Global Financial Inclusion Index

Viele Deutsche fühlen sich finanziell ausgeschlossen

Große Teile der Bevölkerung in Deutschland sehen sich laut einer Studie von der finanzielle Teilhabe ausgeschlossen. Um dies zu ändern, ruft der Bankenverband zu einer besseren Koordination der bestehenden Initiativen auf.

Viele Deutsche fühlen sich finanziell ausgeschlossen

Bürger fühlen sich abgehängt

Deutschland rutscht im globalen Finanzinklusionsranking ab – BdB fordert Kraftakt von privaten und staatlichen Akteuren

fir Frankfurt

Viele Deutsche sehen sich vom Zugang zu Finanzdienstleistungen abgeschnitten. So liegt Deutschland dem Global Financial Inclusion Index zufolge auf Platz 20 von insgesamt 42 Ländern. Der auf private Altersvorsorgelösungen spezialisierte US-Dienstleister Principal Financial Group hat dafür gemeinsam mit dem Centre for Economics and Business Research drei Aspekte der finanziellen Inklusion untersucht: Unterstützung durch den Staat, durch das Finanzsystem und durch die Arbeitgeber.

Wie die Umfrage ergibt, fühlt sich nur jeder Dritte in finanziellen Belangen integriert. Das entspricht im Vergleich mit dem vergangenen Jahr einem Rückgang um 17 Prozentpunkte. Damit bildet Deutschland mit Rang 41 fast das Schlusslicht. Nur in Polen ist demnach das Gefühl, abgehängt zu sein, noch verbreiteter. Das entspreche einem für Europa typischen Muster. „In zahlreichen Ländern ging die Wahrnehmung der eigenen finanziellen Inklusion innerhalb der Bevölkerung seit 2024 signifikant zurück“, heißt es in der von Principal veröffentlichen Mitteilung.

Weltweite Stagnation

Verglichen mit 2024 ist Deutschland dem Ranking zufolge um einen Rang zurückgefallen, verglichen mit 2023 um vier Plätze. Weltweit stagniere die finanzielle Inklusion nach vorherigen Fortschritten, so Principal. Ein Grund hierfür sei, dass Unternehmen wegen handels- und geopolitischer Spannungen deutlich weniger in der Lage seien als zuvor, Arbeitnehmer zu unterstützen, um eine stärkere finanzielle Teilhabe zu erlangen. Nach zwei Jahren messbarer Verbesserungen sei der Gesamtindex deshalb um 0,2 Punkte auf 49,4 von 100 Punkten gesunken. Am Besten schneiden Singapur (81,1 Punkte), Hongkong (71,7) und die Schweiz (71,1) ab.

Als Gradmesser für finanzielle Inklusion zieht Principal beispielsweise Verbraucherschutz und Zugang zu Girokonten, Krediten und Echtzeitzahlungen heran. Außerdem bewerten die Studienautoren, wie es um die staatliche und betriebliche Altersvorsorge oder um die Finanzbildung bestellt ist.

Finanzbildung senkt Verschuldung

Die Finanzbildung hat laut Centre for Economics and Business Research unmittelbare Auswirkungen auf die Verschuldung von Privathaushalten. Demnach könne eine Steigerung des Finanzkompetenzniveaus um 1 Prozentpunkt die Verschuldung merklich senken und Zahlungsausfälle bei Krediten von Privathaushalten um 2,78 Prozentpunkte vermindern.

BdB fordert Finanzbildungsstrategie

Um die Finanzbildung in Deutschland voranzubringen, hat der Bundesverband deutscher Banken (BdB) nun ein Positionspapier mit Handlungsempfehlungen vorgelegt. Er schlägt vor, kurz- und mittelfristig eine nationale Finanzbildungsstrategie zu erarbeiten und langfristig Finanzbildung zum Pflichtfach an allgemeinbildenden Schulen in Deutschland zu machen. Die vorherige Bundesregierung hatte bereits eine Finanzbildungsstrategie auf den Weg gebracht. Laut Bankenverband ist jedoch noch offen, was die jetzige Regierung zu tun gedenkt.

Zur Erstellung einer Finanzbildungsstrategie empfiehlt der BdB, sich an dem bereits vorliegenden Entwurf der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zu orientieren. Diese definiert Finanzbildung als eine „Kombination aus Bewusstsein, Wissen, Fähigkeiten, Einstellungen und Verhalten, die notwendig sind, um fundierte finanzielle Entscheidungen zu treffen“.

Koordinationsstelle nötig

Als nötig erachtet der Verband einen gemeinsamen Kraftakt von privaten und staatlichen Akteuren. Er bemängelt vor allem fehlende Abstimmung zwischen den zahlreichen Kooperationen von privaten und öffentlichen Anbietern. „Um die Vielzahl der Akteure im Bereich der Finanzbildung bestmöglich zu vernetzen und Synergieeffekte zu nutzen, sollte eine Koordinationsstelle geschaffen werden, die als Bindeglied zwischen staatlichen, öffentlichen und privaten Stakeholdern fungieren könnte“, so der BdB. Als Vorbild dafür könne Österreich dienen. Dort sei das Koordinierungs- und Kooperationsgremium Finanzbildung in der dortigen Finanzbildungsstrategie verankert.