Delisting geplant

Österreichische VIG kauft sich Zugang zum deutschen Versicherungsmarkt

Nach monatelangen Verhandlungen hat der österreichische Marktführer VIG ein Übernahmeangebot für die Nürnberger Versicherung auf den Tisch gelegt. Die Aktionäre sollen 120 Euro pro Aktie erhalten.

Österreichische VIG kauft sich Zugang zum deutschen Versicherungsmarkt

VIG bietet 120 Euro pro Aktie
der Nürnberger Versicherung

Österreicher halten am Standort fest und wollen investieren

tl Frankfurt

Die Versicherungsgruppe Vienna Insurance Group (VIG) will die Nürnberger Versicherungsgruppe übernehmen. Der österreichische Marktführer bietet 120 Euro in bar pro Aktie der Holding Nürnberger Beteiligungs-AG. Das entspricht bei 11,5 Millionen Aktien 1,38 Mrd. Euro. Nach Abschluss der Übernahme sollen die Aktien zeitnah von der Börse genommen werden.

Damit sind die seit August laufenden exklusiven Übernahmegespräche mit der VIG zum Abschluss gekommen. Der mittelständische Mehrsparten-Versicherer verliert 141 Jahre nach seiner Gründung seine Unabhängigkeit. Am Freitag schoss die Aktie um 13% auf 118,50 Euro in die Höhe.

Absprache mit Großaktionären

Vor Abschluss der Übernahmevereinbarung hat die VIG nach eigenen Angaben bereits mit den Großaktionären der Nürnberger Beteiligung, der Munich Re (19,1%), Versicherungskammer Bayern (16,26%), Daido Life Insurance (14,99%) und Swiss Re (5,05%) vereinbart, dass sie ihre Aktien von insgesamt rund 64,4% an die VIG verkaufen. Damit wäre die Mindestannahmeschwelle von 50% überwunden.

Vorstand und Aufsichtsrat der Nürnberger haben das Angebot begrüßt und wollen nach Prüfung der Angebotsunterlagen den Aktionären die Annahme des Angebots empfehlen. Der Angebotsprospekt soll am 24. Oktober veröffentlicht werden. Dann beginnt die vierwöchige Annahmefrist.

Üppige Prämie

Der Übernahmepreis von 120 Euro je Aktie entspricht nach Angaben von VIG und Nürnberger einer Prämie von 173% im Vergleich zum unverzerrten volumengewichteten Dreimonatsdurchschnittskurs der Nürnberger-Aktie und von 154% gegenüber dem unverzerrten Xetra-Schlusskurs der Nürnberger-Aktie vom 13. Mai 2025. Das war der letzte Handelstag, bevor die Nürnberger angekündigt hatte, strategischer Optionen „ergebnisoffen“ prüfen zu wollen.

Der aktivistische Investor 7Square hatte den erzielbaren Wert des Eigenkapitals der Gruppe in einem Brief vom 12. August an den CEO der Nürnberger Holding auf 1,4 bis 1,6 Mrd. Euro geschätzt. Pro Aktie würde das auf eine Spanne von 119 bis 143 Euro herauslaufen. Dazu wollte 7Square die Lebensversicherungsbestände der Nürnberger an spezialisierte Abwickler wie Viridium oder Athora verkaufen.

Nürnberg bleibt Hauptsitz

Laut der in der Nacht zum Freitag veröffentlichten Pflichtmitteilung der Nürnberger sollen die Marke Nürnberger und der Hauptsitz in Nürnberg erhalten bleiben. Außerdem sei vereinbart worden, für mindestens drei Jahren nach Unterzeichnung der Vereinbarung zum Zusammenschluss keinen Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrag abzuschließen.

VIG hegt Wachstumspläne

VIG-Vorstandsvorsitzender Hartwig Löger will mit der geplanten Transaktion der Nürnberger ein „nachhaltiges und profitables Wachstum ermöglichen und mit der Diversifikation über den Spezialmarkt Deutschland auch die langfristige Wachstumsstrategie der VIG in Mittel- und Osteuropa unterstützen. Mit unserer Mehrmarkenstrategie bieten wir ideale Voraussetzungen zur Standortsicherung sowie zum Identitätserhalt der starken Marke Nürnberger.“

Harald Rosenberger, Vorstandsvorsitzender der Nürnberger, bezeichnete die VIG als „einen starken Partner, der unsere Werte teilt und unsere strategische Weiterentwicklung unterstützt". Die Partnerschaft werde die Transformation der Gesellschaft signifikant beschleunigen und damit auch deren Marktposition stärken. Die VIG hat der Nürnberger erhebliche Investitionen zugesagt.

Zu knapp kalkuliert

Die Nürnberger war durch zu knapp kalkulierte Kfz-Versicherungen in Turbulenzen geraten und hatte 2024 einen Verlust von 77 Mill. Euro gemacht. Der Aktienkurs war daraufhin im April dieses Jahres auf 40 Euro gefallen. Nach einer von der Gesellschaft verkündeten Sanierung soll in diesem Jahr wieder ein Gewinn von 40 Mill. Euro erreicht werden. Im Rahmen des Sparprogramms sollen bis Ende dieses Jahres 600 von insgesamt 4.200 Stellen abgebaut werden. Nach Unternehmensangaben waren zum Halbjahr bereits 367 Beschäftigte ausgeschieden.

VIG hat sich bei der Transaktion von Freshfields und von der Deutschen Bank beraten lassen. Die Nürnberger hatte ParkView als Finanzberater und Willkie Farr & Gallagher sowie Mutter & Partner als Rechtsberater an ihrer Seite.