Zeugenaussage im Wirecard-Prozess

„Vom Drittpartnergeschäft hat man erstaunlich wenig erfahren“

Im Wirecard-Betrugsprozess berichtet ein ehemaliger leitender Angestellter über eine auffällige Intransparenz in Bezug auf das Drittpartnergeschäft in Asien, welches sich als Luftbuchung herausstellte.

„Vom Drittpartnergeschäft hat man erstaunlich wenig erfahren“

„Vom Drittpartnergeschäft hat man erstaunlich wenig erfahren“

Im Wirecard-Prozess berichtet Zeuge über Intransparenz

sck München
Von Stefan Kroneck, München

Im Wirecard-Prozess hat ein weiterer Zeuge bekundet, dass der damalige Vorstand des Zahlungsabwicklers sich beim Thema Drittpartnergeschäft (TPA) in Asien sehr bedeckt hielt. „Vom Drittpartnergeschäft hat man erstaunlich wenig erfahren“, sagte Matthias Helms dem Vorsitzenden Richter Markus Födisch.

Zeuge war Leiter Merger & Acquisitions

Helms war von Mitte 2009 bis zum Untergang von Wirecard im Sommer 2020 für das frühere Dax-Mitglied tätig. Der 46-Jährige leitete den Stabbereich Mergers & Acquisitions, welcher dem Finanzvorstand zugeordnet war.

Vor der 4. Strafkammer des Landgerichts München I bezog sich der Zeuge mit seiner Aussage sowohl auf hausinterne als auch auf öffentlich zugängliche Auskunftsmöglichkeiten der Wirecard-Führung. Er habe nur vom damaligen Konzernchefbuchhalter Stephan von Erffa erfahren, dass der Konzernvertrieb in das Drittpartnergeschäft „eingeschaltet“ gewesen sei, sagte Helms.

Kein Kontakt zum Drittpartnergeschäft

In den Geschäftsberichten habe Wirecard die Aktivitäten „gar nicht transparent dargestellt“, räumte Helms ein. Mit dem Drittpartnergeschäft habe er, so der Zeuge, „eigentlich nichts zu tun gehabt“.

Neben Erffa sitzen in dem Prozess der ehemalige CEO Markus Braun und Oliver Bellenhaus auf der Anklagebank. Die Anklage lautet auf gewerbsmäßigen Bandenbetrug, Untreue, Bilanzfälschung und Marktmanipulation. Nach einem aufgedeckten Bilanzloch von 1,9 Mrd. Euro brach Wirecard unter der Last hoher Finanzschulden vor dreieinhalb Jahren zusammen.

TPA-Geschäft existierte nicht

In Gutachten bestätigte der Insolvenzverwalter Michael Jaffé den Vorwurf der Ermittler, dass das TPA-Geschäft nicht existiert habe. Bellenhaus, der als Kronzeuge fungiert, räumt die Taten ein. Braun und Erffa bestreiten, daran beteiligt gewesen zu sein.

Helms zufolge hatten selbst leitende Angestellte keinen tiefen Einblick in die Geschehnisse in Südostasien. „Ich hatte keine Kenntnis davon, ob es bei Wirecard Abteilungen gab, die dafür zuständig waren.“ Erffa habe ihm nur mitgeteilt, dass es um Hochrisiko-Zwischenhändler gehe. Er habe niemanden gekannt, der aktiv in das TPA-Geschäft involviert gewesen sei.

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