Im GesprächWally Adeyemo, US-Vizefinanzminister

USA forcieren Debatte über Umgang mit russischen Vermögenswerten

Die USA dringen darauf, dass russische Vermögenswerte für den Wiederaufbau der Ukraine genutzt werden. US-Vizefinanzminister Wally Adeyemo führt intensive Gespräche mit anderen Regierungen.

USA forcieren Debatte über Umgang mit russischen Vermögenswerten

Im Gespräch: Wally Adeyemo

USA forcieren Debatte über Umgang mit russischen Assets

Vizefinanzminister sondiert verschiedene Optionen – Solide rechtliche Grundlage entscheidend

fed Frankfurt

US-Vizefinanzminister Wally Adeyemo führt intensiv Gespräche mit anderen Regierungen über Optionen, wie eingefrorene Vermögenswerte der russischen Notenbank und von Oligarchen für die Unterstützung der Ukraine genutzt werden können.

Die Vereinigten Staaten dringen auf Fortschritte in den politischen Diskussionen darüber, inwieweit eingefrorene russische Vermögenswerte genutzt werden können, um die Ukraine aktuell bei der Finanzierung des öffentlichen Lebens oder künftig beim Wiederaufbau zu unterstützen. Der stellvertretende Finanzminister Wally Adeyemo berichtet im Gespräch mit der Börsen-Zeitung und anderen Medien in Frankfurt, dass er sich derzeit darüber intensiv mit Vertretern anderer Regierungen, darunter auch die Bundesregierung, bespreche, um sich auf eine geeignete Vorgehensweise zu verständigen. Adeyemo tausche sich mit Experten dabei auch über innovative Optionen aus. Entscheidend sei, dass nur Optionen "mit einer soliden Rechtsgrundlage" in Frage kommen.

Volumen von 300 Mrd. Dollar

Kurz nach dem Start des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine hat die internationale Staatengemeinschaft im Ausland befindliche Vermögenswerte der russischen Zentralbank eingefroren, so dass sie nicht mehr zur Finanzierung des Kriegs verwendet werden konnten. Schätzungen zufolge handelt es sich um Assets in allen möglichen konvertiblen Währungen im Volumen von mehr als 300 Mrd. Dollar, etwa zwei Drittel davon in Europa. "Wir wissen sehr genau, wo sich diese Vermögenswerte befinden", erklärt Adeyemo. Die US-Regierung sei im Übrigen sehr zufrieden mit den Banken weltweit, die effektiv dazu beigetragen haben, dass das Festsetzen der Vermögenswerte gelingen konnte.

Seit Sommer vergangenen Jahres wird verstärkt darüber nachgedacht, ob es Möglichkeiten gibt, dass die unter den Kriegsfolgen leidende Ukraine von diesen eingefrorenen russischen Assets profitieren kann – und die gleichzeitig nicht internationales und nationales Recht verletzen. Was die Antwort auf diese Frage betrifft, "liegen noch keine Schlussfolgerungen vor", sagt der Vizefinanzminister.

Steuer auf Zufallsgewinne

Seitens der Europäischen Union ist bereits wiederholt angeregt worden, die Zinsgewinne zu besteuern, die gegenwärtig Zentralverwahrer wie Euroclear oder Clearstream mit der Verwaltung der eingefrorenen Mittel verdienen – quasi eine "Zufallsgewinnsteuer" (Windfall Profit Tax). Der Vorschlag hat – auch wenn Vertreter der Notenbanken darin Risiken für die Finanzstabilität entdecken – mittlerweile viele Anhänger. Demgegenüber hat die Idee, die Vermögenswerte der russischen Zentralbank vollständig zu konfiszieren und der Ukraine zur Verfügung zu stellen, in der allgemeinen Diskussion kaum Fürsprecher – nicht zuletzt wegen des Risikos, dass damit internationales Recht gebrochen würde und Investoren ihr Kapital aus den Vereinigten Staaten oder Europa abziehen würden. Diesem Vorbehalt wird wiederum entgegengehalten, dass es nach dem Einfrieren der russischen Assets kaum zu Abflüssen anderer Vermögen gekommen sei. Ein anderer Einwand gegen eine Beschlagnahmung der russischen Aktiva lautet, dass dann im Gegenzug mit der Konfiszierung westlicher Assets in Russland gerechnet werden müsse.

Einvernehmen herrscht unter Europäern und Amerikanern darüber, dass sich Russland als Aggressor maßgeblich am Wiederaufbau der Ukraine beteiligen müsse. Die Kosten dieses Wiederaufbaus werden auf mehr als 400 Mrd. Dollar geschätzt.

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