kapazität für private Kredite in Zusammenarbeit mit dem europäischen Private-Debt-Spezialisten Arcmont. Die Strategie zielt darauf ab, „von einem sich konsolidierenden Kreditmarkt und dem Rückzug der Banken zu profitieren, indem hochwertige Mittelstandsunternehmen in diversen und unterversorgten Regionen identifiziert werden“, heißt es in einer Mitteilung.

Verschärfter Wettbewerb

Laut dem Investmenthaus Barings ist der amerikanische Private-Credit-Markt mit einem Volumen von 1,5 Bill. Dollar derzeit rund doppelt so groß wie der europäische. „Doch während die Assetklasse in den Vereinigten Staaten gewachsen ist und sich weiterentwickelt hat, ist der Wettbewerb auch zunehmend härter geworden“, kommentiert die Wirtschaftskanzlei White & Case. Deshalb strebten einige Fonds in neue Märkte.

Börsen-Zeitung, ben/iGrafik.de

Nicht nur die im Vergleich zum Kurs der Federal Reserve schnelleren Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank und die resultierende Lockerung der Finanzierungsbedingungen machten Europa dabei zu einer attraktiven Anlaufstelle. Auch die signifikanten Verschiebungen in der US-Handelspolitik im laufenden Jahr hätten dazu geführt, dass Assetmanager nach Diversifizierung strebten, um Volatilität im Heimatmarkt abzufedern. Dies gilt laut Analysten nicht nur mit Blick auf Investitionsziele, sondern zunehmend auch hinsichtlich der Mittelaufnahme.

Anlauf auf den Finanzmainstream

„Diese neuen Angebote richten sich direkt an das stark wachsende Interesse privater Investoren an Anlagestrategien in Bereich Private Markets, ein Trend, den wir weltweit beobachten“, sagt Jeff Carlin, Global Head of Wealth Advisory Services bei Nuveen. Gerade in den USA gewinnt diese Entwicklung bereits beträchtlich an Fahrt.

US-Präsident Donald Trump hat mit einem Anfang August unterzeichneten Exekutivbeschluss die Voraussetzung für die Aufnahme privater Assets und illiquider Vermögenswerte in sogenannte „401(k) Plans“ geschaffen. Mittel aus den insgesamt rund 9 Bill. Dollar schweren Altersvorsorgeplänen, über die Amerikaner Teile ihres Gehalts mit Arbeitgeberzulage investieren können, fließen bisher überwiegend in klassische Investmentfonds. Für Blackstone, Apollo Global und andere große Alternatives-Manager gilt ein Zugang zu 401(k)-Geldern als „heiliger Gral“ – als Chance, nach der Wall Street auch den US-Finanzmainstream zu erobern.

Zeit des Wandels

Auf der anderen Seite des Atlantiks setzt die Vermögensverwaltungsbranche bislang große Hoffnungen in die European Long-Term Investment Funds (Eltif), die Privatanlegern leichteren Zugang zu Privatmarkfonds gewähren sollen. Das Marktpotenzial bis Ende 2027 bezifferte die Ratingagentur Scope in einer im Frühjahr veröffentlichten Studie auf 65 bis 70 Mrd. Euro.

Nuveen-Spartenchef Carlin spricht indes von „einem Zeitpunkt des Wandels, an dem die Vermögensverwaltungsbranche die Portfoliokonstruktion grundlegend neu denkt“. Indem Assetmanager alternative Anlageklassen einbezögen, könnten Anleger ihre Portfolios widerstandsfähiger gegen Schwankungen an den breiten Finanzmärkten machen. Neben den heute neuen Strategien hat Nuveen qualifizierten Privatkunden bereits Zugang zu Investitionen in Agrarflächen und landwirtschaftliche Vermögenswerte, besicherte Kreditverbriefungen (CLOs) sowie Private Capital im US-Mittelstandssegment eröffnet.

Sorgen vor systemischer Krise wachsen

Allerdings sind gerade erst Sorgen vor einer Krise an den Private Markets mit systemrelevanten Folgen aufgekommen. So haben die Insolvenzen des Autoteile-Konglomerats First Brands und des Autokredit-Anbieters Tricolor die Gefahren intransparenter privater Kreditstrukturen ins Rampenlicht gerückt.

Bei erstgenannter Insolvenz besitzen die Investmentbank Jefferies, große Vermögensverwalter und internationale Banken um die UBS kombiniert ein milliardenschweres Exposure, bei Letzterer waren J.P. Morgan und Fifth Third Bancorp zu Abschreibungen im Volumen von 170 bzw. 200 Mill. Dollar gezwungen. Die Fälle werfen bei Analysten ebenso Fragen über die Kreditvergabestandards im US-Finanzsektor auf wie Abschreibungen der Regionalbanken Zions und Western Alliance auf revolvierende Kreditfazilitäten, die letztlich in notleidende Immobilienkredite flossen.

Börsen-Zeitung, ha/iGrafik.de

Dass Privatanleger, die gegenüber großen Institutionen Informationsnachteile besitzen, für zunehmend riskante Anlagen begeistert werden sollen, weckt bei Ökonomen Sorgen um die Finanzstabilität. Schließlich sind Debt-Investitionen über Intermediäre ohne Einlagengeschäft bisher kaum reguliert und gelten für den Großteil der Marktteilnehmer als vollkommen intransparent. Auch Ratingagenturen wie Moody‘s, Fitch und S&P verfügen bisher über keine einheitlichen Rahmenwerke, anhand derer Investoren Kreditrisiken an den Private Markets fundiert bewerten könnten.

Hoher Investitionsdruck

Die Chicagoer Investmentfirma Adams Street Partners warnt indes davor, dass die Ambition im Geschäft mit reichen Individualinvestoren auch für Private-Credit-Manager selbst nach hinten losgehen könnte. Die „Hyperscaler“ des Sektors, die ihre Investorenpools im Wealth Management über das vergangene Jahrzehnt massiv ausgebaut hätten, drohten unter massiven Druck zu geraten, die eingespielten Mittel auch zu investieren.

Dabei werde es schwieriger, noch die erwartet hohen Renditen zu erreichen. Vielmehr „kann sich das Risiko, Kapital in Assets niedriger Qualität zu stecken, die durchschnittliche oder sogar noch schlechtere Renditen abwerfen, bedeutend erhöhen“, betonen die Strategen von Adams Street. Nehme die Kreditqualität ab und der Stress in den Portfolios zu, könnten Private-Credit-Hyperscaler gezwungen sein, Vermögenswerte zu einem Discount zu veräußern. Dies könne Einfluss auf die Bewertung von Assets in institutionellen Fonds haben. Bei der breiten Expansion von Private Credit im Retail-Markt ist laut Analysten also Vorsicht geboten.