Nach Schock-Abschreibung

US-Regionalbank Zions sucht Furcht vor Kredit-Krise zu dämpfen

Die Sorge vor lockeren Bausteinen in den US-Kreditportfolios treibt Investoren um. Eine unter Druck geratene Regionalbank will sich nun freischwimmen.

US-Regionalbank Zions sucht Furcht vor Kredit-Krise zu dämpfen

Zions Bancorp will Furcht vor Kredit-Krise dämpfen

xaw New York

Die Furcht vor einer US-Kreditkrise treibt die Investoren an der Wall Street um – nun will ein ins Rampenlicht geratenes Finanzinstitut für Beruhigung sorgen. Zions Bank, mit einer Bilanzsumme von rund 89 Mrd. Dollar auf Platz 29 der größten amerikanischen Geldhäuser, hat sich zu Wochenbeginn freigeschwommen, nachdem die Aktie ihrer Dachholding zuletzt schwer unter Druck geraten war. Das Geldhaus aus Salt Lake City vermeldete am Montag nach New Yorker Börsenschluss für das dritte Quartal einen Gewinn von 1,48 Dollar pro Aktie und übertraf damit die Erwartungen der Analysten, die laut dem Datendienst Factset im Konsens von 1,46 Dollar ausgegangen waren. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies einen Anstieg um 8%.

Zions Bancorp gingen an der Nasdaq am Montag mit einem Plus von 4,7% aus dem Handel, nachdem sie am Donnerstag noch um 12% eingebrochen waren. Das Finanzinstitut befeuerte in der vergangenen Woche Sorgen vor lockeren Bausteinen in den Kreditportfolios der amerikanischen Banken. So legte Zions offen, zwei Kredite im Volumen von 50 Mill. Dollar als Ausfall verbuchen zu müssen, und klagte gegen die Investmentfonds Cantor II und Cantor IV.

Zahlreiche Klagen anhängig

Diese hätten revolvierende Kreditfazilitäten der Zions-Tochter California Bank & Trust im Volumen von über 60 Mill. Dollar genutzt, um in notleidende Immobilienkredite zu investieren, und dabei „falsche Darstellungen“ gemacht. Die Aktie von Konkurrentin Western Alliance ging ebenfalls auf Talfahrt – das Geldhaus aus Arizona will sich rund 100 Mill. Dollar von Cantor Group V zurückholen, die vom gleichen Führungsteam geleitet wird wie die anderen beiden Vehikel. 

Börsen-Zeitung, sw/iGrafik.de

Einer der Köpfe hinter den Cantor-Fonds – die nicht zur New Yorker Trading-Firma Cantor Fitzgerald gehören – muss sich auch mit Klagen von Banc of California, Enterprise Bank & Trust sowie Nano Banc auseinandersetzen. Die drei Häuser fordern von dem Immobilieninvestor Andrew Stupin in separaten, zwischen April und August angestoßenen Verfahren Rückzahlungen im Volumen von 108 Mill. Dollar. Insgesamt soll er in notleidende Kredite im Umfang von 270 Mill. Dollar verstrickt sein.

Folgenreiche Pleiten

Die Nachrichten um Zions und Western Alliance schreckten Investoren in der vergangenen Woche umso mehr auf, als sie auf die Pleiten des Autoteile-Konglomerats First Brands und des Autokreditanbieters Tricolor folgten. In beiden Fällen stehen komplexe und intransparente Private-Markets-Kreditstrukturen im Mittelpunkt der Probleme. Bei erstgenannter Insolvenz besitzen die Investmentbank Jefferies, große Vermögensverwalter und internationale Banken um die UBS kombiniert ein milliardenschweres Exposure, bei Letzterer waren J.P. Morgan und Fifth Third Bancorp zu Abschreibungen im Volumen von 170 bzw. 200 Mill. Dollar gezwungen.

Bill Moreland vom Analysedienst BankRegData bezeichnet die Annahme, dass es sich bei den beiden Zusammenbrüchen um isolierte Fälle handelt, für „Wunschdenken“. Gerade in Bezug auf letztgenanntes Unternehmen übt er scharfe Kritik an den beteiligten Instituten und ihren Aufsichtsbehörden: „Das wirft die Frage auf, wie es großen Banken erlaubt sein konnte, mehrere 100 Mill. Dollar an einen Intermediär zu verleihen, dessen Schuldner noch nicht einmal über Sozialversicherungsnummern, Bonitätsscores und Führerscheine verfügten.“

Riskante Kredite florieren

Hätten die gleichen Banken die betreffenden Darlehen über ihre Filialen vergeben, hätten Regulatoren und der Markt von vornherein vermutlich nicht mit vergleichbarem Wohlwollen auf die Finanzierungen geblickt. „Wir sollten jetzt langsam alle verstehen, dass genau das der springende Punkt ist“, sagt Moreland. Soll heißen: Banken nutzten Transaktionen über schwächer regulierte Intermediären ohne Einlagengeschäft vor allem, um ohne vergleichbare Rechenschaftspflichten wie im klassischen Kreditgeschäft größere Risiken einzugehen.

Börsen-Zeitung, ha/iGrafik.de

Tatsächlich haben Amerikas Finanzinstitute ihre Kreditvergabe in den vergangenen Jahren ausgeweitet und auf der Jagd nach höheren Returns auf intransparente Private-Markets-Strukturen gesetzt. Das Volumen der Kredite an Intermediäre ohne Einlagengeschäft (NDFI) hat sich nach Daten der Federal Reserve und der Einlagensicherung FDIC zuletzt auf 1,38 Bill. Dollar ausgeweitet, nachdem es vor zwei Jahren noch bei unter 800 Mrd. Dollar lag. Das Problem: Die Private-Markets-Vehikel, Hedgefonds und Kreditdienstleister, an die diese Mittel fließen, sind im Vergleich zu klassischen Geschäftsbanken wesentlich schwächer reguliert, ihre Aktivitäten für den breiten Markt intransparenter.

Reklassifizierungen voraus

Laut BankRegData spielt bei dem Anstieg auch eine Neuklassifizierung von Krediten eine Rolle, die mit einer Regulierungsumstellung zum vierten Quartal 2024 notwendig wurde. Vorher hätten Institute viele Kredite, die an Schattenbanken gingen, noch recht großzügig als kurzfristige Unternehmens- oder Industriefinanzierungen ausweisen können. Das ändere sich nun – allerdings nicht so unmittelbar, wie es bei einer solchen regulatorischen Änderung zu erwarten gewesen wäre. Bei Banken wie PNC Financial ließen die Daten darauf schließen, dass diese erst verzögert reagierten. Bei dem Geldhaus aus Pittsburgh stieg das Volumen der NDFI-Kredite auf die Neueinstufung der Fed zunächst einmal gar nicht, um dann im zweiten Quartal des laufenden Jahres in die Höhe zu springen.

„Wir werden definitiv noch viele Reklassifizierungen in sehen“, prognostiziert Moreland. Dies verdeutliche aber, dass „wir vielleicht gar nicht so genau wissen, was noch auf den Bankbilanzen liegt“, mahnt der BankRegData-Gründer. Es stehe zu erwarten, dass gerade Banken mit schnellem Wachstum in alternativen Kreditkanälen noch größerer Ärger drohe. 

CEO spricht von „isolierter Situation“

Einige Wall-Street-Vertreter suchen Probleme durch die ungehemmte Kreditvergabe der US-Banken herunterzuspielen. Doch Jamie Dimon, CEO von J.P. Morgan, warnte in einer Analystenschalte zu den Quartalsergebnissen seines Hauses vor weiteren möglichen Verlusten am breiten Credit-Markt. „Wenn man eine Kakerlake sieht, sind wahrscheinlich noch weitere unterwegs“, sagte der CEO.

Zions-CEO Harris H. Simmons bei einem Bankersymposium im Jahr 2011.
Zions-CEO Harris H. Simmons bei einem Bankersymposium im Jahr 2011.
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Zions, die bei allen drei großen US-Ratingagenturen auf robuste Investment-Grade-Bonitätsnoten und lediglich bei S&P auf einen negativen Ausblick kommt, wirbt indes um Vertrauen. CEO Harris H. Simmons bezeichnet die Cantor-Abschreibung in einer Analystenschalte als „isolierte Situation, die nur mit zwei Schuldnern in Zusammenhang steht“. Das Geldhaus aus Utah besitze „kein weiteres Exposure gegenüber diesen Kreditnehmern oder ihren Bürgen“. Das Kreditgeschäft läuft nach Bankangaben allgemein rund, die Nettozinserträge legten im dritten Quartal gegenüber dem Vorjahr um 8% auf 672 Mill. Dollar zu und damit stärker als an der Wall Street erwartet.

Risikovorsorge aufstockt

Allerdings hat das Geldhaus die Risikovorsorge für faule Kredite um 49 Mill. Dollar aufgestockt, im dritten Quartal 2024 beliefen sich die Rückstellungen auf 13 Mill. Dollar. Die Cantor-Belastung führte dazu, dass das Volumen der Abschreibungen nach 3 Mill. Dollar im Vorjahr auf 56 Mill. Dollar in die Höhe schossen. Harris betonte erneut, Klage gegen die betreffenden Schuldner eingereicht zu haben, um verlorene Mittel zurückzuholen.

In der Klageschrift ist von „weitreichendem Vertrauensbruch durch gebildete Finanzprofis“ die Rede, die California Bank & Trust „ausgenutzt, Kreditstrukturen für ihre eigene Bereicherung manipuliert und die Besicherungen, die den Bankkrediten zugrunde lagen, systematisch eliminiert“ hätten. Die Cantor-Funds hätten als Collateral eingeplante Immobilien an andere Gesellschaften transferiert oder durch Zwangsversteigerungen verloren, ohne dies gegenüber ihrer Bank offenzulegen. Der Anwalt von Immobilieninvestor Stupin und dessen Geschäftspartner Gerald Marcil weist die Anschuldigungen als „haltlos“ und „Falschdarstellung von Fakten“ zurück.

Wie der Fall auch ausgeht: Das Vertrauen der Wall Street in die Kredit-Prüfprozesse vieler Regionalbanken und auch einiger größerer Institute ist laut Insidern erschüttert. Die Analysten von J.P. Morgan warnen, dass die Eigenfinanzierungskosten von US-Banken infolge der jüngsten Verwerfungen bereits gestiegen sind.